Sage von Hero und Leander
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Die Sage von Hero und Leander ist ein antiker Erzählstoff, der in vielfältiger Weise bis in die Gegenwart wirkt (z.B. im Lied von den zwei Königskindern). Er wird in der Orient-Okzident-Serie des Mosaik ab 1976 persifliert und dürfte zumindest mittelbar auch Pate für eine vergleichbare Szene in der Anno-1704/05-Serie gestanden haben.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Inhalt der Sage
Die Sage ist erstmals im 1. Jahrhundert v.u.Z. belegt, zum Beispiel bei Ovid und Musaios. Hero war demnach eine Priesterin der Aphrodite in Sestos, und ihr Geliebter Leander lebte auf der anderen Seite des Hellespont in Abydos. Jede Nacht durchschwamm er die Meerenge, um bei ihr sein zu können, und orientierte sich dabei an einem Licht, das sie ins Fenster ihres Turmzimmers stellte. Als eines Nachts ein Sturm das Licht auslöschte, kam er vom Kurs ab und ertrank. Seine Leiche wurde unterhalb von Heros Turm ans Ufer gespült, und sie stürzte sich aus Liebeskummer in den Tod.
[Bearbeiten] Vorbildwirkung fürs MOSAIK
[Bearbeiten] Ninon und Bertrand
Die Abrafaxe sagen der unglücklichen Steuerpächternichte Ninon Hilfe zu, damit sie ihrem Goldenen Käfig entkommen kann. Sie soll ein Licht ins Fenster ihres Turmzimmers stellen, wenn sie zur Flucht bereit ist, und sich dann mit zusammengeknoteten Laken abseilen. Die Abrafaxe wollen sie zusammen mit dem jungen Dorfburschen Bertrand am Fuß des Turms in Empfang nehmen und in Sicherheit bringen. Leider fliegt der Fluchtversuch auf und Ninon wird von ihrem Onkel ins Kellerverlies gesperrt. Dieser erwartet nun zusammen mit seinem Diener Jean den vermuteten Befreier im Turmzimmer, um ihm eine überzuziehen. Als die Abrafaxe und Bertrand daher am Fuße des Turm eintreffen, brennt zwar das Licht und auch die Laken hängen aus dem Fenster, doch rührt sich oben nichts. Die Abrafaxe wollen nach dem Rechten sehen und dringen über einen Geheimgang in den Keller des Schlosses ein, während Bertrand weiter beim Turm ausharren soll. Sie befreien Ninon aus dem Verlies und kehren zum Turm zurück. Dort hatte der verliebte Bertrand gerade mit dem Aufstieg begonnen, da das Licht im Fenster erloschen war und er sich Sorgen machte; das ist nun nicht mehr nötig.
Die Parallelen zur Sage von Hero und Leander sind recht deutlich - eine Liebelei, ein Turmzimmer, Nacht, Licht im Fenster, ein gefährlicher Weg zueinander. Doch werden sie gleichzeitig ironisch gebrochen:
- Nicht der Mann, sondern die Frau will sich auf den gefährlichen Weg machen.
- Sie weiß gar nicht, dass am Ziel ein Hals-über-Kopf Verliebter ihrer harrt.
- Später warten zwei grummelige Herren beim Licht auf den selbsternannten, heldenhaften Liebhaber, nicht seine zauberhafte Angebetete.
- Der Liebhaber macht sich nicht beim Schein des Lichtleins auf den Weg und scheitert bei seinem Verschwinden, sondern steht nur herum, solange es brennt, und klettert erst los, als es erlischt - und das auch noch umsonst.
- Sie stürzt sich auch nicht aus dem Turm zu Tode, sondern er fällt ihr vom Turm herab in die Arme.
- Ende gut, alles gut.
Inwieweit dem Autor des MOSAIK, Lothar Dräger, dabei die Sage von Hero und Leander direkt vorschwebte oder ob er lediglich das bekannte Motiv nutzte, ist unsicher.
[Bearbeiten] Andreas, Leander, dessen Weib Hero plus Lela
Bei ihrer Flucht durch den Hellespont mit dem Elefanten Abul Abbas auf dem Schiff des Schmugglers Andreas sammeln die Abrafaxe in Abydos die päpstlichen Gesandten Thomas und Tomas auf. Als es bald darauf mitten in der Nacht um die weitere Route geht, da Andreas partout nicht nach Italien segeln mag, schlagen die Gesandten vor, dass sie ja alleine nach Venedig und weiter zum Kaiser Karl reisen könnten, um diesen zur Hilfe zu bewegen. Andreas ist einverstanden und hat auch schon eine Idee, wie er ihnen eine Mitfahrgelegenheit besorgen kann. Er gibt mit einer Lampe ein Leuchtsignal, und in der Tat geht kurz darauf sein Bekannter, der Fährmann Leander, mit seinem Boot längsseits. Das Lichtsignal ist ein altes Erkennungszeichen der beiden, und Leander hat trotz des Genörgels seiner Frau Hero nicht gezögert, darauf zu reagieren. Er nimmt die Gesandten auf sein Boot und bringt sie nach Venedig, während Andreas' Schiff nach Susa in Ifriqiya segelt.
Diesmal sind die Parallelen zur Sage von Hero und Leander noch deutlicher - Hellespont in der Nähe von Abydos, nächtliches Lichtsignal, ein Herr namens Leander, seine Frau Hero. Und erneut wird das Ganze scherzhaft verdreht:
- Leander besucht nicht seine Geliebte, sondern seinen alten Freund.
- Stattdessen schilt ihn seine Frau einen "Knallkopf", auf das Licht zu reagieren.
Anlass für die erneute Persiflage dürfte der neue Kolorist des MOSAIK gewesen sein, Leander Zerwer. Den wunderbaren Zufall mit seinem Vornamen wollte man sich offenbar nicht entgehen lassen und karikierte den Künstler in der Figur des gleichnamigen Fährmanns.
Später tischt die durchtriebene Lela dem Fährmann Leander eine Lügengeschichte auf, derzufolge ihr armer Mann im Meer ertrunken sei. Dies könnte durchaus eine weitere Anspielung auf die Sage von Hero und Leander sein.
[Bearbeiten] Externer Verweis
[Bearbeiten] Hero und Leander sind Vorbilder für folgende Mosaikhefte
9/80, 10/80, 573, (574?), 577