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| == Druckgeschichte == | | == Druckgeschichte == |
| === Entstehung === | | === Entstehung === |
- | Der vollständige Titel des in mittelniederdeutscher Sprache verfassten Volksbuchs lautet ''Ein kurtzweilig lesen von Dyl Vlenspiegel geborē vß dem land zů Brunßwick. Wie er sein leben volbracht hatt .xcvi. seiner geschichten'' ("Ein kurzweiliges Lesen von Till Eulenspiegel, geboren aus dem Land zu [[Braunschweig]], wie er sein Leben verbracht hat. 96 seiner Geschichten"). Es erschien zu Beginn des 16. Jahrhunderts in der Druckerei von Hans Grüninger in [[Straßburg]]; das genaue Jahr ist nicht bekannt (wohl um 1510/11), die älteste erhaltene Auflage stammt von 1515. Ebenfalls unbekannt ist der Verfasser. Es kommen hierfür sowohl Autoren aus der Gegend von Braunschweig in Frage (Hermann Bote, Hieronymus Brunschwig), als auch solche aus dem Umfeld der Druckerei, inklusive des Druckers selbst (Thomas Murner, Hans Grüninger, Hermann Buschius, Johannes Adelphus und andere); ohne weiteres denkbar ist auch eine Co-Verfasserschaft mehrerer Autoren oder eine Überarbeitung des Manuskripts eines Hauptautors durch einen oder mehrere Redakteure. | + | Der vollständige Titel des in mittelniederdeutscher Sprache verfassten Volksbuchs lautet ''Ein kurtzweilig lesen von Dyl Vlenspiegel geborē vß dem land zů Brunßwick. Wie er sein leben volbracht hatt .xcvi. seiner geschichten'' ("Ein kurzweiliges Lesen von Till Eulenspiegel, geboren aus dem Land zu [[Braunschweig]], wie er sein Leben verbracht hat. 96 seiner Geschichten"). Es erschien zu Beginn des 16. Jahrhunderts in der Druckerei von Hans Grüninger in [[Straßburg]]; das genaue Jahr ist nicht bekannt (wohl um 1510/11), die älteste erhaltene Auflage stammt von 1515. |
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| + | Ebenfalls unbekannt ist der Verfasser. Es kommen hierfür sowohl Autoren aus der Gegend von Braunschweig in Frage (Hermann Bote, Hieronymus Brunschwig), als auch solche aus dem Umfeld der Druckerei, inklusive des Druckers selbst (Thomas Murner, Hans Grüninger, Hermann Buschius, Johannes Adelphus und andere); ohne weiteres denkbar ist auch eine Co-Verfasserschaft mehrerer Autoren oder eine Überarbeitung des Manuskripts eines Hauptautors durch einen oder mehrere Redakteure. |
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| *die ''8. Historie'', in der er Hühner an kreuzweise verknüpften Stricken fängt (vgl. [[Max und Moritz]], diese beiden, und die arme Witwe Bolte) | | *die ''8. Historie'', in der er Hühner an kreuzweise verknüpften Stricken fängt (vgl. [[Max und Moritz]], diese beiden, und die arme Witwe Bolte) |
| *die ''[[#Magdeburg - 14. Historie|14. Historie]]'', in der er die Schaulustigen verhöhnt, weil sie glaubten, er könne fliegen (vgl. die spätmittelalterliche Witzesammlung ''Facetiae'' von Poggio Bracciolini, entstanden zwischen 1438 und 1452, Anekdote 49, wo die Szene in [[Bologna]] spielt, oder den ''Pfaffen von Kalenberg'', Verse 423ff, wo der Pfaffe behauptet, er könne über die [[Donau]] fliegen, um die neugierigen Bauern mit seinem alten Wein abzufüllen, nur um sie dann auszulachen) | | *die ''[[#Magdeburg - 14. Historie|14. Historie]]'', in der er die Schaulustigen verhöhnt, weil sie glaubten, er könne fliegen (vgl. die spätmittelalterliche Witzesammlung ''Facetiae'' von Poggio Bracciolini, entstanden zwischen 1438 und 1452, Anekdote 49, wo die Szene in [[Bologna]] spielt, oder den ''Pfaffen von Kalenberg'', Verse 423ff, wo der Pfaffe behauptet, er könne über die [[Donau]] fliegen, um die neugierigen Bauern mit seinem alten Wein abzufüllen, nur um sie dann auszulachen) |
| + | *die ''17. Historie'', in der er den Insassen eines Spitals weismacht, er werde den Kränkesten von ihnen zu einem Pulver verarbeiten, mit dem die anderen geheilt würden, worauf alle Lahmen plötzlich laufen können (vgl. [[Hans Wursts Behandlungsmethoden]], insbesondere die Drohung, den [[Ritter von Sülzner]] mit [[Schießpulver]] in die [[Elementar-explosivische Schwitzkur|Luft zu jagen]]) |
| *die ''[[#Marburg und die Ahnengalerie - 27. Historie|27. Historie]]'', in der sich nur eine Törin zu sagen traut, dass er gar nichts gemalt hat (vgl. ''[[Des Kaisers neue Kleider]]'') | | *die ''[[#Marburg und die Ahnengalerie - 27. Historie|27. Historie]]'', in der sich nur eine Törin zu sagen traut, dass er gar nichts gemalt hat (vgl. ''[[Des Kaisers neue Kleider]]'') |
| *die ''28. Historie'', in der er vor einem Gremium von missgünstigen Gelehrten Fragen zur Erde und zum Weltall beantwortet (vgl. [[Hodscha Nasreddin]]) | | *die ''28. Historie'', in der er vor einem Gremium von missgünstigen Gelehrten Fragen zur Erde und zum Weltall beantwortet (vgl. [[Hodscha Nasreddin]]) |
- | *die ''32. Historie'', in der er einen Steg manipuliert, so dass seine Verfolger in den Burggraben purzeln (vgl. erneut [[Max und Moritz]], gar nicht träge, diesmal vs. Meister Böck) | + | *die ''[[#Nürnberg und die Stadtwächter - 32. Historie|32. Historie]]'', in der er einen Steg manipuliert, so dass seine Verfolger in den Burggraben purzeln (vgl. erneut [[Max und Moritz]], gar nicht träge, diesmal vs. Meister Böck) |
| *die ''80. Historie'', in der er mit dem Klang von Geld bezahlt (vgl. erneut [[Hodscha Nasreddin]]) | | *die ''80. Historie'', in der er mit dem Klang von Geld bezahlt (vgl. erneut [[Hodscha Nasreddin]]) |
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- | Die ''[[#Marburg und die Ahnengalerie - 27. Historie|27. Historie]]'' (Ahnengalerie in [[Marburg]]), ''28. Historie'' (Gelehrtenwettstreit in [[Prag]]), ''[[#Erfurt und der Esel - 29. Historie|29. Historie]]'' ([[Lese-Esel]] in [[Erfurt]]) und ''[[#Bayerisches Dorf (eigentlich: Pommern) - 31. Historie|31. Historie]]'' (Spendenpredigt) sind offenbar alle dem ''Pfaffen Amis'' entlehnt und folgen daher nicht zufällig direkt aufeinander. | + | Die ''17. Historie'' (Wunderheilung in [[Nürnberg]]), ''[[#Marburg und die Ahnengalerie - 27. Historie|27. Historie]]'' (Ahnengalerie in [[Marburg]]), ''28. Historie'' (Gelehrtenwettstreit in [[Prag]]), ''[[#Erfurt und der Esel - 29. Historie|29. Historie]]'' ([[Lese-Esel]] in [[Erfurt]]) und ''[[#Bayerisches Dorf (eigentlich: Pommern) - 31. Historie|31. Historie]]'' (Spendenpredigt) sind offenbar alle dem ''Pfaffen Amis'' entlehnt. |
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| === Übertragungen === | | === Übertragungen === |
- | Übertragungen des Volksbuchs ins Neuhochdeutsche, oft verknüpft mit einer gewissen Überarbeitung, gibt es reichlich. Es ist daher nicht ohne weiteres festzustellen, welche von ihnen bei der Umsetzung des Stoffs im MOSAIK genutzt wurde. Bei der [[Fanfiction]]-Geschichte ''[[Die Abrafaxe, und wie Eulenspiegel vorgab, dass er zu Magdeburg von der Laube fliegen wollte]]'' hat die Auswahl von Eulenspiegel-Geschichten aus den ''Magdeburger Sagen'' von Otto Fuhlrott zugrundegelegen. Für den Roman ''[[Der König der Spaßmacher]]'' wurde die ''Reclam''-Ausgabe von Günter Jäckel benutzt. | + | Übertragungen des Volksbuchs ins Neuhochdeutsche, oft verknüpft mit einer gewissen Überarbeitung und erweitert um zusätzliche, später entstandene Eulenspiegelstreiche, gibt es reichlich. Es ist daher nicht ohne weiteres festzustellen, welche von ihnen bei der Umsetzung des Stoffs im MOSAIK genutzt wurde. Bei der [[Fanfiction]]-Geschichte ''[[Die Abrafaxe, und wie Eulenspiegel vorgab, dass er zu Magdeburg von der Laube fliegen wollte]]'' hat die Auswahl von Eulenspiegel-Geschichten aus den ''Magdeburger Sagen'' von Otto Fuhlrott zugrundegelegen. Für den Roman ''[[Der König der Spaßmacher]]'' wurde die ''Reclam''-Ausgabe von Günter Jäckel benutzt. |
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| Hier im Artikel wird die Übertragung von Siegfried H. Sichtermann aus dem ''Insel-Verlag'' als Vergleich herangezogen. | | Hier im Artikel wird die Übertragung von Siegfried H. Sichtermann aus dem ''Insel-Verlag'' als Vergleich herangezogen. |
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| Er sprach zů yn mit worten lind. | | Er sprach zů yn mit worten lind. |
| nůn loset an yr lieben kyndt. | | nůn loset an yr lieben kyndt. |
- | Ee das ich flüg so verichen myr | + | Ee das ich flüg so veriehen myr |
| solich wunder wo sacht ir | | solich wunder wo sacht ir |
| Das eyn mensch ye gefolgen hat | | Das eyn mensch ye gefolgen hat |
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| Mit hübschen Worten fing er an | | Mit hübschen Worten fing er an |
| und sprach zu ihnen mit sanften Worten: | | und sprach zu ihnen mit sanften Worten: |
- | "Nun [...], ihr lieben Kinder. | + | "Nun erklärt mir, ihr lieben Kinder. |
- | Bevor ich nun fliege, so verratet mir, | + | Bevor ich nun fliege, so erzählt mir, |
| wo saht ihr solch ein Wunder, | | wo saht ihr solch ein Wunder, |
| dass ein Mensch je geflogen wäre." | | dass ein Mensch je geflogen wäre." |
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| "Wir sahen es nie, zu keiner Stunde. | | "Wir sahen es nie, zu keiner Stunde. |
| Ja, Herr, wir sahen es nie." - | | Ja, Herr, wir sahen es nie." - |
- | "So sollt ihr es auch hier nicht sehen, | + | "So sollt ihr es auch hier sehen, |
- | ich werde also nicht fliegen. | + | dass ich nicht fliegen werde. |
| Nun fahrt heim in Gottes Seegen | | Nun fahrt heim in Gottes Seegen |
| und sagt, ihr seid alle hier gewesen, | | und sagt, ihr seid alle hier gewesen, |
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| und kein Almosen anzunehmen - | | und kein Almosen anzunehmen - |
| das hat er mir bei meinem Leben verboten -, | | das hat er mir bei meinem Leben verboten -, |
- | das mmir eine Frau gibt, | + | das mir eine Frau gibt, |
| die neben ihrem ehelichen Mann | | die neben ihrem ehelichen Mann |
| jemals einen anderen Liebhaber genommen hat. | | jemals einen anderen Liebhaber genommen hat. |
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| Bei der Umsetzung dieser Eulenspiegelei gibt es im MOSAIK einige größere Änderungen, dafür aber auch einige hochspezielle Übernahmen. Als Überleitung vom letzten Abenteuer fungiert das [[Marienbildnis aus Bayern]], das [[Eulenspiegel]] nun in [[Marburg]] als eigene Arbeit ausgibt, statt diverser Gemälde aus [[Flandern]], wie im ''Kurtzweilig Lesen''. Zudem wird ein Austausch mit einem [[Marburger Torwächter]] vorangestellt, samt erstmaliger Darstellung Eulenspiegels mit schellenbestückter Narrenkappe und Spiegel in der Hand durch [[Brabax]]' Wandzeichnung - auf diese Weise wird die Eulenspiegelfigur aus Heft [[1/76]] nachträglich eingeführt. | | Bei der Umsetzung dieser Eulenspiegelei gibt es im MOSAIK einige größere Änderungen, dafür aber auch einige hochspezielle Übernahmen. Als Überleitung vom letzten Abenteuer fungiert das [[Marienbildnis aus Bayern]], das [[Eulenspiegel]] nun in [[Marburg]] als eigene Arbeit ausgibt, statt diverser Gemälde aus [[Flandern]], wie im ''Kurtzweilig Lesen''. Zudem wird ein Austausch mit einem [[Marburger Torwächter]] vorangestellt, samt erstmaliger Darstellung Eulenspiegels mit schellenbestückter Narrenkappe und Spiegel in der Hand durch [[Brabax]]' Wandzeichnung - auf diese Weise wird die Eulenspiegelfigur aus Heft [[1/76]] nachträglich eingeführt. |
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- | Die Beauftragung durch den [[Heinrich II. der Eiserne|Landgrafen]] folgt wieder stark dem Vorbild, nur dass Eulenspiegel im MOSAIK zweihundert [[Gulden]] Vorschuss erhält, nicht nur einhundert - da er sich im MOSAIK jedoch keine zweite Rate holt wie im ''Kurtzweilig Lesen'', kommt die Entlohnung auf dasselbe hinaus. Die Entstehung des aberwitzigen Stammbaums wird im MOSAIK etwas anders geschildert als in der Vorlage: Entnimmt Brabax die Namen im MOSAIK eine [[Buch mit den Vorfahren des Landgrafen von Hessen|alten Schwarte]], erfindet sie Eulenspiegel im ''Kurtzweilig Lesen'' kurzerhand selbst. Die Namen sind, von einer [[Adolf HItler|Ausnahme]] abgesehen, interessanterweise 1:1 übernommen worden. Eine genaue Besprechung der Stelle, inklusive möglicher Vorbilder für die fiktiven Vorfahren, findet man im Artikel zum [[Haus Hessen]]. | + | Die Beauftragung durch den [[Heinrich II. der Eiserne|Landgrafen]] folgt wieder stark dem Vorbild, nur dass Eulenspiegel im MOSAIK zweihundert [[Gulden]] Vorschuss erhält, nicht nur einhundert - da er sich im MOSAIK jedoch keine zweite Rate holt wie im ''Kurtzweilig Lesen'', kommt die Entlohnung auf dasselbe hinaus. Die Entstehung des aberwitzigen Stammbaums wird im MOSAIK etwas anders geschildert als in der Vorlage: Entnimmt Brabax die Namen im MOSAIK einer [[Buch mit den Vorfahren des Landgrafen von Hessen|alten Schwarte]], erfindet sie Eulenspiegel im ''Kurtzweilig Lesen'' kurzerhand selbst. Die Namen sind, von einer [[Adolf HItler|Ausnahme]] abgesehen, interessanterweise 1:1 übernommen worden. Eine genaue Besprechung der Stelle, inklusive möglicher Vorbilder für die fiktiven Vorfahren, findet man im Artikel zum [[Haus Hessen]]. |
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- | Die Auflösung der Geschichte erfolgt im MOSAIK wieder freier, denn es ändert den Streich von angeblich nur ehelich Geborenen sichtbaren Zeichnungen à la ''[[Des Kaisers neue Kleider]]'' hin zu albernen Krakeleien, die als neue Zeichenkunst, "wie sie in [[London]] und [[Paris]] längst Mode ist", ausgegeben werden. So fallen auch die Landgräfin, ihre Hofdamen und ihre Närrin weg, und Eulenspiegel wird durch den zufällig zu Gast weilenden [[Bürgermeister von Magdeburg 1334|Bürgermeister]] von [[Magdeburg]] enttarnt, der mit dem Schalk noch ein Hühnchen zu rupfen hat. Euelenspiegel entkommt also nicht, wie im ''Kurtzweilig Lesen'', sondern wird in das von Brabax erfundene Narrenkostüm gesteckt und vor den Kadi gezerrt, womit der Übergang zur letzten MOSAIK-Eulenspiegelei geschaffen wird. | + | Die Auflösung der Geschichte erfolgt im MOSAIK wieder freier, denn es ändert den Streich von angeblich nur ehelich Geborenen sichtbaren Zeichnungen à la ''[[Des Kaisers neue Kleider]]'' hin zu albernen Krakeleien, die als neue Zeichenkunst, "wie sie in [[London]] und [[Paris]] längst Mode ist", ausgegeben werden. So fallen auch die Landgräfin, ihre Hofdamen und ihre Närrin weg, und Eulenspiegel wird durch den zufällig zu Gast weilenden [[Bürgermeister von Magdeburg 1334|Bürgermeister]] von [[Magdeburg]] enttarnt, der mit dem Schalk noch ein Hühnchen zu rupfen hat. Euelenspiegel entkommt also nicht, wie im ''Kurtzweilig Lesen'', sondern wird in das von Brabax erfundene Narrenkostüm gesteckt und [[Prozess gegen Eulenspiegel|vor den Kadi]] gezerrt, womit der Übergang zur letzten MOSAIK-Eulenspiegelei geschaffen wird. |
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| Die ganze Episode im ''Kurtzweilig Lesen'' basiert, wie einige weitere benachbarte Geschichten, auf einer Passage im Narrenroman ''Der Pfaffe Amis'' von dem Stricker aus der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts. Dort malt der Pfaffe Amis dem [[König]] von [[Frankreich]] angeblich lauter [[Bibel|biblische]] Vorfahren an die Wand ([[König David]], [[Salomo]], Absalom), dazu noch [[Alexander den Großen]] samt König [[Dareios]] und [[König Poros]] sowie den [[Turmbau zu Babel]]. Ein Ausschnitt daraus wird im Anschluss an den Text der Historie wiedergegeben, im mittelhochdeutschen Original und in der frühneuhochdeutschen Fassung des Erstdrucks, jeweils mit Übertragung ins Neuhochdeutsche (bei Interesse ausklappbar). | | Die ganze Episode im ''Kurtzweilig Lesen'' basiert, wie einige weitere benachbarte Geschichten, auf einer Passage im Narrenroman ''Der Pfaffe Amis'' von dem Stricker aus der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts. Dort malt der Pfaffe Amis dem [[König]] von [[Frankreich]] angeblich lauter [[Bibel|biblische]] Vorfahren an die Wand ([[König David]], [[Salomo]], Absalom), dazu noch [[Alexander den Großen]] samt König [[Dareios]] und [[König Poros]] sowie den [[Turmbau zu Babel]]. Ein Ausschnitt daraus wird im Anschluss an den Text der Historie wiedergegeben, im mittelhochdeutschen Original und in der frühneuhochdeutschen Fassung des Erstdrucks, jeweils mit Übertragung ins Neuhochdeutsche (bei Interesse ausklappbar). |
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| "wer es nicht sehen kann, | | "wer es nicht sehen kann, |
| muss sehen, wie er damit fertig wird. | | muss sehen, wie er damit fertig wird. |
- | Ich sah nie ein schöner ausgemaltes Haus." | + | Ich sah nie ein besser ausgemaltes Haus." |
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| Als Eulenspiegel diese Schalkheit vollbracht hatte, blieb er nicht mehr lange in Nürnberg, sondern zog wieder weiter. Denn es war ihm nicht lieb, geschlagen zu werden, wenn sein Streich herauskäme: die Nürnberger würden ihn nicht als Spaß angesehen haben.}} | | Als Eulenspiegel diese Schalkheit vollbracht hatte, blieb er nicht mehr lange in Nürnberg, sondern zog wieder weiter. Denn es war ihm nicht lieb, geschlagen zu werden, wenn sein Streich herauskäme: die Nürnberger würden ihn nicht als Spaß angesehen haben.}} |
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| + | == Literatur == |
| + | *Siegfried H. Sichtermann (Hg.): ''Hermann Bote. Ein kurzweiliges Buch von Till Eulenspiegel aus dem Lande Braunschweig. Wie er sein Leben vollbracht hat. Sechsundneunzig seiner Geschichten'', Berlin: ''Insel'' <sup>22</sup>2023 (EA: Frankfurt 1978). |
| + | *Günter Jäckel (Hg.): ''Ein kurzweilig Lesen von Till Eulenspiegel, geboren aus dem Land zu Braunschweig, wie er sein Leben vollbracht hat. 95 seiner Geschichten'', Leipzig: ''Reclam'' <sup>9</sup>1968 (EA: ''Das Volksbuch vom Till Eulenspiegel. Vollständige Textausgabe des Volksbuches von 1515 und 1519'', Leipzig 1955). |
| + | *Der Stricker: ''Der Pfaffe Amis. Mittelhochdeutsch/Neuhochdeutsch'', nach der Heidelberger Hs. cpg 341 hg., übs. u. komm. von Michael Schilling, Stuttgart: ''Reclam'' 1994. |
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| == Externe Verweise == | | == Externe Verweise == |
- | * | + | === ''Kurtzweilig Lesen'' === |
| + | *[https://de.wikipedia.org/wiki/Till_Eulenspiegel Wikipedia-Artikel] zum ''Kurtzweilig Lesen'' und [[Till Eulenspiegel]] selbst |
| + | *[https://de.wikisource.org/wiki/Ein_kurtzweilig_lesen_von_Dyl_Vlenspiegel Originaltext] |
| + | *[https://www.projekt-gutenberg.org/bote/eulenspg/eulenspg.html Übersetzung ins Neuhochdeutsche] |
| + | |
| + | === Mögliche Verfasser === |
| + | *[https://de.wikipedia.org/wiki/Till_Eulenspiegel#M%C3%B6gliche_Verfasser Mögliche Verfasser des ''Kurtzweilig Lesen''] |
| + | *[https://de.wikipedia.org/wiki/Hermann_Bote Hermann Bote] |
| + | *[https://de.wikipedia.org/wiki/Hermann_von_dem_Busche Hermann Buschius] |
| + | *[https://de.wikipedia.org/wiki/Hieronymus_Brunschwig Hieronymus Brunschwig] |
| + | *[https://de.wikipedia.org/wiki/Thomas_Murner Thomas Murner] |
| + | *[https://de.wikipedia.org/wiki/Hans_Gr%C3%BCninger Hans Grüninger] |
| + | *[https://de.wikipedia.org/wiki/Johannes_Adelphus Johannes Adelphus] |
| + | |
| + | === Der ''Pfaffe Amis'' === |
| + | *[https://de.wikipedia.org/wiki/Der_Pfaffe_Amis Wikipedia-Artikel] |
| + | *[https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/cpg341/0297/image,info mittelhochdeutscher Text] |
| + | *[https://archive.org/details/derpfaffeamisein00ders/mode/2up Erstdruck] |
| + | *[https://de.wikipedia.org/wiki/Der_Stricker der Stricker] |
| + | |
| + | === Der ''Pfaffe von Kalenberg'' === |
| + | *[https://www.digitale-sammlungen.de/de/view/bsb00083139?page=,1 Originaltext] |
| + | *[https://de.wikipedia.org/wiki/Philipp_Frankfurter Philipp Frankfurter] |
| + | *[https://oesterreichwiki.org/wiki/Gundacker_von_Thernberg Gundacker von Thernberg], mögliches Vorbild für den Pfaffen von Kalenberg |
| | | |
| + | === ''Facetiae'' === |
| + | *[https://it.wikisource.org/wiki/Facezie_(Poggio_Bracciolini) Text der ''Facetiae''] |
| + | *[https://it.wikisource.org/wiki/Facezie_(Poggio_Bracciolini)/49 49. Facetia] |
| + | *[https://de.wikipedia.org/wiki/Poggio_Bracciolini Poggio Bracciolini] |
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| == Das ''Kurtzweilig Lesen'' diente als Vorlage für folgende Publikationen == | | == Das ''Kurtzweilig Lesen'' diente als Vorlage für folgende Publikationen == |
Aktuelle Version vom 01:58, 22. Jan. 2025
Titelblatt einer frühen Ausgabe.
Ein kurtzweilig lesen von Dyl Vlenspiegel ist ein frühneuzeitlicher Schelmenroman. Es handelt sich um die erste umfangreiche literarische Bearbeitung des Eulenspiegel-Stoffs, wobei mehrere der geschilderten Streiche auf wesentlich frühere, teils antike Wandermotive zurückgehen, die erst später mit der Figur des Till Eulenspiegel verknüpft wurden. Das Kurtzweilig Lesen bzw. eine seiner Übertragungen ins Neuhochdeutsche diente als Vorlage für die diversen Umsetzungen der Eulenspiegel-Abenteuer im MOSAIK und ums MOSAIK herum.
Der vollständige Titel des in mittelniederdeutscher Sprache verfassten Volksbuchs lautet Ein kurtzweilig lesen von Dyl Vlenspiegel geborē vß dem land zů Brunßwick. Wie er sein leben volbracht hatt .xcvi. seiner geschichten ("Ein kurzweiliges Lesen von Till Eulenspiegel, geboren aus dem Land zu Braunschweig, wie er sein Leben verbracht hat. 96 seiner Geschichten"). Es erschien zu Beginn des 16. Jahrhunderts in der Druckerei von Hans Grüninger in Straßburg; das genaue Jahr ist nicht bekannt (wohl um 1510/11), die älteste erhaltene Auflage stammt von 1515.
Ebenfalls unbekannt ist der Verfasser. Es kommen hierfür sowohl Autoren aus der Gegend von Braunschweig in Frage (Hermann Bote, Hieronymus Brunschwig), als auch solche aus dem Umfeld der Druckerei, inklusive des Druckers selbst (Thomas Murner, Hans Grüninger, Hermann Buschius, Johannes Adelphus und andere); ohne weiteres denkbar ist auch eine Co-Verfasserschaft mehrerer Autoren oder eine Überarbeitung des Manuskripts eines Hauptautors durch einen oder mehrere Redakteure.
Das Buch beginnt mit einer Einleitung des anonymen Autors, in der er u.a. auf zwei seiner Quellen für Eulenspiegels Streiche verweist:
[...] mit zů legung etlicher fabulen des pfaff Amis / vnd des pfaffen von dem Kalen berg.
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[...] unter Hinzunahme etlicher Fabeln des Pfaffen Amis und des Pfaffen von Kalenberg.
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Gemeint sind der mittelhochdeutsche Schwankroman vom Pfaffen Amis aus der Feder des Strickers (entstanden um 1240) und die Schwanksammlung Des pfaffen geschicht und histori vom Kalenberg von Philipp Frankfurter. Beide lagen seit der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts bereits gedruckt vor, der Pfaffe von Kalenberg seit 1470, der Pfaffe Amis seit etwa 1483.
Im Kurtzweilig Lesen folgen auf die Einführung 96 kurze bis sehr kurze Episoden ("Historien", Nr. 42 fehlt allerdings). Diese schildern jeweils einen Streich Eulenspiegels, mit Ausnahme der ersten Historie, die seine Geburt und seine Taufe, und der letzten drei Historien, die Ereignisse nach seinem Tod behandeln. Üblicherweise beginnt jede Episode damit, dass Eulenspiegel, der kreuz und quer durch die Gegend reist, in eine neue Stadt oder ein neues Land kommt und schnell erkennt, wie er die Leute dort übervorteilen oder ihnen sonstige deftige, gerne skatologische Streiche spielen kann. So kommt er u.a. nach Magdeburg, Hildesheim, Nürnberg, Halberstadt, Braunschweig, Lüneburg, Marburg, Erfurt, Sangerhausen, Bamberg, Frankfurt, Quedlinburg, Rostock, Wismar, Berlin, Stendal, Aschersleben, Leipzig, Lübeck, Dresden, Hannover, Bremen, Hamburg, Eisleben, Köln und Mölln, sowie nach Dänemark, Polen, Böhmen (Prag), Pommern, Italien (Rom), Frankreich (Paris) und Belgien (Antwerpen). An manchen Orten erlebt er mehrere Abenteuer hintereinander, manche Orte sucht er in größerem Abstand wiederholt auf.
Der Pfaffe von Kalenberg im Federkleid am Donauufer.
Eulenspiegel-Streiche, die auch mit anderen Figuren, früheren wie späteren, verknüpft werden, sind z.B.:
- die 8. Historie, in der er Hühner an kreuzweise verknüpften Stricken fängt (vgl. Max und Moritz, diese beiden, und die arme Witwe Bolte)
- die 14. Historie, in der er die Schaulustigen verhöhnt, weil sie glaubten, er könne fliegen (vgl. die spätmittelalterliche Witzesammlung Facetiae von Poggio Bracciolini, entstanden zwischen 1438 und 1452, Anekdote 49, wo die Szene in Bologna spielt, oder den Pfaffen von Kalenberg, Verse 423ff, wo der Pfaffe behauptet, er könne über die Donau fliegen, um die neugierigen Bauern mit seinem alten Wein abzufüllen, nur um sie dann auszulachen)
- die 17. Historie, in der er den Insassen eines Spitals weismacht, er werde den Kränkesten von ihnen zu einem Pulver verarbeiten, mit dem die anderen geheilt würden, worauf alle Lahmen plötzlich laufen können (vgl. Hans Wursts Behandlungsmethoden, insbesondere die Drohung, den Ritter von Sülzner mit Schießpulver in die Luft zu jagen)
- die 27. Historie, in der sich nur eine Törin zu sagen traut, dass er gar nichts gemalt hat (vgl. Des Kaisers neue Kleider)
- die 28. Historie, in der er vor einem Gremium von missgünstigen Gelehrten Fragen zur Erde und zum Weltall beantwortet (vgl. Hodscha Nasreddin)
- die 32. Historie, in der er einen Steg manipuliert, so dass seine Verfolger in den Burggraben purzeln (vgl. erneut Max und Moritz, gar nicht träge, diesmal vs. Meister Böck)
- die 80. Historie, in der er mit dem Klang von Geld bezahlt (vgl. erneut Hodscha Nasreddin)
Die 17. Historie (Wunderheilung in Nürnberg), 27. Historie (Ahnengalerie in Marburg), 28. Historie (Gelehrtenwettstreit in Prag), 29. Historie (Lese-Esel in Erfurt) und 31. Historie (Spendenpredigt) sind offenbar alle dem Pfaffen Amis entlehnt.
Übertragungen des Volksbuchs ins Neuhochdeutsche, oft verknüpft mit einer gewissen Überarbeitung und erweitert um zusätzliche, später entstandene Eulenspiegelstreiche, gibt es reichlich. Es ist daher nicht ohne weiteres festzustellen, welche von ihnen bei der Umsetzung des Stoffs im MOSAIK genutzt wurde. Bei der Fanfiction-Geschichte Die Abrafaxe, und wie Eulenspiegel vorgab, dass er zu Magdeburg von der Laube fliegen wollte hat die Auswahl von Eulenspiegel-Geschichten aus den Magdeburger Sagen von Otto Fuhlrott zugrundegelegen. Für den Roman Der König der Spaßmacher wurde die Reclam-Ausgabe von Günter Jäckel benutzt.
Hier im Artikel wird die Übertragung von Siegfried H. Sichtermann aus dem Insel-Verlag als Vergleich herangezogen.
[Bearbeiten] Eulenspiegel in der Runkel- und der Adria-Serie
Bei den diversen Ankündigungen für künftige Abenteuer im MOSAIK, auf den Rückseiten der Runkel-Nachdrucke und zu Beginn von Heft 1/76, wurde auch schon Till Eulenspiegel genannt. Näher wird auf seine Streiche jedoch nicht eigegangen, so dass hierfür sicherlich keine vorherige Lektüre des Volksbuchs nötig war.
[Bearbeiten] Eulenspiegel in der Jubiläums-Serie
MOSAIK 589, das erste Heft der Jubiläums-Serie, bietet sechs Eulenspiegel-Streiche, je einen in Magdeburg und Bayern und je zwei in Erfurt und Marburg, die auf sechs verschiedenen Historien der Vorlage beruhen: Magdeburg, Marburg, Pommern, Lübeck und zweimal Erfurt. Die grundlegende Struktur der Vorlage wird jeweils beibehalten, doch werden durchaus einige Sachen geändert, gekürzt oder hinzugefügt. Die Auswahl und Reihenfolge der einzelnen Geschichten erfolgte dabei recht frei; d.h. die Reihenfolge im MOSAIK stimmt nicht mit der im Kurtzweilig Lesen überein. Das ist insofern kein Problem, als die Original-Historien abgesehen von gelegentlichen kurzen Überleitungssätzen nicht aufeinander aufbauen. In der folgenden Besprechung der relevanten Stellen wird chronologisch nach der MOSAIK-Handlung vorgegangen.
Für die kurze Szene, in der sich Eulenspiegel beim Bergabwandern ärgert und beim Bergaufwandern freut, konnte noch keine Vorlage aus dem Kurtzweilig Lesen gefunden werden. Diese Geschichte ist aber tatsächlich in diversen Eulenspiegel-Büchern und -Gedichten enthalten.
[Bearbeiten] Magdeburg - 14. Historie
Im MOSAIK erreichen die Abrafaxe im Jahre 1334 Magdeburg, wo Till Eulenspiegel gerade auf dem Dach des Rathauses steht und die Leute unten verhöhnt, da sie geglaubt hätten, er könne fliegen. Sie helfen ihm, den aufgebrachten Bürgern zu entkommen, unter denen sich eine Nebenhandlung um einen Wurstdieb entfaltet.
Außer in der hinzugefügten Nebenhandlung mit den verschiedenen Bürgern stimmt das MOSAIK stark mit der Vorlage im Kurtzweilig Lesen überein. Insbesondere ist Eulenspiegels Spottrede fast 1:1 übernommen worden - abgesehen davon, dass einige Begriffe modernisiert wurden und sich Eulenspiegel statt mit einer Gans mit einem Storch vergleicht.
Die ganze Geschichte ist, wie oben beschrieben, ein Wandermotiv, das vor Eulenspiegel schon mehrfach von anderen Schalken berichtet wird. Im Anschluss an den Originaltext aus dem Kurtzweilig Lesen samt neuhochdeutscher Übertragung folgen daher hier noch die Parallelstellen aus den Facetiae von Poggio Bracciolini und dem Pfaffen von Kalenberg von Philipp Frankfurter, jeweils mit Übersetzung (bei Interesse ausklappbar).
Originaltext im Kurtzweilig Lesen: | Übertragung von Siegfried H. Sichtermann (mit abweichender Historienzählung):
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Die XIIII. history sagt wie Vlenspiegel vß gab / das er zů Megdburg von der lauben fliegen wolt / vnd die zůseher mit schimpffred ab wise.
BAld nach diser zeit als vlenspiegel ein sigrist wz gesein. Da kame er geen Megdburg / vnd treib vil anschleg / vnd sein nom ward da von erst bekant / das man von Vlenspiegel wußt zesagen / da ward er angefochten von den besten der burger von der stat dz er solt etwz abenthür treiben / da sagt er / er wolt es thun / vnd wolt vff dz rathuß / vnd von der lauben fliegen / da ward ein geschrei in der stat / dz sich iung vnd alt samlete vff dem marckt / vnd wolten es sehen. Also stunde Vlenspiegel vff der lauben von dem rathuß / vnd bewegt sich mit den armen / vnd gebar eben als ob er fliegen wolt. Die lüt stůnden theten augen vnd müler vff / vnd meinten er wolt fliegen Da lacht vlenspiegel vnd sprach. Ich meinte es wer kein thor oder nar mer in der welt dan ich. So sih ich wol / dz hie schier die gantz stat vol thoren ist / vnd wann ir mir alle sagten dz ir fliegen wolten ich glaubt es nit / ich bin doch weder ganß noch fogel / so hon ich kein fettich / vnd on fettich oder federn kan nieman fliegen. Nun sehen ir offenbar / dz es erlogen ist / vnd lieff da von der lauben / vnd ließ dz volck eins teils flůchende / das ander teil lachende vnd sprachen. Das ist ein schalckßnarr noch dann so hat er war gesagt.
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Die 16. Historie sagt, wie Eulenspiegel in Magdeburg verkündete, vom Rathauserker fliegen zu wollen, und wie er die Zuschauer mit Spottreden zurückwies.
Bald nach dieser Zeit, als Eulenspiegel ein Küster gewesen war, kam er in die Stadt Magdeburg und vollführte dort viele Streiche. Davon wurde sein Name so bekannt, daß man von Eulenspiegel allerhand zu erzählen wußte. Die angesehensten Bürger der Stadt baten ihn, er solle etwas Abenteuerliches und Gauklerisches treiben. Da sagte er, er wolle das tun und auf das Rathaus steigen und vom Erker herabfliegen. Nun erhob sich ein Geschrei in der ganzen Stadt. Jung und alt versammelten sich auf dem Markt und wollten sehen, wie er flog.
Eulenspiegel stand auf dem Erker des Rathauses, bewegte die Arme und gebärdete sich, als ob er fliegen wolle. Die Leute standen, rissen Augen und Mäuler auf und meinten tatsächlich, daß er fliegen würde. Da begann Eulenspiegel zu lachen und rief: »Ich meinte, es gäbe keinen Toren oder Narren in der Welt außer mir. Nun sehe ich aber, daß hier die ganze Stadt voller Toren ist. Und wenn ihr mir alle sagtet, daß ihr fliegen wolltet, ich glaubte es nicht. Aber ihr glaubt mir, einem Toren! Wie sollte ich fliegen können? Ich bin doch weder Gans noch Vogel! Auch habe ich keine Fittiche, und ohne Fittiche oder Federn kann niemand fliegen. Nun seht ihr wohl, daß es erlogen ist.«
Damit kehrte er sich um, lief vom Erker und ließ das Volk stehen. Die einen fluchten, die anderen lachten und sagten: »Ist er auch ein Schalksnarr, so hat er dennoch wahr gesprochen!«
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Facetiae
Fazecie von Poggio Bracciolini | Übersetzung mit Deepl
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XLIX Istoria di un saltimbanco, narrata dal Cardinale di Bordeaux.
Gregorio decimo secondo, prima di esser papa e durante il conclave, e anche dopo, aveva fatto promessa di far molte cose per lo scisma che in quel tempo travagliava la chiesa, e per qualche tempo mantenne ciò che aveva promesso, fino a dire che piuttosto che mancarvi sarebbe egli disceso dal Pontificato. Poi si lasciò prendere dalla dolcezza del potere, mancò a’ giuramenti e alle promesse, e nulla di quanto aveva detto mantenne. Il cardinale di Bordeaux, che era uomo grave e di grande
esperienzia, sopportava male questa cosa e un giorno me ne parlava: “Costui, disse, ha fatto con noi come quel saltimbanco coi Bolognesi, il quale avea promesso che avrebbe volato.” Ed io lo pregai di raccontarmi la storia. “Poco tempo fa, egli disse, fuvvi a Bologna un saltimbanco, che con un pubblico avviso annunziò che avrebbe volato da una torre che è verso il Ponte di S. Raffaele a circa un miglio dalla città. Nel dì stabilito il popolo tutto si raccolse in quel luogo, e il saltimbanco si burlò di tutti lasciandoli al sole e alla fame fin quasi alla sera. Tutti eran sospesi e fissavan la torre, aspettando che l’uomo volasse. E quando egli si mostrava sulla torre ed agitava le ali come se stesse per volare, e pareva che volesse slanciarsi fuori, sorgeva un grande applauso nella folla che stava a bocca aperta a guardarlo. E il saltimbanco, dopo il tramonto del sole, tanto per far qualche cosa, voltò al popolo le spalle e gli mostrò il deretano. Così tutti quegli illusi, oppressi dalla fame e dalla noia, se ne tornarono di notte alla città; nello stesso modo, concluse, il papa, dopo tante promesse, ci contenta ora mostrandoci le rotondità posteriori.”
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49 Geschichte von einem Akrobaten, erzählt vom Kardinal von Bordeaux.
Gregor der Zwölfte hatte, bevor er Papst wurde und während des Konklaves und auch danach, versprochen, viel für das Schisma zu tun, das die Kirche damals bedrückte, und eine Zeit lang hielt er, was er versprochen hatte, bis hin zu der Aussage, dass er eher vom Papsttum herabgestiegen wäre, als dies nicht zu tun. Dann ließ er sich von der Süße der Macht hinreißen, brach seine Eide und Versprechen, und nichts von dem, was er gesagt hatte, hielt er. Der Kardinal von Bordeaux, ein ernster und erfahrener Mann, konnte dies nicht ertragen und sprach eines Tages zu mir: „Er hat mit uns gehandelt“, sagte er, „wie jener Akrobat bei den Bolognesern, der versprochen hatte, dass er fliegen würde.“ Und ich bat ihn, mir die Geschichte zu erzählen. „Vor einiger Zeit, sagte er, gab es in Bologna einen Akrobaten, der mit einer öffentlichen Ankündigung ankündigte, dass er von einem Turm fliegen würde, der in Richtung der Ponte di S. Raffaele etwa eine Meile von der Stadt entfernt liegt. Am verabredeten Tag versammelten sich alle Menschen an diesem Ort, und der Akrobat verspottete alle und ließ sie in der Sonne und hungrig bis fast zum Abend stehen. Alle standen und starrten auf den Turm und warteten darauf, dass der Mann fliegen würde. Und als er sich auf dem Turm zeigte und mit den Flügeln wedelte, als wolle er fliegen, und als wolle er sich in die Lüfte erheben, gab es großen Beifall in der Menge, die mit offenem Mund dastand und ihm zusah. Und als die Sonne untergegangen war, drehte der Akrobat, nur um etwas zu tun, den Leuten den Rücken zu und zeigte ihnen seinen Spott. So kehrten all die verblendeten Menschen, die von Hunger und Langeweile geplagt waren, nachts in die Stadt zurück; genauso, so schloss er, erfreut uns der Papst nach so vielen Versprechungen, indem er uns seinen Hintern zeigt“.
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Pfaffe von Kalenberg
Des pfaffen geschicht vnd histori vom kalenberg von Philipp Frankfurter | Auszugsweise eigene Übertragung
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Hye steet d' pfarrer in dem schloß vft dem thůrem zům kalenberg / vnd wil über die Tonaw fliegen / vnd het sich mit pfahen federn vmbhangen / vnd ein vaß weychß wyns an den berg geleyt. vn kam vil volcks dz do den win außtrangk (Verse 423 bis 488)
Darnach d' pfarrer kund gedencken
wie dß er syn wyn wolt vßschencken
Dye waren all konig vnd zech
das yin nit schad daran geschech.
Eyn abenteür er bald zů richt
wol vor der paüren angesicht.
Vnd saget yn do one triegen
er wolt über die Tonaw fligen
Wol ab dem thüren zů kalenberg
es was do nyndert ryß noch zwerg
Beyde von mannen vnd frawen
dye wolten all das wunder schawen
Vnd wie er do nür fliegen wolt
pfauwen federn hat er verholt
Die hing er hinden vnd vorn an sich
vnd dauche sich gleych eym sittich
Do tratt er also hyn vnd dar.
vnd brand recht wie eyn engel klar.
Der do kumpt auß dem paradyß
er treyb seltzam parat vnd weyß
Er schwang gar offt seyn gefider
als wolt er gleych do fliegen nyder
Vnd sprach allweg nůn beyt nůn beyt
es ist noch nit an meyner zeyt
Dz volck leyd durst von grosser hytz.
wol von d' heyssen sunnen glitz
Do het d' pfarrer als ich euch sag.
sein weyn bracht auff den kyrchtagk
Dem volck dem was die weil zü lang
den wyn es allen auß trang.
Ee sye d' abenteür innen wůrden
der meßner der lieff auff den thůren.
Vnd saget do bald dem pfarrer
von hertzen freüt er sich der mer
Das ym also seyn win auß gieng
mit hübschen worten er an fieng
Er sprach zů yn mit worten lind.
nůn loset an yr lieben kyndt.
Ee das ich flüg so veriehen myr
solich wunder wo sacht ir
Das eyn mensch ye gefolgen hat
mit fleiß er ym das sagen hat
Sie sprachen all mit gemeynem mund
wir sahens nye zů keyner stund
Ja her wir sahen es nye.
so solt irß auch sehen hye.
Das ich auch nit wil fliegens pflegen
nůn fart hyn heym in gottes segen.
Vnd sprecht ir sind all hye gewesen,
got d' laß eůch all wol genesen.
Dz ir mir mer auß trincken den win
deß wil ich gegen got ewer bitter sein
Deß solt ir keynen zwifel han
ich wil syn eüwer aller Capelan.
Das ein im dancke das ander nie
das dritt sprach schune dich der ryt
Zů eynem betrogen pfaffen
da hast heüt gemacht vil affen
Das vierde schmutzt vnd lacht
das fünfft das schalt das es kracht
Eyner red diß der ander das
dem pfarrer es ein aderlaß was
Vnd was im gar ein kleyne clag
do mit nam eyn end der kyrchtag
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Hier steht der Pfarrer in dem Schloss auf dem Turme zum Kahlenberg und will über die Donau fliegen, und hat scih mit Pfauenfedern umhängt und ein Faß weichen Weins an den Berg gelegt. Und da kam viel Volk, das da den Wein austrank.
Danach dachte sich der Pfarrer aus,
wie er wohl seinen Wein ausschenken könnte.
Ein Abenteuer richtete er bald aus
im Angesicht der Bauern.
Und sagte ihnen da ohne Trug,
er wollte über die Donau fliegen,
wohl ab dem Turm zu Kahlenberg
(es war dort niemand, weder Riese noch Zwerg).
Beide, Männer und Frauen,
die wollten das Wunder anschauen.
Und als er da nun fliegen wollte,
holte er sich Pfauenfedern,
die hängte er vorne und hinten an sich
und tat gleich einem Sittich.
Da trat er also hin und her
und strahlte recht wie ein reiner Engel,
der da aus dem Paradies kommt.
Er treibt seltsame Paraden und Weisen,
er schwang gar oft sein Gefieder,
als wollte er gleich hinüber fliegen.
Und sprach immer "Nun wartet, nun wartet,
es ist noch nicht meine Zeit."
Das Volk leidet vor großer Hitze Durst,
wohl vom Glanz der heißen Sonne.
Da hat der Pfarrer, das sag ich euch,
seinen Wein auf den Kirchtag gebracht.
Dem Volk war es langweilig,
so trank es den Wein aus.
Ehe sie also das Abenteuer erleben konnten,
lief der Meßner auf den Turm
und sprach dort schnell mit dem Pfarrer.
Von Herzen freut er sich über die Nachricht,
daß ihm der Wein ausgegangen ist.
Mit hübschen Worten fing er an
und sprach zu ihnen mit sanften Worten:
"Nun erklärt mir, ihr lieben Kinder.
Bevor ich nun fliege, so erzählt mir,
wo saht ihr solch ein Wunder,
dass ein Mensch je geflogen wäre."
Geflissentlich sprach er also zu ihnen.
Sie sprachen alle zusammen:
"Wir sahen es nie, zu keiner Stunde.
Ja, Herr, wir sahen es nie." -
"So sollt ihr es auch hier sehen,
dass ich nicht fliegen werde.
Nun fahrt heim in Gottes Seegen
und sagt, ihr seid alle hier gewesen,
Gott lasse euch alle gesund bleiben.
Dass ihr mir den Wein ausgetrunken habt,
dafür will ich gegenüber Gott euer Fürbitter sein,
daran sollt ihr keinen Zweifel haben:
Ich will euer aller Kaplan sein."
Damit nahm der Kirchtag ein Ende.
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[Bearbeiten] Erfurt und die Fleischer - 60. Historie
Diese Geschichte folgt im MOSAIK zunächst sehr eng der Vorlage, inklusive der neidischen anderen Metzger, und auch bildlich scheint die Ladenzeile auf der Krämerbrücke im MOSAIK dem Holzschnitt im Kurtzweilig Lesen nachempfunden zu sein. Die Auflösung der Episode mit dem Marktbüttel hingegen ist fürs MOSAIK hinzuerfunden worden.
Originaltext im Kurtzweilig Lesen: | Übertragung von Siegfried H. Sichtermann (mit abweichender Historienzählung):
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Die .LX histori sagt wie Vlenspiegel die metziger zů erdford vmb ein braten betrog.
VLenspiegel kunt sein schalckheit nit laßen / als er gen Ertford kam wan er ward bald bekant von burgern vnd studenten. Er gieng eins by die metzig da dz fleisch in feil was. Da sprach ein metziger zů im / das er etwz koffen solt dz er mit im zů huß trüg vlenspiegel sagt zů im Was sol ich mit mir nemen. Der metziger sprach / ein braten. Vlenspiegel sagt ia / vnd nimpt den braten bei dem end / vnd gieng damit dahin. Der metziger lieff im nach vnnd sagt zů im / Nein nit also / du must den braten bezalen. Vlenspiegel sprach von der bezalung haben ir mir nit gesagt / sunder ir sagten ob ich nit etwas wolt mit mir nemen / vnd het in gewisen vff den braten das er den mit im nemen solt zů huß / das wolt er beweisen mit seim nach buren / die dar bei stunden. Die ander metziger kamen darzů / vnd sprachen vß haß Ja es wer war / die andern waren im gram / darumb dan wan iemans kam zů den andern metzigern vnd wolt etwas kauffen / so riefft er den lüten zů im / vnd zůg inen die ab / darumb stifften sie dar zů / das Vlenspiegel den braten behielt. Die weil der metziger also zanckt nam Vlenspiegel den braten vnder den rock vnd gieng darmit hinweg / vnd ließ sie sich darüber vertragen so best sie kvnten.
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Die 58. Historie sagt, wie Eulenspiegel in Erfurt einen Metzger um einen Braten betrog.
Eulenspiegel konnte seine Schalkheit nicht lassen, als er nach Erfurt kam, wo er bald mit Bürgern und Studenten bekannt wurde.
Einmal ging er zu den Fleischbänken, wo das Fleisch feilgeboten wurde. Da sprach ein Metzger ihn an, ob er nicht etwas kaufen wolle, das er mit sich nach Hause trüge. Eulenspiegel sagte zu ihm: »Was soll ich mit mir nehmen?« Der Metzger sprach: »Einen Braten.« Eulenspiegel sagte ja, nahm einen Braten bei einem Ende und ging damit davon. Der Metzger lief ihm nach und sprach zu ihm: »Nein, nicht so! Du mußt den Braten bezahlen!« Eulenspiegel sprach: »Von einer Bezahlung habt Ihr mir nichts gesagt, sondern Ihr sagtet, ob ich nicht etwas mit mir nehmen wolle.« Der Metzger habe auf den Braten gewiesen, damit er den mit sich nach Hause nehmen solle. Das wolle er mit des Metzgers Nachbarn beweisen, die dabeistanden.
Die andern Metzger kamen dazu und sagten aus Haß, daß es wahr sei. Denn die andern waren dem Metzger feindlich gesonnen. Wenn jemand nämlich zu ihnen kam und etwas kaufen wollte, rief er die Leute zu sich und zog sie damit von ihnen ab. Darum stimmten sie zu, daß Eulenspiegel den Braten behielte. Während der Metzger also zankte, nahm Eulenspiegel den Braten unter den Rock, ging damit hinweg und ließ sie sich darüber einigen, so gut sie konnten.
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[Bearbeiten] Erfurt und der Esel - 29. Historie
Diese Eulenspiegelei steht im Kurtzweilig Lesen an viel früherer Stelle im Text, wird im MOSAIK aber wegen desselben Schauplatzes Erfurt an die Metzger-Episode angehängt. Der Erstkontakt zwischen Eulenspiegel und den Erfurter Professoren wird im MOSAIK etwas umgestaltet - während die Sache mit dem Esel in der Vorlage eine Idee der Professoren ist, um Eulenspiegel zu übertölpeln, schlägt er sie ihnen im MOSAIK von selbst vor. Die Probe aufs Exempel unterscheidet sich ebenfalls etwas. Während der Lese-Esel im Kurtzweilig Lesen nur an einem Tag bis 3 Uhr nachmittags nichts zu essen bekommt, muss das arme Vieh im MOSAIK ganze drei Tage fasten. Dafür freut es sich im MOSAIK über die zwischen den Buchseiten gefundenen Haferkörner, während es in der Vorlage über deren Abwesenheit verärgert ist - der I-A-I-A-Schrei ist derselbe.
Schön ist, dass man aus der Vorlage den Namen des Erfurter Gasthauses erfährt, in dem Eulenspiegel und die Abrafaxe logieren: Zum Turm.
Die ganze Episode im Kurtzweilig Lesen basiert, wie einige weitere benachbarte Historien, auf einer Passage im Narrenroman Der Pfaffe Amis von dem Stricker aus der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts. Dort spielt die Szene in England, woher der Pfaffe Amis stammt. Ein Ausschnitt daraus wird im Anschluss an den Text der Historie wiedergegeben, im mittelhochdeutschen Original und in der frühneuhochdeutschen Fassung des Erstdrucks, jeweils mit Übertragung ins Neuhochdeutsche (bei Interesse ausklappbar). Lustigerweise scheint der Lese-Esel im Laufe der Jahrhunderte tatsächlich dazuzulernen: Kann er in der Originalfassung nur das A, kennt er in der Druckfassung zusätzlich das I.
Originaltext im Kurtzweilig Lesen: | Übertragung von Siegfried H. Sichtermann:
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Die .XXIX histori sagt wie Vlenspiegel zů Ertfort ein esel lesen lert / in einem alten psalter.
VLenspiegel het groß verlangen gen Ertford als er die schalckheit zů Brag het vß gericht wan er besorgt sich dz sie im nach ylten. Als er nun gen Ertford kam da dan auch ein mercklich grosse vnd berümpte vniversitet ist. Da selb schlůg Vlenspiegel sein brieff auch an / vnd die Collegaten der vniuersitet / hetten vil gehoert von seinen listen / Vnd ratschlůgen was sie im fürgeben moechten / Vff das es inen nit gieng wie den von Brag mit im gangen was / vnd mit schanden bestanden Nun warden sie zů rat / das sie Vlenspiegeln ein Esel in die leer thůn wolten / dan es sein vil Esel zů Erdtfurt alt vnd iung. Sie besanten vlenspiegeln vnd sprachen zů im / magister ir hon kunstliche brieff an geschlagen / dz ir ein yegliche creatur in kurtzen zeiten woellen leeren schreiben vnd lesen / so seind die herren von der vniuersitet hie vnd woellen euch ein iungen esel in die leer thůn / trüwen ir in auch zů leeren. Er sprach ia / aber er müst zeit dazů hon darumb so es ein vnredlich vnd vnuernünfftig creatur wer. Das wurden sie mit im zů friden vff .xx. iar. Vlenspiegel gedacht vnser ist drei / stirbet der Rector / so lig ich frei / stirb dann ich / wer wil mich manen / stirbt dann mein discipel / so bin ich aber ledig / vnd name das an. vnd galt fünff .c. alter schock das zů thun. Des gaben sie im etlich gold daruff. Also nam vlenspiegel den esel an / vnd zoch zum Tornen in die herberg / da zu der zeit was ein seltzamer wirt. Also bestalt er einen stall allein für seinen schüler / vnd vberkam ein alten psalter / den leget er im in die kripff / vnd zwischen ieglichs blat legt er haberen des ward der esel innen / vnd warff die bletter mitt dem maul vmbher / vmb des haberns willen / vnd so er dann kein haberen mer fand zwischen den bletteren / so růfft er. I.a. I.a. Da vlenspiegel das merckte von dem esel / da gieng er zů dem Rector vnd sprach. Herr der Rector wann woellen ir eins sehen / was mein schůler macht. Der Rector sprach. Lieber magister will er sich der leeren auch annemen. Vlenspiegel sprach. Er ist vß der maßen von grober art. Vnd ist mir seer schwer in zů leeren. Jedoch so hab ich mit grossem fleiß vnd arbeit darzů gethon / das er etlich bůchstaben / vnd sunderlich etlich vocal kant / vnd nemmen kan. Woellen ir so gon mitt mir so sollen ir das hoeren vnd sehen. Also het der gůt schůler die zeit gefastet / bis vff drei nach mittag. Als Vlenspiegel nun mit dem Rector vnd etlichen magistri kam / da legt er seinem schůler ein nüw bůch fůr. So bald er das in der kripffen fand / da warff er bald die bletter hin vnd her / den habern sůchen / als er nüt fand / da begunde er mit lauter stym zů schryen: I.a.i.a. Da sprach vlenspiegel. Sehen lieber herr die zwen vocal .I. vnd .A. die kan er ietzundt / ich hoff er sol noch gůt werden. Also starb der Rector in kurtzen zeiten / darnach verließ vlenspiegel seinen schůler / vnd ließ in gon / als in sein natur vßweißet. Also zoch Vlenspiegel mit dem vffgenomnen gelt hinweg / vnd gedacht soltu die esel zů Erdtfurt all weiß machen / das würd vil leibs bruchen / er moecht es auch nitt wol thůn / vnd ließ es also bleiben.
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Die 29. Historie sagt, wie Eulenspiegel in Erfurt einen Esel in einem alten Psalter lesen lehrte.
Eulenspiegel hatte große Eile, nach Erfurt zu kommen, nachdem er in Prag die Schalkheit getan hatte, denn er befürchtete, daß sie ihm nacheilten.
Als er nach Erfurt kam, wo ebenfalls eine recht große und berühmte Universität ist, schlug Eulenspiegel auch dort seine Zettel an. Und die Lehrpersonen der Universität hatten von seinen Listen viel gehört. Sie beratschlagten, was sie ihm aufgeben könnten, damit es ihnen nicht so erginge, wie es denen zu Prag mit ihm ergangen war, und damit sie nicht mit Schande bestanden. Und sie beschlossen, daß sie Eulenspiegel einen Esel in die Lehre geben wollten, denn es gibt viele Esel in Erfurt, alte und junge. Sie schickten nach Eulenspiegel und sprachen zu ihm: »Magister, Ihr habt gelehrte Schreiben angeschlagen, daß Ihr eine jegliche Kreatur in kurzer Zeit Lesen und Schreiben lehren wollt. Darum sind die Herren von der Universität hier und wollen Euch einen jungen Esel in die Lehre geben. Traut Ihr es Euch zu, auch ihn zu lehren?« Eulenspiegel sagte ja, aber er müsse Zeit dazu haben, weil es eine des Redens unfähige und unvernünftige Kreatur sei. Darüber wurden sie mit ihm einig auf zwanzig Jahre.
Eulenspiegel dachte: Unser sind drei; stirbt der Rektor, so bin ich frei; sterbe ich, wer will mich mahnen? Stirbt mein Schüler, so bin ich ebenfalls ledig. Er nahm das also an und forderte fünfhundert alte Schock dafür. Und sie gaben ihm etliches Geld im voraus.
Eulenspiegel nahm den Esel und zog mit ihm in die Herberge »Zum Turm«, wo zu der Zeit ein seltsamer Wirt war. Er bestellte einen Stall allein für seinen Schüler, besorgte sich einen alten Psalter und legte den in die Futterkrippe. Und zwischen jedes Blatt legte er Hafer. Dessen wurde der Esel inne und warf um des Hafers willen die Blätter mit dem Maul herum. Wenn er dann keinen Hafer mehr zwischen den Blättern fand, rief er: »I - A, I - A!« Als Eulenspiegel das bei dem Esel bemerkte, ging er zu dem Rektor und sprach: »Herr Rektor, wann wollt Ihr einmal sehen, was mein Schüler macht?« Der Rektor sagte: »Lieber Magister, will er die Lehre denn annehmen?« Eulenspiegel sprach: »Er ist von unmäßig grober Art, und es wird mir sehr schwer, ihn zu lehren. jedoch habe ich es mit großem Fleiß und vieler Arbeit erreicht, daß er einige Buchstaben und besonders etliche Vokale kennt und nennen kann. Wenn Ihr wollt, so geht mit mir, Ihr sollt es dann hören und sehen.«
Der gute Schüler hatte aber den ganzen Tag gefastet bis gegen drei Uhr nachmittags. Als nun Eulenspiegel mit dem Rektor und einigen Magistern kam, da legte er seinem Schüler ein neues Buch vor. Sobald dieser es in der Krippe bemerkte, warf er die Blätter hin und her und suchte den Hafer. Als er nichts fand, begann er mit lauter Stimme zu schreien: »I - A, I - A!« Da sprach Eulenspiegel: »Seht, lieber Herr, die beiden Vokale I und A, die kann er jetzt schon; ich hoffe, er wird noch gut werden.«
Bald danach starb der Rektor. Da verließ Eulenspiegel seinen Schüler und ließ ihn als Esel gehen, wie ihm von Natur bestimmt war. Eulenspiegel zog mit dem erhaltenen Geld hinweg und dachte: solltest du alle Esel zu Erfurt klug machen, das würde viel Zeit brauchen. Er mochte es auch nicht gerne tun und ließ es also bleiben.
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Pfaffe Amis
Pfaffe Amis mittelhochdeutsch (Verse 271ff) | Übertragung nach Michael Schilling | Pfaffe Amis im Erstdruck | Eigene Übertragung
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Als er daz buch uf getet
nach des bisschofes gebet,
do furt er den esel dar.
Do er des buches wart gewar,
do greif er isa nach gewin
nach dem habern darin.
So enwas do niht inne,
so gewarb er aber nach gewinne.
Umme kart er ein plat.
Da vant er niht an der stat.
Da warf er aber anderswar
und ersuoht daz buch also gar.
Wær ein korn dar inne gewesen,
er het iz her uz wol gelesen.
Als er da niht inne vant,
do begonde er lutten sazehant,
so er aller lutest konde.
Und als er des begonde,
do sprach der bisschof: "Waz ist daz?" -
"Des wil ich euch bescheiden baz",
begund der pfaffe verjehen.
"Er hat die buchstab hersehen.
Ich ler in daz a. b. c.
Des enhat er niht me
noch gelernet wan daz a.
Der hat er vil gesehen da,
da von spricht ers dicke umb daz,
daz ers behalt dester baz.
Er lernt uz der mazen wol.
Ich ler ouh in, waz ich sol."
Des wart der bisschof harte vro.
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Nachdem er das Buch aufgeschlagen hatte,
wie es der Bischof wünschte,
führte er den Esel dorthin.
Als dieser das Buch erblickte,
suchte er sogleich nach Futter,
nach dem Hafer darin.
Doch nichts war darin enthalten,
daher suchte er weiter nach Futter.
Er drehte ein Blatt um.
Dort fand er wieder nichts.
Darauf blätterte er weiter
und durchsuchte das Buch gründlich.
Wäre ein Korn darin gewesen,
er hätte es wohl "herausgelesen".
Als er nichts darin fand,
begann er laut zu schreien,
so laut er konnte.
Und als er damit begann,
fragte der Bischof: "Was bedeutet das?" -
"Darüber will ich Euch aufklären,"
antwortete der Pfaffe.
"Er hat die Buchstaben gesehen.
Ich lehre ihn das ABC.
Davon hat er bisher nicht mehr
als das A gelernt.
Als er davon so viele sah,
hat er es laut wiederholt,
damit er es besser behält.
Er lernt über alle Maßen gut.
Ich lehre ihn, was ich soll."
Darüber war der Bischof sehr froh.
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Also er dz buch auf gethet/
als in der biscbof gebetten hett.
Do furte er den esel dar/
do er des buches wart gewar.
Do greif er zu hant dor in/
nach dem habern durch gewin.
Wo do nicht was me/
so warf er nach gewine.
Wider vmb ein ander blat/
do fant er ouch nit an der stat.
So warf er aber furbas do/
vnd ersuchte dz buch gar also.
Were ein korn dor inne gewesen/
er hett das selbe dor auß gelesen.
Also er nicht do inne fant/
do begund er rancken zu hant.
So er aller fest kunde/
also er do rancken begunde.
Do sprach der bischof waz ist das/
daz sollen ir mich bescheiden bas.
Do begunde der pfaf iehen/
er hat die buchstaben ersehen
Ich lere in dz a b c/
do hat er noch nit me
Geleret dz i vnd das a/
der hat er vil gelesen da.
Dorumb sprichet er eß dick vmb das
das er es behalde deste baß.
Er leret aufs der mosen wol
ich lere in was ich in !eren soll.
Des wart der byschof fro/
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Als er das Buch aufgetan hatte,
wie ihn der Bischof gebeten hatte,
da führte er den Esel heran.
Als dieser des Buchs gewahr wurde,
griff er sofort hinein
um den Hafer zu gewinnen.
Da dort nichts war,
schlug er auf der Suche nach Gewinn
wieder ein anderes Blatt um.
An der Stelle fand er auch nichts.
So blätterte er weiter
und durchsuchte das ganze Buch.
Wäre ein Korn darin gewesen,
er hätte dasselbe "herausgelesen".
Als er nichts darin fand,
begann er sofort zu schreien,
so fest er konnte.
Als er da zu schreien begann,
da sprach der Bischof: "Was ist das?
Das sollt ihr mir erklären."
Da begann der Pfaffe zu sprechen:
"Er hat die Buchstaben gesehen.
ich lehre ihn das ABC,
doch hat er noch nicht mehr
als das I und das A gelernt.
Von denen hat viele darin gelesen.
Darum spricht er es so laut aus,
damit er es desto besser behält.
Er lernt dermaßen gut,
ich werde ihn lehren, was ich ihn lehren soll."
Darüber war der Bischof froh.
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[Bearbeiten] Bayerisches Dorf (eigentlich: Pommern) - 31. Historie
An dieser Historie wurde fürs MOSAIK so einiges geändert:
- aus Pommern wurde Bayern
- aus einem Totenkopf wurde ein Herz bzw. ein fauler Apfel
- aus St. Brendan (dem Heiligen der Reisenden) wurde der ausgedachte Heilige Malumus
- aus dem Seelenheil wurde ein "guter Zweck"
- aus Ehebrecherinnen wurden Diebe
Dabei ist es insbesondere schade, dass man auf den irischen Seefahrermönch St. Brendan verzichtet hat, denn dieser wäre ein wunderbares Sujet für ein Filmchen in der App MOSAIK Magic gewesen. Wenigstens ist der Name des als Ersatz erfundenen Heiligen ein schönes Wortspiel, denn lateinisch malum ist der "Apfel". Vermutlich unbeabsichtig bedeutet mālumus zudem passenderweise "wir wollen mehr" (1. Person Plural Indikativ von malle "mehr wollen, bevorzugen").
Am Ende der Geschichte im MOSAIK bekommt Eulenspiegel vom Dorfpfarrer als Vorbereitung für den folgenden Streich ein Marienbildnis. Dieses ersetzt die Gemälde aus Flandern, mit denen er sich in Marburg beim Landgrafen als Künstler verdingt.
Die ganze Episode im Kurtzweilig Lesen basiert, wie einige weitere benachbarte Historien, auf einer Passage im Narrenroman Der Pfaffe Amis von dem Stricker aus der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts. Dort hantiert der Pfaffe Amis ebenfalls mit dem angeblichen Totenschädel des heiligen St. Brendan. Ein Ausschnitt daraus wird im Anschluss an den Text der Historie wiedergegeben, im mittelhochdeutschen Original und in der frühneuhochdeutschen Fassung des Erstdrucks, jeweils mit Übertragung ins Neuhochdeutsche (bei Interesse ausklappbar).
Originaltext im Kurtzweilig Lesen: | Übertragung von Siegfried H. Sichtermann:
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Die .XXXI. histori sagt wie Vlenspiegel mit einem todten houpt vmb zoch die leüt damit zů bestreichen / vnnd vil opffer daruon vff hůb.
IN allen landen het sich Vlenspiegel mit seiner boßheit bekant gemacht / vnd wa er vor ein mal gewesen waz da wz er nit wilkum es wer dan das er sich vercleidet dz man in nit kant. Also gieng es an demselben end mit im zů / das er sich mit müsig gon nit mer trüwt zů erneren / vnd wz doch gůter ding von iugent vff gwesen / vnd gelts gnůg vber kumen mit allerlei gükel spil.
Da aber sein schalckeit in allen landen bekant ward vnd im sein narung hinder sich gieng / da gedacht er wz er treiben solt dz er gůt vber kem mit müssig gon / vnd nam im für ein statzinierer vß zů thůn / vnd mit dem heiltumb im land umher zů reiten / vnd cleidet sich mit einem schůler in eins priesters gestalt / vnd nam ein todtenkopff / vnd ließ in inn silber fassen / vnd kam ins land Bummern / da sich die priester me an dz suffen halten / dann an dz predigen. Vnd wa dann etwan in eim dorff kirchweihung wz / oder hochzeit / oder andere versamlung der landlüt / da macht sich Vlenspiegel hin / vnd Pfarrer das er wolt predigen / vnd den buren dz heilthumb verkünden / dz sie sich ließen bestreichen / vnd wz er für opffer vber kem / dz wolt er im halber geben. So wz nun den vngelerten pfaffen wol darmit / dz sie nit mer dann gelt vberkemen / vnd so aller meist volck in der kirchen wz / so steig er vff den predigstůl / vnd sagt etwz von der alten ee / vnd zoch die nüwe ee daryn mit der archen vnd dem guldnen eimer / da dz himmel brot in lag / vnd sprach dazů / dz es dz groest heiltumb wer / vnderwei[l]en sagt er von dem haubt sant Brandonus / der ein heilig man gewesen wer / das haubt er da het / vnd dz ym befolhen wer damit zesamlen an ein nüwe kirch zů buwen / vnd das thůn mit reinen gůte / vnd bei seinem leben kein opffer nemen solte von keiner frauwen / die ein eebrecherin wer / vnd welch solche frauwen seind / die sollen stil ston / dann so sie mir etwas opffern werden / so sie schuldig seind in dem eebruch / ich nim das nit / vnd sie werden vor mir verschempt / darnach wissen vch zůrichten / vnd gab den lüten das haubt zůküssen / das villeicht eins schmidßhaubt geweßen wer / das er vff eim kirchoff genummen het vnd gab den buren vnd beurin den segen / vnd gieng ab der cantzel für den altar ston / vnd fieng der pfarrer an zů singen vnd sein schellen klingen. Da giengen die boeßen mit den gůten wybern zum altar mit irem opffer / trungen sich zů dem altar das sie kychten. Vnd der ein boeß gschrei het / vnd da auch etwz an was / die wolten die ersten sein mit irem opffer. Da nam er das opffer von boeßen vnd von gůten vnd verschmacht nüt vnd so fast glaubten die einfeltigen frawen an sein listige schalckhafftige sach / das sie meinten. Welch fraw stil wer gestanden / sie wer nit frum gesein. Des selben gleichen Welche fraw kein gelt het / die opffert ein guldin oder silbrin ring / vnd ie ein het acht vff die ander / ob sie auch opffert / vnd welche geopffert / die meint sie hett ir eer bestetigt vnd ir boeß geschrei da mit genumen. Auch waren ettliche die zwei oder dreimal opfferten / vff das das volck das solte sehen vnd sie vß irem boesen geschrei solten lassen. Vnd er vberkam das schoenste opffer / des gleichen vor nie gehoert ist worden / vnd da er das opffer hinweg het genummen da gebot er bei dem bann allen denen die im geopffert hetten / das sie nit mer mit büberei solten vmbgon / dann sie werent des halben gantz frei / vnnd weren etlich der selben da gewesen / er wolte das opffer nicht von inen entpfangen haben. Also warden die frauwen allenthalben fraw. Vnd wa Vlenspiegel hin kam / da prediget er / vnd da durch ward er reich vnd lüt hielten in für ein frumen prediger so wol kund er die bübery verhellen.
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Die 31. Historie sagt, wie Eulenspiegel mit einem Totenkopf umherzog, um die Leute damit zu berühren, und dadurch viele Opfergaben erhielt.
In allen Landen hatte sich Eulenspiegel mit seiner Schalkheit bekannt gemacht. Wo er früher einmal gewesen war, da war er nicht mehr willkommen, es sei denn, daß er sich verkleidete und man ihn nicht erkannte. Schließlich erging es ihm so, daß er sich mit Müßiggang nicht mehr zu ernähren traute, und war doch von Jugend auf guter Dinge gewesen und hatte Geld genug verdient mit allerlei Gaukelspiel. Als aber seine Schalkheit in allen Landen bekannt wurde und sein Erwerb ausblieb, da bedachte er, was er treiben sollte, um doch mit Müßiggang Geld zu erwerben. Und er nahm sich vor, sich für einen Reliquienhändler auszugeben und mit einer Reliquie im Lande umherzureisen.
Er verkleidete sich zusammen mit einem Schüler in eines Priesters Gestalt und nahm einen Totenkopf und ließ ihn in Silber fassen. Er kam in das Land Pommern, wo sich die Priester mehr an das Saufen halten als an das Predigen. Und wo dann in einem Dorfe Kirchweih oder Hochzeit oder eine andere Versammlung der Landleute war, da machte sich Eulenspiegel an den Pfarrer heran: er wolle predigen und den Bauern das Heil der Reliquie verkünden, auf daß sie sich damit berühren ließen. Von den frommen Gaben, die er bekäme, wolle er ihm die Hälfte abgeben. Die ungelehrten Pfaffen waren wohl damit zufrieden, wenn sie nur Geld bekamen.
Und wenn das allermeiste Volk in der Kirche war, stieg Eulenspiegel auf den Predigtstuhl und sagte etwas von dem Alten Testament und zog das Neue Testament auch heran mit der Arche und dem goldenen Eimer, darin das Himmelsbrot lag, und sprach dazu, daß es das größte Heiligtum sei. Zwischendurch sprach er von dem Haupte des Sankt Brandanus, der ein heiliger Mann gewesen sei. Dessen Haupt habe er da, und ihm sei befohlen worden, damit zu sammeln, um eine neue Kirche zu bauen. Und das dürfe nur mit reinem Gut geschehen. Bei seinem Leben dürfe er kein Opfergeld nehmen von einer Frau, die eine Ehebrecherin sei. »Und wenn solche Frauen hier sind, so sollen sie stehen bleiben. Denn wenn sie mir etwas opfern wollen und des Ehebruchs schuldig sind, so nehme ich das nicht, und sie werden vor mir beschämt stehen. Danach wisset euch zu richten!«
Und er gab den Leuten das Haupt zu küssen, das vielleicht eines Schmiedes Haupt gewesen war, das er von einem Kirchhof genommen hatte. Dann gab er den Bauern und Bäuerinnen den Segen, ging von der Kanzel und stellte sich vor den Altar. Und der Pfarrer fing an zu singen und mit einer Schelle zu klingeln. Da gingen die bösen mit den guten Weibern zum Altar mit ihren frommen Gaben; sie drängten sich zum Altar, so daß sie keuchten. Und die Frauen mit üblem Leumund, an dem auch etwas Wahres war, die wollten die ersten sein mit ihrem Opfer. Da nahm er die Opfergaben von Bösen und von Guten und verschmähte nichts. Und so fest glaubten die einfältigen Frauen an seine listige, schalkhaftige Sache, daß sie meinten: eine Frau, die stehengeblieben wäre, wäre nicht ehrsam gewesen. Diejenigen Frauen, die kein Geld hatten, opferten einen goldenen oder silbernen Ring. Jede achtete auf die andere, ob sie auch opferte. Und die geopfert hatten, meinten, sie hätten damit ihre Ehre bestätigt und ihren bösen Ruf hinweggenommen. Auch gab es einige, die zwei- oder dreimal opferten, damit das Volk es sehen und sie aus ihrem schlechten Leumund entlassen sollte. Und Eulenspiegel bekam die schönsten Opfergaben, wie es nie zuvor gehört worden war. Wenn er das Opfer genommen hatte, gebot er unter Androhung des Kirchenbannes allen, die geopfert hatten, keinen Frevel mehr zu begehen, denn sie wären jetzt ganz frei davon. Wären etliche von ihnen schuldig gewesen, hätte er kein Opfer von ihnen entgegengenommen.
Also wurden die Frauen allenthalben froh. Und wo Eulenspiegel hinkam, da predigte er und wurde dadurch reich. Die Leute hielten ihn für einen frommen Prediger, so gut konnte er seine Schalkheit verhehlen.
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Pfaffe Amis
Pfaffe Amis mittelhochdeutsch (Verse 360ff) | Übertragung nach Michael Schilling | Pfaffe Amis im Erstdruck | Eigene Übertragung
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So sait er von der newen e
und zoch die alten dar in,
als ez geschriben solte sin.
Darnach sprach er also:
"Ir muget immer wesen vro,
daz mich got hat her gesant.
Ich han euh bracht in die lant
ein heilichtum also gut,
daz alle tage zeichen tut.
Euch mag wol genade hie geschen.
Ich laz euch heute zeichen sehen,
daz ir mir geloubet.
Sant Brandanes houbet
daz schowet hie, daz han ich.
Iz hat gesprochen wider mich,
ich sul im ein munster machen,
mit also reinen sachen,
daz got wol zeme,
und daz ich des opphers niht neme,
daz hat ez mir verboten an den lip,
daz mir gebe dehein wip,
die zu irem elichen man
ie keinen andern gewan.
Die so getan man han,
den gebeut ich, daz si stille stan,
und geben si mir icht,
swaz des si, das nem ich niht.
Daz laz ich euh schowen."
Do begonden die vrowen,
als er begonde singen,
mit oppher zu dringen.
Die da tougen hetten man,
die derpalten dar an
und waren die ersten dar.
Der oppher nam er allez war.
Und als si gesahen -
den er begonde en phahen,
swaz im zu nemen geschah
und nimans oppher versprach -,
do drungen die vrowen alle
dar zu wol mit schalle.
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So predigte er über das Neue Testament
und bezog auch das Alte mit ein,
wie es geschrieben war.
Danach sagte er:
"Ihr könnt euch glücklich schätzen,
dass Gott mich hierher gesandt hat.
Ich habe euch an diesen Ort
eine heilbringende Reliquie mitgebracht,
die alle Tage Wunderzeichen bewirkt.
Euch wird göttliche Gnade zuteil werden.
Ich führe euch heute ein Wunder vor,
mit dem ich euch überzeigen werde.
Das Haupt des Heiligen Brendan,
schaut her, das besitze ich.
Er hat mir aufgetragen,
ihm einen Dom zu errichten
aus unbefleckten Spenden,
die Gott angemessen seien,
und kein Almosen anzunehmen -
das hat er mir bei meinem Leben verboten -,
das mir eine Frau gibt,
die neben ihrem ehelichen Mann
jemals einen anderen Liebhaber genommen hat.
Denjenigen, die einen solchen Geliebten haben,
befehle ich, still stehen zu bleiben,
und wenn sie mir irgendetwas spendeten,
ich würde es ablehnen, was immer es sei.
Das werdet ihr unzweifelhaft von mir erleben."
Da drängten die Frauen,
als er den Messgesang anstimmte,
mit ihren Opfergaben nach vorn.
Diejenigen, die heimlich einen Liebhaber hatten,
fassten sich ein Herz
und waren als erste zur Stelle.
Ihre Spenden nahm er alle an.
Und nachdem sie gesehen hatten -
denn er nahm alles entgegen,
was ihm angeboten wurde,
und wies niemandes Opfergabe zurück -,
drängten die Frauen alle
lärmend heran.
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nu seit er in von der newen ee.
Vnd zoch die alte dor inne/
vnd machte groß die rede seine.
Dornach sprach er also/
ir sollent ymmer werden fro.
Das mich got hat her gesant/
ich han euch brocht in diß lant
Ein heyltum also gut/
daz alle tag zeichen thut.
Euch sol genade hie beschehen/
ich las euch heut zeichen sehen.
Daß ir mir wol glauben
sant brandyß haubt vnd ougen.
Das schowent hie dz han ich/
eß hat gesprochen wider mich.
Ich solle im ein munster machen/
mit also reinen sachen.
Daz eß im an eren wol gezeme/
vnd das ich nit des opfers neme.
Das gebeutet er mir an den leip/
daz mir gebe kein weip
Die zu irem elichen mann/
ie keinen me gewan.
Die so geton mann hant/
den gebut ich das sy stille stant.
Wan gebent sy mir icht/
zwor ich nym sein nicht.
Das laß ich euch wol schowen/
do begunden all frowen.
Als er begunde singen/
mit opfer hin zu tringen.
Die do hetten zwen man/
die ilten bald zu im hindan
Vnd worent die ersten dar/
deren opfer nam er alles gar.
Vnd alles das sy brochtent mit in/
duchte in gar ein guter sin.
Do die leute das gesohen/
das er begunde empfohen.
Waß im zu nemende geschach/
vnd er nye mans opfer versprach
Do trungent dar die frowen alle
iung vnd alt mit grosem schalle.
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Nun sprach er zu ihnen vom Neuen Testament
und zog auch das Alte heran,
und hielt eine große Rede.
Danach sprach er so:
"Ihr könnt froh sein,
dass Gott mich hergesandt hat.
Ich habe euch in dieses Land
eine sehr gute Reliquie gebracht,
die alle Tage Wunderzeichen bewirkt.
Euch soll Gnade zuteil werden,
ich lasse euch heute Wunderzeichen sehen,
das könnt ihr mir glauben.
Sankt Brendans Haupt samt Augen
schaut her, das habe ich.
Es hat zu mir gesprochen,
ich solle ihm ein Münster errichten
aus reinen Spenden,
wie es ihm an Ehren geziemt,
und dass ich kein Opfer annehme -
das hat es mir bei meinem Leben befohlen -,
das mir nicht ein Weib geben würde,
das neben ihrem ehelichen Gemahl
nie einen anderen hatte.
Denjenigen, die einen Liebhaber haben,
befehle ich, stillzustehen.
Was sie mir geben würden,
das nehme ich nicht an,
das werdet ihr sehen."
Da begannen alle Frauen,
als er zu singen begann,
mit Opfergaben zu ihm zu dringen.
Die zwei Männer hatten,
die eilten zu ihm heran
und waren dort die ersten.
Deren Opfer nahm er alle an,
und alles, was sie mit sich brachten,
das schien ihm eine gute Idee zu sein.
Als die Leute sahen,
dass er begann anzunehmen,
was man ihm zu nehmen anbot,
und er niemandes Opfer verschmähte,
da drangen alle Frauen,
junge wie alte, mit großem Lärm heran.
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[Bearbeiten] Marburg und die Ahnengalerie - 27. Historie
Bei der Umsetzung dieser Eulenspiegelei gibt es im MOSAIK einige größere Änderungen, dafür aber auch einige hochspezielle Übernahmen. Als Überleitung vom letzten Abenteuer fungiert das Marienbildnis aus Bayern, das Eulenspiegel nun in Marburg als eigene Arbeit ausgibt, statt diverser Gemälde aus Flandern, wie im Kurtzweilig Lesen. Zudem wird ein Austausch mit einem Marburger Torwächter vorangestellt, samt erstmaliger Darstellung Eulenspiegels mit schellenbestückter Narrenkappe und Spiegel in der Hand durch Brabax' Wandzeichnung - auf diese Weise wird die Eulenspiegelfigur aus Heft 1/76 nachträglich eingeführt.
Die Beauftragung durch den Landgrafen folgt wieder stark dem Vorbild, nur dass Eulenspiegel im MOSAIK zweihundert Gulden Vorschuss erhält, nicht nur einhundert - da er sich im MOSAIK jedoch keine zweite Rate holt wie im Kurtzweilig Lesen, kommt die Entlohnung auf dasselbe hinaus. Die Entstehung des aberwitzigen Stammbaums wird im MOSAIK etwas anders geschildert als in der Vorlage: Entnimmt Brabax die Namen im MOSAIK einer alten Schwarte, erfindet sie Eulenspiegel im Kurtzweilig Lesen kurzerhand selbst. Die Namen sind, von einer Ausnahme abgesehen, interessanterweise 1:1 übernommen worden. Eine genaue Besprechung der Stelle, inklusive möglicher Vorbilder für die fiktiven Vorfahren, findet man im Artikel zum Haus Hessen.
Die Auflösung der Geschichte erfolgt im MOSAIK wieder freier, denn es ändert den Streich von angeblich nur ehelich Geborenen sichtbaren Zeichnungen à la Des Kaisers neue Kleider hin zu albernen Krakeleien, die als neue Zeichenkunst, "wie sie in London und Paris längst Mode ist", ausgegeben werden. So fallen auch die Landgräfin, ihre Hofdamen und ihre Närrin weg, und Eulenspiegel wird durch den zufällig zu Gast weilenden Bürgermeister von Magdeburg enttarnt, der mit dem Schalk noch ein Hühnchen zu rupfen hat. Euelenspiegel entkommt also nicht, wie im Kurtzweilig Lesen, sondern wird in das von Brabax erfundene Narrenkostüm gesteckt und vor den Kadi gezerrt, womit der Übergang zur letzten MOSAIK-Eulenspiegelei geschaffen wird.
Die ganze Episode im Kurtzweilig Lesen basiert, wie einige weitere benachbarte Geschichten, auf einer Passage im Narrenroman Der Pfaffe Amis von dem Stricker aus der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts. Dort malt der Pfaffe Amis dem König von Frankreich angeblich lauter biblische Vorfahren an die Wand (König David, Salomo, Absalom), dazu noch Alexander den Großen samt König Dareios und König Poros sowie den Turmbau zu Babel. Ein Ausschnitt daraus wird im Anschluss an den Text der Historie wiedergegeben, im mittelhochdeutschen Original und in der frühneuhochdeutschen Fassung des Erstdrucks, jeweils mit Übertragung ins Neuhochdeutsche (bei Interesse ausklappbar).
Originaltext im Kurtzweilig Lesen: | Übertragung von Siegfried H. Sichtermann:
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Die XXVII. histori sagt wie Vlenspiegel dem landgroffen von Hessen malet / vnd in weiß macht / wer vnelich wer der künt es nit sehen.
ABentürliche ding trib Vlenspiegel in dem land zů Hessen da er dz land zů Sachsen fast vmb vnd vmb gwandert hat / vnd fast wol bekant wz / dz er sich mit seiner bübery nit wol vß bringen mocht da thet er sich in des land zů Hessen vnd kam gen Marckburg an des landgraffen hoff vnd der her fragt wz er künt. Er antwurt vnd sprach genediger her / ich bin ein künstner / des froewd sich der landgraff / dan er meint / er wer ein artist vnd künt mit der archam / dann der landgraff het groß arbeit mit der archamei / also fragt er ob er ein archamist wer. Vlenspiegel sprach genediger her nein / ich bin ein maler des gleichen in vil landen nit funden würt / da mein arbeit vber trifft ander arbeit weit. Der landgraff sprach laß vns etwz sehen. Vlenspiegel sprach Gnediger her ia / vnd het etlich tüchlin vnnd künstück / die er in flandern koufft het. die zoch er her für vß seinem sack vnd zeigt die dem graffen / die gefielen dem herren so wol / vnd sprach zů im / lieber meister wz woellen ir nemen vnd woellen vnß vnsern sal malen / von dem herkumen der landgraffen von Hessen / vnd wie der befründet haben mit dem künig von Vngeren vnd andern fürsten vnd herren / vnd wie lang dz gestanden hat / vnd woellen vnß dz vff dz aller koestlichest machen / Vlenspiegel antwurt Genediger herr also mir euwer genand das für gibt / würt wol vier hundert gulden kosten. Der landgroff sprach Meister machen vns das nur gůt / wir woellen euch das wol belonnen Vlenspiegel nam das also an / doch so müst im der Lantgroff hundert guldin daruff geben / damitt er farben kouffte / vnd gesellen vber kem / als aber Vlenspiegel mit dreien gesellen wil die arbeit anfahen / so dingt er dem landgraffen an das niemant solt in den sal gon die weil er arbeitet / dan allein sein gesellen / damitt er inn seiner kunst nit verhindert würt / dz verwilliget im der lantgraff. / Also ward vlnspiegel mit seinen gsellen eins / vnd vberleget mit inen dz sie still schwigen / vnd ließen in machen / sie dorfften nit arbeiten / vnd solten dannocht iren lon haben / vnd ir groeste Arbeit solt sein im bretspilen. Dz namen die gesellen an / das sie mit müssig gon gleich wol solten lon verdienen. Dz wert also ein woch oder vier / dz den lantgraffen verlangt / wz doch der meister mit seinen cummpanien mochte malen / ob es doch so gůt wolt werden als die prob / vnd sprach Vlenspiegeln an. Ach lieber mester / vns verlanget gar ser zů sehen euwer arbeit / wir begeren mit euch moegen gon in den sal / vnd euwer gemelts zů besehen. Vlenspiegel sprach. Ja gnediger herr / aber einerlei wil ich ewern gnaden sagen / wer mit euwern gnaden geet / vnd dz gemeldt beschauwt. Wer dann nit recht eelich geboren ist / der mag mein gemelt nit wol sehen. Der landtgraff sprach. Meister dz wer großes. In dem giengen sie in den sal. Da het vlenspiegel ein lang leinin tůch an die wand hin gespant / da er malen solt / vnd da zoch Vlenspiegel dz ein wenig hindersich / vnd zeugt mit einem weissen steblin an die wand vnd sprach also. Sehen gnediger herr / diser man / dz ist der erste landtgraff von hessen / vnd ein Columneser von Rom geweßen / vnnd hatt zů einer fürstin vnd frauwen gehabt / des milten Justinians tochter einer hertzogin vonn Bayern / der nun darnach Keiser ward. Sehent gnediger herr. Vonn dem da ward geboren Adolffus. Adolffus der gebar Wilhelm den schwartzen. Wilhelm gebar Ludwigen / den frumen. vnd also fürhin biß vff ewer fürstliche gnad. Also weiß ich dz fürwar / daz niemans mein arbeit straffen kan / so künstlich vnd auch so von schonen farben. Der Lantgraff sach anders nüt dann die weiß wand vnd gedacht in im selber / solt ich vmmer ein hůrenkind syn so sihe ich doch anders nüt dan ein weisse wand. Jedoch sprach er (vmb glimpffs willen) lieber meister vns benuegt wol doch hon wir sein nit gnůg verstant zů erkennen / vnd gieng damit vß de sal Da nun der Lantgraff zů der fürstin kam da fragt sie in. Ach gnediger herr / wz malet doch euwer freier maler / ir hon es besehen / wie gefalt euch sein arbeit ich hon schwachen glauben darzů / er sicht wie ein schalck. Der fürst sprach liebe fraw mir gefalt sein arbeit süberlich wol / vnd thut im noch recht. Gnediger herr sprach sie müßen wir es nit auch besehen. Ja mit des meisters willen Sie ließ Vlenspiegel fordern / vnd begert auch zůsehen dz gemelte. Vlenspiegel sprach zů ir wie zů dem fürsten. Wer nit eelich wer / der künd sein Arbeit nit sehen / Da gieng sie mitt acht iunckfrawen vnd einer thoerin in den sal / da zoch Vlenspiegel das thůch aber hindersich wie vor / vnnd erzalte da der greffin auch das herkummen der lantgraffen / ie ein stück nach dem andern. Aber die fürstin vnd iunckfrauwen schwigen alle stil / niemant lobt oder schalt das gemelt. ir ietlicher was leidt das ir vnrecht was / von vatter oder von můter her / vnd zů dem letsten da hůb die thoerin an vnd sprach. Liebster meister / nun sih ich nüt von gemelt vnd solt ich all mein lebtag ein hůrenkint sein da gedacht Vlenspiegel dz wil nit gůt werden / woellen die thoren die warheit sagen / so mus ich warlich wandern / vnd zoch dz in ein gelechter. In dem gieng die fürstin hinweg / wider zů irem herren / der fragt sie wie ir dz gemelt gefiel / sie antwurt im vnd sprach Gnediger her es gefelt mir als wol / als euwern gnaden. Aber vnser toerin gefelt es nit / sie spricht sie seh kein gemelt / des gleichen auch vnser iunckfrawen vnd besorg es sei bübery in der sach / Dz gieng dem fürsten zů hertzen vnd gedacht ob er schon betrogen wer / ließ doch Vlenspiegel sagen dz er sein sach schickt daz gantz hoffgesind müst sein arbeit besehen / vnd der fürst meint er welt sehen welcher eelich oder vneelich vnder seiner ritterschafft wer / der lehen weren im verfallen / Da gieng vlenspiegel zů seinen gesellen vnd gab in vrloub vnd fordert noch hundert gulden von dem rentmeister / vnd enpfieng die / vnd gieng in dem daruon / des ander tags fragt der graff nach seim maler der wz hinweg. Da gieng der Fürst des andern tags in den sal mit allem seinem hoffgesint ob iemans etwz gemelts sehen kunt / aber nieman künt sagen der etwz sehe Vnd da sie all schwigen / da sprach der landgraff. Nun sehen wir wol dz wir betrogen seint vnd mit Vlenspiegel hon ich mich nie bekümern woellen / noch dan ist er zů vns kumen doch die zweihundert gulden woellen wir wol verdulden so er dennocht ein schalck mus bleiben / vnd můß darumb vnser fürstenthom meiden. Also wz vlenspiegel von marckburg hinweg kumen / vnd wolt sich fürter molens nit mer annemen.
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Die 27. Historie sagt, wie Eulenspiegel für den Landgrafen von Hessen malte und ihm weismachte, wer unehelich sei, könne das Bild nicht sehen.
Abenteuerliche Dinge trieb Eulenspiegel im Lande Hessen. Nachdem er das Land Sachsen um und um durchzogen hatte und dort so gut bekannt war, daß er sich mit seinen Streichen nicht mehr ernähren konnte, begab er sich in das Land Hessen und kam nach Marburg an des Landgrafen Hof. Und der Herr fragte ihn, was er für ein Abenteurer sei. Er antwortete: »Gnädiger Herr, ich bin ein Künstler.« Darüber freute sich der Landgraf, weil er meinte, Eulenspiegel sei ein Artist und verstünde die Alchimie. Denn der Landgraf bemühte sich sehr um die Alchimie. Also fragte er ihn, ob er ein Alchimist sei. Eulenspiegel sprach: »Gnädiger Herr, nein. Ich bin ein Maler, desgleichen in vielen Landen nicht gefunden wird, da meine Arbeit andere Arbeiten weit übertrifft.« Der Landgraf sagte: »Laß uns etwas davon sehen!« Eulenspiegel sprach: »Ja, gnädiger Herr.« Und er hatte etliche auf Leinen gemalte Bilder, die er in Flandern gekauft hatte; die zog er hervor aus seinem Sack und zeigte sie dem Landgrafen. Sie gefielen dem Herrn gar wohl, und er sprach zu ihm: »Lieber Meister, was wollt Ihr nehmen, wenn Ihr uns unsern Saal ausmalt mit Bildern von der Herkunft der Landgrafen von Hessen? Und wie sie befreundet waren mit dem König von Ungarn und anderen Fürsten und Herren, und wie lange das bestanden hat? Und wollt Ihr uns das auf das allerköstlichste machen, so gut Ihr es immer könnt?« Eulenspiegel antwortete: »Gnädiger Herr, wie mir Euer Gnaden das aufgibt, wird es wohl vierhundert Gulden kosten.« Der Landgraf sprach: »Meister, macht uns das nur gut! Wir wollen es Euch wohl belohnen und Euch ein gutes Geschenk dazu geben.«
Eulenspiegel nahm den Auftrag also an. Doch mußte ihm der Landgraf hundert Gulden Vorschuß geben, damit er Farben kaufen und Gesellen einstellen konnte. Als Eulenspiegel mit drei Gesellen die Arbeit anfangen wollte, bedingte er sich vom Landgrafen aus, daß niemand in den Saal gehen dürfe, während er arbeite, als allein seine Gesellen, damit er in seiner Kunst nicht aufgehalten würde. Das bewilligte ihm der Landgraf.
Nun wurde Eulenspiegel mit seinen Gesellen einig und vereinbarte mit ihnen, daß sie schwiegen und ihn gewähren ließen. Sie brauchten nicht zu arbeiten und sollten dennoch ihren Lohn haben. Ihre größte Arbeit sollte im Brett- und Schachspiel bestehen. Darin willigten die Gesellen ein und waren es zufrieden, daß sie mit Müßiggehen gleichwohl Lohn verdienen sollten.
Es währte ungefähr vier Wochen, bis der Landgraf zu wissen verlangte, was der Meister mit seinen Kumpanen malte und ob es so gut werden würde wie die Proben. Und er sprach Eulenspiegel an: »Ach, lieber Meister, uns verlangt gar sehr, Eure Arbeit zu sehen. Wir begehren, mit Euch in den Saal zu gehen und Eure Gemälde zu betrachten.« Eulenspiegel antwortete: »Ja, gnädiger Herr, aber eins will ich Euer Gnaden sagen: wer mit Euer Gnaden geht und das Gemälde beschaut und nicht ehelich geboren ist, der kann mein Gemälde nicht sehen.« Der Landgraf sprach: »Meister, das wäre etwas Großes.«
Währenddem gingen sie in den Saal. Eulenspiegel hatte ein langes leinenes Tuch an die Wand gespannt, die er bemalen sollte. Das zog er ein wenig zurück, zeigte mit einem weißen Stab an die Wand und sprach also: »Seht, gnädiger Herr, dieser Mann, das ist der erste Landgraf von Hessen, ein Columneser aus Rom. Er hatte zur Fürstin und Frau eine Herzogin von Bayern, des reichen Justinians Tochter, der hernach Kaiser wurde. Seht, gnädiger Herr, von dem da wurde erzeugt Adolfus. Adolfus zeugte Wilhelm den Schwarzen. Wilhelm zeugte Ludwig den Frommen und also weiter bis auf Eure Fürstliche Gnaden. Ich weiß fürwahr, daß niemand meine Arbeit tadeln kann, so kunstvoll und meisterlich ist sie und auch von so schönen Farben.« Der Landgraf sah nichts anderes als die weiße Wand und dachte bei sich selbst: Und wenn ich ein Hurenkind bin, ich sehe nichts anderes als eine weiße Wand. Jedoch sprach er, um den Anstand zu wahren: »Lieber Meister, uns genügt Eure Arbeit wohl. Doch haben wir nicht genug Verständnis dafür, um es richtig zu erkennen.« Und damit ging er aus dem Saal.
Als der Landgraf zu der Fürstin kam, fragte sie ihn: »Ach, gnädiger Herr, was malt denn Euer freier Maler? Ihr habt es gesehen, wie gefällt Euch seine Arbeit? Ich habe wenig Vertrauen zu ihm, er sieht aus wie ein Schalk.« Der Fürst sprach: »Liebe Frau, mir gefällt seine Arbeit durchaus und genügt mir.« »Gnädiger Herr«, sagte sie, »dürfen wir es nicht auch ansehen?« »Ja, mit des Meisters Willen.«
Die Landgräfin ließ Eulenspiegel zu sich kommen und begehrte auch, das Gemälde zu sehen. Eulenspiegel sprach zu ihr wie zu dem Fürsten: wer nicht ehelich geboren sei, könne seine Arbeit nicht sehen. Da ging sie mit acht Jungfrauen und einer Hofnärrin in den Saal. Eulenspiegel zog wieder das Tuch zurück wie vorher und erzählte auch der Gräfin die Herkunft der Landgrafen, ein Stück nach dem anderen. Aber die Fürstin und die Jungfrauen schwiegen alle still, niemand lobte oder tadelte das Gemälde. Jede fürchtete sich davor, vom Vater oder von der Mutter her unehelich zu sein. Schließlich hob die Närrin an und sprach: »Liebster Meister, ich sehe nichts von einem Gemälde, und sollte ich all mein Lebtag ein Hurenkind sein.« Da dachte Eulenspiegel: das kann nicht gut werden; wenn die Toren die Wahrheit sagen, so muß ich wahrlich wandern. Und er zog die Worte ins Lächerliche.
Indessen ging die Fürstin hinweg und wieder zu ihrem Herrn. Der fragte sie, wie ihr das Gemälde gefallen habe. Sie antwortete ihm: »Gnädiger Herr, es gefällt mir ebenso wie Euer Gnaden. Aber unserer Närrin gefällt es gar nicht. Sie meint, sie sähe auch kein Gemälde, desgleichen unsere Jungfrauen. Ich befürchte, es ist eine Büberei im Spiel.« Das ging dem Fürsten zu Herzen, und er bedachte, ob er nicht schon betrogen sei. Dennoch ließ er Eulenspiegel sagen, er solle seine Sache vollenden, das ganze Hofgesinde solle seine Arbeit betrachten. Der Fürst meinte, er könne bei dieser Gelegenheit sehen, wer von seinen Rittersleuten ehelich oder unehelich sei. Die Lehen der Unehelichen seien ihm verfallen. Da ging Eulenspiegel zu seinen Gesellen und entließ sie. Er forderte noch hundert Gulden von dem Rentmeister, erhielt sie und ging auch davon.
Des anderen Tags fragte der Landgraf nach seinem Maler, aber der war hinweg. Da ging der Fürst in den Saal mit allem seinem Hofgesinde, ob jemand etwas Gemaltes sehen könne. Aber niemand konnte sagen, daß er etwas sähe. Und da sie alle schwiegen, sprach der Landgraf: »Nun erkennen wir wohl, daß wir betrogen sind. Mit Eulenspiegel habe ich mich nie befassen wollen, dennoch ist er zu uns gekommen. Die zweihundert Gulden wollen wir zwar verschmerzen. Er aber wird ein Schalk bleiben und muß darum unser Fürstentum meiden.« Also war Eulenspiegel aus Marburg fortgekommen und wollte sich künftig mit Malen nicht mehr befassen.
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Pfaffe Amis
Pfaffe Amis mittelhochdeutsch (Verse 645ff) | Übertragung nach Michael Schilling | Pfaffe Amis im Erstdruck | Eigene Übertragung
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Der kunich sprach: "Meister, nu saget mir,
von was materien habet ir
gemolet also schone?" -
"Herre, daz ist von Salomone
und von sinem vater Davite
und von dem grozen strite,
den Absolon mit im streit.
Do er im jagende nach reit,
do im sin har swangete,
umb einen ast er sich hangete.
So ist aber daz ander
von dem kunge Allexander,
wie er Darium uberwant
und Porum von Moren lant
und allez daz er da begie.
Herre, so stet aber hie,
swaz die kunge ie getaten,
die gewalt zu Rome hatten.
Do mag man aber hie sehen,
waz zu Babilon ist geschen,
untz daz iz die gotes rache,
schiede mit mancher sprache.
Daz han ich allez von euh getan,
swaz ich obene gemole han.
Ich han gemolet disen sal,
daz ewer ritter uber al
mit samt eu dar in gant
und bi euh schowende stant,
swer ez gesehen niht enmac,
daz er im selber einen slac
vor leide zu dem herzen tut,
und ist doch vor vil wol gemut,
den is zu schowen ist geschen." -
"Nu hab wir allez wol gesehen,"
doch sprach der kunich, swi hart er luge,
"swer iz niht gesehen muge,
den laz wir im haben daz.
Ich gesach nie haus gemolet baz."
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Der König sprach: "Meister, nun sagt mir,
welche Themen habt ihr
so schön gemalt?" -
"Herr, das Bild hier zeigt Salomon
und seinen Vater David
und den erbitterten Kampf,
den Absalom mit ihm austrug.
Dort jagt er ihm reitend hinterher,
dort schlingt sich sein Haar
um einen Ast und er erhängt sich.
Das zweite Bild handelt
von König Alexander,
wie er Dareios überwand
und Poros vom Mohrenland,
und alles, was er da tat.
Hier aber, Herr, sieht man,
was die Könige taten,
die die Gewalt zu Rom innehatten.
Hier wiederum kann man sehen,
was zu Babylon geschehen ist,
bis die Strafe Gottes es
durch die Sprachverwirrung zerstreute.
Das aber handelt alles von Euch,
was ich an die Decke gemalt habe:
Ich habe diesen Saal gemalt,
wie Eure Ritter ihn allesamt
mit Euch betreten,
um Euch herumstehen und schauen
und wie jeder, der nichts sehen kann,
sich vor Kummer
an die Brust schlägt
jedoch diejenigen wohlgemut sind,
denen der Anblick vergönnt ist." -
"Nun haben Wir alles wohl gesehen,"
sprach der König, wiewohl er log,
"wer es nicht sehen kann,
muss sehen, wie er damit fertig wird.
Ich sah nie ein besser ausgemaltes Haus."
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Er sprach meister nu sagent mir/
von was materien habent ir.
Hie gemolt also schon/
er sprach eß ist von absolon.
Vnd von seinem vatter dauit/
vnd von dem grosen stryt
Den absolon mit im streyt/
do er im iahende nach reit
Vnd im sein hore schwanckte/
vmb einen ast vnd in erhanckte/
So ist dann der ander/
von dem kunige alexander.
Wie er porom vber want/
von thersin [sic] vnd von moren lant.
Vnd alles dz er ie begie/
herre so stot aber hie.
Was die kunige ie gedeten/
die gewalt zu rom heten
So mag man aber hie sehen/
was zu babilonien ist gescheen.
Vntz es die gottes roche/
geschiet mit maniger sprache.
Was ich obenan gemolte han/
daz hab ich gar von euch gethon.
Ich han gemolet disen sal/
wie ewer ritter vber all.
Mit euch do har in gont/
vnd by euch schowende stont.
Wer das gemeltz nit gesehen mag/
das der im selber einen schlag.
Vor leide fur sein hertz dut/
vnd wie wol die seint gemut.
Den eß zu sehen ist gescheen/
nu han ich es alles wol gesehen.
Sprach der kunig wie wol er luge/
wer eß nit gesehen muge.
Den lesen wir im haben das/
das sein mutter nit from was.
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Er sprach: "Meister, nun sagt mir,
welche Themen habt ihr
hier also schön gemalt?" -
Er sprach: "Es handelt von Absalom
und von seinem Vater David,
und von dem großen Kampf,
den Absalom mit ihm ausfocht.
Da jagte er ihm reitend nach
und sein Haar wand sich
um einen Ast und erhängte ihn.
Das zweite Bild ist
von König Alexander,
wie er Poros überwand,
von Persien [?] und dem Mohrenland,
und von allem, was er je tat.
Herr, so sieht man aber hier,
was die Könige taten,
die die Gewalt über Rom innehatten.
Hier kann man nun sehen,
was in Babylonien geschehen ist,
bis es Gottes Rache
in viele Sprachen teilte.
Was ich oben hingemalt habe,
das handelt von Euch.
Ich habe diesen Saal gemalt,
wie Eure Ritter allesamt
mit Euch hereingehen
und bei Euch stehen und schauen.
Wer das Gemälde nicht sehen kann,
der schlägt sich selbst
vor Kummer ans Herz.
Und wie diejenigen wohlgemut sind,
die es sehen können." -
"Nun habe ich alles wohl gesehen,"
sprach der König, wiewohl er log,
"Wer es nicht sehen kann,
soll sehen, wie er damit klar kommt,
dass seine Mutter nicht fromm war."
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[Bearbeiten] Marburg und der Prozess (eigentlich: Lübeck) - 58. Historie
Diese Historie wird im MOSAIK von Lübeck nach Marburg verlegt und bildet den Abschluss der Abenteuer. Im Anschluss an die vorhergehende Episode werden entsprechend auch die Beteiligten am Prozess gegen Eulenspiegel geändert: Statt dem Rat der Stadt Lübeck und dem Kläger Lamprecht agieren im MOSAIK der Landgraf von Hessen, der Bürgermeister von Magdeburg und der Erzbischof von Magdeburg. Eulenspiegel verlangt zudem nicht, nüchtern in den Arsch geküsst zu werden, sondern nur auf den Hintern. Trotzdem spricht man ihn natürlich lieber frei.
Originaltext im Kurtzweilig Lesen: | Übertragung von Siegfried H. Sichtermann (mit abweichender Historienzählung):
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Die .LVIII histori sagt wie man Vlenspiegel zů Lübeck hencken wolt / da er mit behender schalckheit daruon kam.
LAmbrecht der wein zepffer achtet der wort als Vlenspiegel sagt da er vß dem keller gieng vnd get hin vnd vber kumpt ein botten vnd loufft Vlenspiegel nach / vnnd vber kumpt in vff der strassen / der büttel greiff in an / vnd fanden sie zwo kanten bei im / die ledig kant vnd die kant darin der wein wz. Da sprachen sie in an für ein dieb vnd furten in in die gefenckniß. Also ward von etlichen ein vrteil geben / er hab den galgen darvmb verdienet vnd etlich sprachen / es wir nit mer dann ein subteilige büberei / vnd die meinten der weinzepffer solt vff gesehen haben / als er dann spricht / dz in niemans betriegen kund / vnd dz hat Vlenspiegel gethon / vmb seiner großen vermessenheit willen. Aber die Vlenspiegeln gram waren / die sprachen daz wer dieberei / er müst darumb hangen. Also das vber in dz vrteil ward geben der tod des galgens. Als nun der gerichtes tag kam dz man Vlenspiegel vßfieren solt vnd solt in hencken dz wz ein gerühel vber die gantz stat / dz iederman zů roß vnd zů fůß vff wz / also das dem rat von Lübeck leid was das er in abgetrungen wurd / vnd verschůffen das er nit gehangen wurd. Etliche wolten sehen wie er sein end wolt nemen nach dem er ein abentürlich mensch wz gewesen. Etliche meinten er kunt mit der schwartzen künst vnd dz er sich damit ledigen würd / vnd dz mererteil gunten im dz er ledig würde / vnd in der vßfierung wz Vlenspiegel gantz stil / vnd sprach nit ein wort / so dz sich iederman sein verwundert / vnd meinten er wer verzweiffelt / das weret bis an den galgen / da thet er den mund vff / vnd heischt den gantzen rat zů im vnd bat in gar demütigklichen / dz sie in wolten ein bit geweren / er wolt sie weder vmb leib noch leben bitten / oder vmb gelt oder gůt / sunder etwas gůts nach zethůn / noch ewige meß / noch ewige spenden / noch ewige gedechtniß / sunder ein ringe sach / dz on schaden wol zů thun stund / vnd dz der eerlich rat von lübeck leichtig thůn kund / on eins pfenings kosten. Die rat personen stůnden zůsammen / vnd giengen darumb vber die seiten zů rat / vnd wurden des zůfriden / dz sie im seiner bit wolten folgen nach dem er vor vß gedingt het / darumb er nit bitten wolt. Vnd ir waren etwann mancher / die verlangt ser / wz er bitten wolt / vnd sprachen zů im / was er gebetten het dz solt geschehen / so fer dz er nit bitten wolt vß den articklen als er vor erzelet het. Wolt er dz also haben / so wolten sie in sein bit geweren. Vlenspiegel der sprach. Die artickel die ich vor gezelt habe / will ich euch nit bitten / sunder woellen ir mir dz halten / darumb ich euch bit / so thůn mir die hend da vff. Dz theten sie all zů mal / vnd gelobten im dz mit hand vnd mit mund. Da sprach vlenspiegel. Ir eerlichen herren von Lübeck / so ir mir gelobt haben / so bit ich euch darum / vnd ist mein bit. Wan ich nun gehangen bin / dz dann der weinzepffer woell kummen all morgen / iii. tag lang / der schenck zů dem ersten / der greiben schinder darnach / vnd mich küssen mit dem mund nüchtern in den arß Da spuwten sie vß / vnd sprachen. Dz wer nit ein zimliche bit. Vlenspiegel sprach. Ich halt den eerlichen rat zů lübeck so redlich / er woell mir halten dz er mir zů gesagt hat / mit hand vnd mit mund. Sie giengen all darüber zů rat / so dz mit gunst / vnd andern zůfallenden sachen ward beschlossen dz sie in liessen gon. Also reißte vlenspiegel dannen geen Helmstet / vnd man sach in nit mer zů lübeck.
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Die 56. Historie sagt, wie man Eulenspiegel in Lübeck henken wollte und wie er mit behender Schalkheit davonkam.
Lambrecht, der Weinzäpfer, dachte über die Worte nach, die Eulenspiegel sagte, als er den Keller verließ. Er ging hin, nahm sich einen Stadtwächter, lief Eulenspiegel nach und holte ihn auf der Straße ein. Der Büttel griff ihn an, und sie fanden die zwei Kannen bei ihm, die leere Kanne und die Kanne, worin der Wein war. Da klagten sie ihn als einen Dieb an und führten ihn in das Gefängnis.
Etliche meinten, er habe den Galgen verdient; etliche sprachen, es sei nicht mehr als ein ausgeklügelter Streich, und sie meinten, der Weinzäpfer hätte sich vorsehen sollen, denn er habe ja gesagt, daß ihn niemand betrügen könne. Eulenspiegel habe das nur getan wegen der großen Vermessenheit des Weinzäpfers. Aber diejenigen, die Eulenspiegel nicht leiden konnten, sprachen, es sei Diebstahl, er müsse deshalb hängen. So wurde über ihn das Urteil gesprochen: Tod durch den Galgen.
Als der Tag der Urteilsvollstreckung kam und man Eulenspiegel vor die Stadt führen und henken sollte, da entstand eine lärmende Unruhe über die ganze Stadt. Jedermann war zu Roß oder zu Fuß auf der Straße. Der Rat von Lübeck befürchtete, daß er um Freigabe des Gefangenen gebeten und veranlaßt werde, Eulenspiegel nicht henken zu lassen. Etliche wollten sehen, was für ein Ende er nähme, nachdem er ein so abenteuerlicher Mensch gewesen war. Andere meinten, er verstünde etwas von der schwarzen Kunst und würde sich damit befreien. Aber der größte Teil gönnte ihm, daß er frei würde.
Während der Ausfahrt vor die Stadt war Eulenspiegel ganz still und sprach kein Wort, so daß sich jedermann über ihn wunderte und meinte, er sei verzweifelt. Das dauerte bis an den Galgen. Da tat er den Mund auf, rief den ganzen Rat zu sich und bat ihn demütig, ihm eine Bitte zu gewähren. Er wolle weder um Leib noch um Leben bitten noch um Geld oder Gut; weder um sonst eine Wohltat, noch um ewige Messen, ewige Spenden oder ewiges Gedenken; sondern nur um eine geringe Sache, die ohne Schaden zu tun sei und die der ehrbare Rat von Lübeck leichtlich tun könne ohne einen Pfennig Kosten. Die Ratsherren traten zusammen und gingen zur Seite, um darüber Rat zu halten. Und sie einigten sich, ihm seine Bitte zu gewähren, nachdem er vorher ausdrücklich gesagt hatte, worum er nicht bitten wolle. Manche von ihnen verlangte es sehr zu erfahren, um was er bitten würde. Sie sprachen zu ihm: seine Bitte solle erfüllt werden, sofern er nichts von den Dingen erbäte, die er ausgenommen habe. Wenn er damit einverstanden sei, so wollten sie ihm seine Bitte gewähren.
Eulenspiegel sprach: »Um die Dinge, die ich vorhin aufgezählt habe, will ich Euch nicht bitten. Wollt Ihr mir aber das halten, worum ich Euch bitte, so bestätigt mir das durch Handschlag!« Das taten sie alle zusammen und gelobten ihm das mit Hand und Mund.
Da sprach Eulenspiegel: »Ihr ehrbaren Herren von Lübeck! Ihr habt es mir gelobt, und ich bitte um dies: Wenn ich gehenkt worden bin, sollen der Weinzäpfer und der Henker drei Tage lang jeden Morgen kommen, und zwar der Weinschenk zuerst und der Henker danach, und mich nüchtern küssen mit dem Mund in den Arsch.« Da spuckten sie aus und sagten, das sei keine geziemende Bitte. Eulenspiegel sprach: »Ich halte den ehrbaren Rat von Lübeck für so redlich, daß er hält, was er mir zugesagt hat mit Hand und Mund.« Sie gingen alle darüber nochmals zu Rat, und aus Gnade und aus anderen zu seinen Gunsten sprechenden Gründen wurde beschlossen, ihn laufen zu lassen.
Also reiste Eulenspiegel von dannen nach Helmstedt, und man sah ihn nicht wieder in Lübeck.
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[Bearbeiten] Eulenspiegel im Mosa-icke
Für die Fanfiction-Geschichte Die Abrafaxe, und wie Eulenspiegel vorgab, dass er zu Magdeburg von der Laube fliegen wollte von Peter Gräber, die 2001 im Fanzine Mosa-icke 2 erschien, wurde ebenfalls die 14. Historie genutzt (siehe oben). Diesmal lag die Bearbeitung des Stoffes durch Otto Fuhlrott für seine Magdeburger Sagen zugrunde. Über 20 Jahre vor MOSAIK 589 erschienen, werden hier bereits einige der Ideen vorweggenommen, die dann auch in der Jubiläums-Serie umgesetzt wurden.
[Bearbeiten] Eulenspiegel im König der Spaßmacher
Dirk Seliger, der Autor des Fanfiction-Romans Der König der Spaßmacher, nutzte als Vorlagen die von Günter Jäckel bei Reclam Leipzig besorgte Ausgabe des Kurtzweilig Lesen in der Auflage von 1968 sowie das von ihm selbst geschriebene Kinderbuch Die Rückkehr des Till Eulenspiegel mit elf neuen Schelmenstreichen von 2001. Beiden Quellen entlehnte er jeweils zwei Geschichten. Beim Kurtzweilig Lesen waren dies die 32. Historie (Nürnberg) und die 33. Historie (Bamberg). Die restlichen Streiche im König der Spaßmacher wurden für den Roman neu geschaffen.
[Bearbeiten] Bamberg und die Wirtin - 33. Historie
Die Bamberger Wirtin, Frau Kün(i)gine ("Königin"), bekam im König der Spaßmacher den viel passenderen Namen Annabella Brummer, ihr Wirtshaus heißt Zum Bierfass. Außerdem wurden die Preise geändert: Statt für 24/18/12 Pfennige speist man im Roman für 12/6/3 Pfennige; dafür kosten Bier und Tierfutter extra.
Originaltext im Kurtzweilig Lesen: | Übertragung von Siegfried H. Sichtermann:
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Die .XXXIII. histori sagt wie Vlenspiegel zů Bůmberg vmb gelt aß.
MIt listen verdient Vlenspiegel gelt eins malß zů Bamberg als er von Nürnberg kam / vnd wz fast hungerig vnd da kam in einer wirtin huß die hieß frauw Künigine die da ein froeliche wirtin was / vnnd hyß in wilckummen sein / dan sie sahe an seinen kleidern dz es ein seltzamer gast wz. Als man nun des morgens eßsen wolt da fragt in die wirtin wie er es halten wolt ob er vbers mal wolt sitzen / oder ob er dz pfennigwett wolt essen Vlenspiegel der antwurt er wer ein armer gesel / vnd bate sie dz sie im etwz vmb gots willen wolt zů essen geben. Die wirtin sprach. Fründ in den fleischbencken oder in den brotbencken gibt man mir nüt vergebens / ich můß gelt darumb geben Darumb můß ich für dz essen auch gelt hon. Vlenspiegel der sprach: Ach fraw es dient mir auch wol vmb gelt zů essen warumb oder wieuil sol ich hie essen vnd trincken. Die frauw sprach / an der herren tisch vmb .xxiiii. pfenig / vnd an der nechsten taffeln da bei / für .xxviii. pfenig / vnd mit meinem gsind für .xii. pfenig. Daruff antwurt Vlenspiegel / frauw das meiste gelt dient mir aller bast / vnd satzt sich an der herren taffel / vnd aß sich gleich sat. Als er nun vol wz / vnd wol gessen vnd getruncken het. Er sprach zů der wirtin / daz sie in wegfertigen wolt / er müst wandern / dan er het nit vil zerung. lieber gast sprach die fraw / gebt mir dz malgelach .xxiiii pfening / vnd gon war ir woellen dz euch got geleid / nein sprach Vlenspiegel / ir sollen mir .xxiiii. pfening geben als ir gesagt hon / dan ir sprachen an der taffel / es man daz mal vmb .xxiiii. pfening / dz hab ich ia also verstanden / dz solt da mit gelt verdienen / den es ward mir schwer gnůg. Ich aß daz mir der schweiß vßbrach / als ob es leib vnd leben golten het / so hett ich nit mer essen moegen / darumb so gebt mir mein suren lon. Fründ sprach die wirtin / dz ist war / ir hon wol dreier mann kost gessen / vnnd das ich euch darzů lonen soll / das rymet sich gar nit. Doch ist es vmb dis malzeit zů thůn ir moegen wol da mit hinweg gon / ich gib nun aber kein gelt zů / dz ist verloren / vnd beger auch kein gelt von euch / kumpt mir nit herwider / dann sol ich mein gest dz iar vmb also speisen / vnd die mer geltz vff heben dan von euch / ich müst mit der weiß von huß vnd hoff lassen. vnd da schied vlenspiegel also von dannen / vnd verdient nit vil danckß.
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Die 33. Historie sagt, wie Eulenspiegel in Bamberg um Geld aß.
Als Eulenspiegel von Nürnberg kam, verdiente er mit List einmal Geld in Bamberg. Er war sehr hungrig und kam in einer Wirtin Haus, die hieß Frau Küngine. Sie war eine fröhliche Wirtin und hieß ihn willkommen, denn sie sah an seinen Kleidern, daß er ein seltsamer Gast war.
Als man morgens essen wollte, fragte ihn die Wirtin, wie er es halten möchte: ob er ein vollständiges Frühstück einnehmen oder nur einzelne Kleinigkeiten essen wolle. Eulenspiegel antwortete, er sei ein armer Gesell und bitte sie, ihm etwas um Gottes Lohn zu essen zu geben. Die Wirtin sprach: »Freund, an den Fleisch- und Brotbänken gibt man mir nichts umsonst, ich muß Geld dafür zahlen. Darum muß ich für das Essen auch Geld bekommen.« Eulenspiegel sagte: »Ach, Frau, es dient auch mir wohl, um Geld zu essen. Um was oder um wieviel soll ich hier essen und trinken?« Die Frau sprach: »An der Herren Tisch um 24 Pfennige, an dem Tisch daneben um 18 Pfennige und mit meinem Gesinde um 12 Pfennige.« Darauf antwortete Eulenspiegel: »Frau, das meiste Geld dient mir am allerbesten.« Und er setzte sich an die Herrentafel und aß sich sogleich satt.
Als er fertig war und gut gegessen und getrunken hatte, sagte er zur Wirtin, sie möge ihn abfertigen; er müsse wandern, denn er habe nicht viel Reisegeld. Die Frau sprach: »Lieber Gast, gebt mir das Essensgeld, 24 Pfennige, und geht, wohin Ihr wollt, Gott geleite Euch!« »Nein«, sagte Eulenspiegel. »Ihr sollt mir 24 Pfennige geben, wie Ihr gesagt habt. Denn Ihr spracht, an der Tafel esse man das Mahl um 24 Pfennige. Das habe ich so verstanden, daß ich damit Geld verdienen sollte, und es wurde mir schwer genug. Ich aß, daß mir der Schweiß ausbrach und als ob es Leib und Leben gegolten hätte. Mehr hätte ich nicht essen können. Darum gebt mir meinen sauer verdienten Lohn.« »Freund«, sprach die Wirtin, »das ist wahr: Ihr habet wohl für drei Mann gegessen. Aber daß ich Euch dafür auch noch lohnen soll, das reimt sich nicht zusammen. Doch ist es mir nicht um diese Mahlzeit zu tun, Ihr mögt damit hinweggehen. Ich gebe Euch aber nicht noch Geld dazu, denn das wäre verloren; doch begehre ich auch kein Geld von Euch. Kommt mir aber nicht wieder her! Denn sollte ich meine Gäste das Jahr über also speisen und nicht mehr Geld einnehmen als von Euch, so müßte ich auf solche Weise von Haus und Hof lassen.«
Da schied Eulenspiegel von dannen und erntete nicht viel Dank.
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[Bearbeiten] Nürnberg und die Stadtwächter - 32. Historie
Während dieser Streich im Kurtzweilig Lesen eine reine Narretei von Eulenspiegel darstellt, die keinerlei Begründung benötigt, handelt es sich im König der Spaßmacher um eine Lektion für die dienstvergessenen Nürnberger Scharwächter, ausgelöst durch den Angriff auf die Wirtstochter Marie, den diese weder verhinderten noch verfolgten. Als Dank bekommt Tillmann von Maries Vater einen wichtigen Hinweis, der ihn endlich zur Burg Möhrenfeld führt.
Originaltext im Kurtzweilig Lesen: | Übertragung von Siegfried H. Sichtermann:
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Die .XXXII histori sagt wie Vlenspiegel die scharwechter zů Nürnberg wacker macht die im nach folgten vber ein steg vnd in das wasser fielen.
VLenspiegel was künstlich in der schalckeit / als er nun mit dem hopt weit vmb gezogen wz / vnd die lüt vast betrogen het / da kam er geen Nürnberg / vnd wolt sein gelt da verzeren dz er mit dem helithom gewunne / vnd da er nun ein zeit lang da gelegen was vnnd alle vmbstend gesehen het. Da kunt er von natur nit lassen er müst da auch ein schalckheit thůn. Vnd sahe daz die scharwechter in eim grossen kasten schlieffen vnder dem rathuß in harnisch / vnd Vlenspiegel het da zů Nürnberg weg vnd steg wol gelernt / vnd sunderlich ab gesehen den steg zwüschen dem süwmarckt vnd dem hüßlin da des nachts boes vber wandlen ist. Wan manche gůte dirn / wen sie woellen wein holen die da vmb gezogen werden. Also wartet nun vlenspiegel mit seiner schalckheit / biß die leüt schlaffen waren gangen vnd dz es gantz stil wz. Da brach er von dem selben steg drei tilen vnd warff sie in dz wasser genant die Pegnitz / vnd gieng für dz rothuß vnd begund zů fluchen / vnd hüw mit eim alten messer in dz pflaster / das dz feür daruß sprang. Da dz die wechter horten da warend sie bald vff vnnd lieffen hinnach. Da vlenspiegel hort dz sie im nach lieffen / da luf er für den wachtern hin / vnd nam die flůcht zů den süw marckt hin / vnd da waren die wechter noch hinder im her / also kam er mit not in vor an die stat / da er die tilen ab het geworffen / vnd behalff sich wie er mocht / das er vber den steg kam. Vnnd da er hinvber waz kumen Da rufft er mit lauter stim Hoho wa bleiben ir nun ir verzagten boeßwicht. Da das die wechter horten / da lieffen sie ylens im zů / on alles verdenckenen im nach vnd ein ietlicher wolt der erst sein. Also fiel ie einer nach dem andern in die Pegnitz / vnd was die luck des stegs so eng / das sie vff ietlichem ort die meüler zerfielen / also rufft Vlenspiegel hoho louffen ir noch nit / morgen louffen mir mer nach / zů disem bad weren ir noch morgen frü wol kumen / du hest nit halb so fast doerffen iagen du werest noch wol zů rechter zeit kumen. Also fiel einer ein bein entzwei / der ander ein arm / der drit ein loch in kopff also das keiner on schaden daruon kam. Da er nun die schalckheit volbracht het / da blib er nit lang zů Nürnberg vnd zoch wider hinweg wan im waß nit lieb wa es vß kem von im / das er nit gestümbfft würd / dann die von Nürnberg moechten es nit vor schimpff woellen hon.
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Die 32. Historie sagt, wie Eulenspiegel die Stadtwächter in Nürnberg munter machte, die ihm über einen Steg nachfolgten und ins Wasser fielen.
Eulenspiegel war erfindungsreich in seinen Schalkheiten. Als er mit dem Totenhaupt weit umhergezogen war und die Leute tüchtig betrogen hatte, kam er nach Nürnberg und wollte da sein Geld verzehren, das er mit der Reliquie gewonnen hatte. Und als er sich eine Zeitlang dort aufgehalten und alle Verhältnisse kennengelernt hatte, konnte er von seiner Natur nicht lassen und mußte auch dort eine Schalkheit tun.
Er sah, daß die Stadtwächter in einem Wächterhaus unterhalb des Rathauses im Harnisch schliefen. Eulenspiegel hatte in Nürnberg Weg und Steg genau kennengelemt. Besonders gut hatte er sich den Brückensteg zwischen dem Saumarkt und dem Wächterhaus angesehen. Darüber ist des Nachts schlecht zu wandeln. Denn manche gute Dirne, wenn sie Wein holen wollte, wurde dort belästigt.
Eulenspiegel wartete also mit seinem Streich, bis die Leute schlafen gegangen waren und es ganz still war. Dann brach er aus diesem Steg drei Bohlen und warf sie in das Wasser, genannt die Pegnitz. Und er ging vor das Rathaus, begann zu fluchen und hieb mit einem alten Messer auf das Pflaster, daß das Feuer daraus sprang. Als die Wächter das hörten, waren sie schnell auf den Beinen und liefen ihm nach. Da Eulenspiegel hörte, daß sie ihm nachliefen, rannte er vor den Wächtern her und nahm die Flucht zu dem Saumarkt hin, die Wächter immer hinter ihm her. Er kam mit knapper Not vor ihnen an die Stelle, wo er die Bohlen herausgebrochen hatte, und behalf sich, so gut er konnte, um über den Steg zu kommen. Und als er hinübergekommen war, rief er mit lauter Stimme: »Hoho, wo bleibt ihr denn, ihr verzagten Bösewichter?« Da das die Wächter hörten, liefen sie ihm eilends und ohne allen Argwohn nach, und jeder wollte der erste sein. Also fiel einer nach dem anderen in die Pegnitz. Die Lücke im Steg war so eng, daß sie sich an allen Stellen die Mäuler zerschlugen. Da rief Eulenspiegel: »Hoho, lauft ihr noch nicht? Morgen laufet mir weiter nach! Zu diesem Bad wäret ihr morgen noch früh genug gekommen. Du hättest nicht halb so schnell zu jagen brauchen, du wärst noch immer zur rechten Zeit gekommen.« Also brach sich der eine ein Bein, der andere einen Arm, der dritte schlug sich ein Loch in den Kopf, so daß keiner ohne Schaden davonkam.
Als Eulenspiegel diese Schalkheit vollbracht hatte, blieb er nicht mehr lange in Nürnberg, sondern zog wieder weiter. Denn es war ihm nicht lieb, geschlagen zu werden, wenn sein Streich herauskäme: die Nürnberger würden ihn nicht als Spaß angesehen haben.
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- Siegfried H. Sichtermann (Hg.): Hermann Bote. Ein kurzweiliges Buch von Till Eulenspiegel aus dem Lande Braunschweig. Wie er sein Leben vollbracht hat. Sechsundneunzig seiner Geschichten, Berlin: Insel 222023 (EA: Frankfurt 1978).
- Günter Jäckel (Hg.): Ein kurzweilig Lesen von Till Eulenspiegel, geboren aus dem Land zu Braunschweig, wie er sein Leben vollbracht hat. 95 seiner Geschichten, Leipzig: Reclam 91968 (EA: Das Volksbuch vom Till Eulenspiegel. Vollständige Textausgabe des Volksbuches von 1515 und 1519, Leipzig 1955).
- Der Stricker: Der Pfaffe Amis. Mittelhochdeutsch/Neuhochdeutsch, nach der Heidelberger Hs. cpg 341 hg., übs. u. komm. von Michael Schilling, Stuttgart: Reclam 1994.
[Bearbeiten] Mögliche Verfasser
[Bearbeiten] Der Pfaffe von Kalenberg
[Bearbeiten] Das Kurtzweilig Lesen diente als Vorlage für folgende Publikationen
Mosaik ab 1976: 589
Fanfiction: Der König der Spaßmacher, Die Abrafaxe, und wie Eulenspiegel vorgab, dass er zu Magdeburg von der Laube fliegen wollte