Märchen und Sagen im Mosaik

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=== Böhmens alte Sagen ===
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* [[78]]: Beim Aufenthalt der Digedags in [[Prag]] werden zahlreiche Sagen aus dem Werk ''[[Böhmens alte Sagen]]'' zitiert; besonders wichtig für die Handlung sind die Sagen vom [[Golem]] und vom [[Doktor Faust]].
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Beim Aufenthalt der [[Digedags]] in [[Prag]] (Heft [[78]]) werden zahlreiche Sagen aus dem Werk ''[[Böhmens alte Sagen]]'' von Alois Jirásek zitiert. Manche davon werden lediglich erwähnt, wie die vom [[Zauberer Zito]], vom [[König Wenzel]] oder vom [[Ritter Dalibor]]. Eine weitere wird etwas detaillierter vorgestellt: die Geschichte von [[Meister Hanuš]], dem sagenhaften Konstrukteur der [[Horologium|astronomischen Turmuhr]] am [[Altstädter Rathaus]]. Und schließlich werden die Legenden um [[Doktor Faust]] und das [[Faust-Haus]] mit der [[Golem]]-Sage um [[Rabbi Löw]] kombiniert und zu einer MOSAIK-eigenen Geschichte umgeformt.
=== Lindwürmer ===
=== Lindwürmer ===

Version vom 23:38, 11. Apr. 2008

Im MOSAIK wurden immer wieder Märchen und Sagen als Vorlagen genutzt. Das reicht von versteckten Andeutungen über einzelne Motive bis hin zur Nacherzählung ganzer Stoffe. Gelegentlich werden auch eigene Legenden für die Mosaikhandlung erfunden.

Inhaltsverzeichnis

Griechische und Römische Antike

Die griechische und römische Mythologie ist im MOSAIK besonders prominent vertreten. Üblicherweise handelt es sich freilich um die bloße Nennung von Götternamen. Wesentlich seltener werden ganze Stoffe für die Handlung genutzt. Bei den folgenden Beispielen ist es durchaus nicht immer sicher, ob die Übernahme ins MOSAIK bewusst geschah oder ob eine bestimmte Geschichte einfach als Topos bekannt war.

Troja und Odysseus

Auf die Eroberung Trojas mit Hilfe des Trojanischen Pferdes wird in Heft 3/86 (Kapitel - Der Schild des Poros) Bezug genommen. Die Abrafaxe verstecken sich dort in einer hohlen Kuhplastik und gelangen so in den Palast von Rattabumpur. Allerdings sind sie nicht so erfolgreich wie ihre Vorgänger um Odysseus, den kleinen Aias und Menelaos - ihr Versuch, die Diamantaugen zu mopsen, wird entdeckt und sie landen zusammen mit dem Schöpfer der Kuhfigur in der Diamantenmine.

Auf Homers Odyssee, also das Epos von den Irrfahrten des Odysseus, wird dreimal zurückgegriffen. Sowohl die Digedags als auch die Abrafaxe erinnern sich an Odysseus' Abenteuer mit Polyphem und so, wie der antike Held aus einer Höhle entkam, schmuggeln sie sich in Städte hinein: die Digedags, die bei der Gelegenheit sogar Homer selbst erwähnen, durch das Goldene Tor von Konstantinopel (Heft 112), die Abrafaxe in die Verbotene Stadt (Heft 10/81). Der dritte Hinweis auf Odysseus ist etwas versteckter: Im Griechenland-Kapitel hören die Abrafaxe von dem jungen Odyssos, der seit geraumer Zeit verschwunden ist. Im Auftrag seiner Eltern Philemon und Baucis machen sie sich schließlich auf die Suche.

Zwölf Taten des Herakles

...Alexander Papatentos...

Androklos und der Löwe

In den Attischen Nächten des Aulus Gellius erzählt dieser eine Geschichte (V 14), die er einem Werk von Apion entnommen hat. Darin wird vom Sklaven Androclus/Androklos folgendes berichtet (Anmerkungen und Auslassungen in eckigen Klammern):

Im Circus Maximus [...] wurde für die Volksmenge eine prächtige Tierhetze veranstaltet. Als ich [d.i. Apion] zufällig einmal in Rom weilte, wurde ich [...] Augenzeuge dieser Schau. Viele wilde Tiere waren da zu sehen, Bestien von herausragender Größe. Sei es vom Äußeren her, sei es durch ihre Gefährlichkeit, alle boten sie den Anblick des Nochniedagewesenen. Vor allem anderen jedoch [...] galt die Bewunderung der ungeheuren Größe der Löwen, unter allen übrigen aber einem einzigen. Dieser eine Löwe hatte mit seiner Sprungkraft und Körpergröße, seinem furchteinflößenden wie durchdringenden Gebrüll, seinen Muskelpartien und seiner flatternden Nacknemähne aller Aufmerksamkeit und Augen auf sich gezogen. Zusammen mit den meisten anderen zum Tierkampf Verurteilten hatte man den Sklaven eines ehemaligen Konsuls hereingetrieben. Dieser Sklave hieß Androclus. Als den jener Löwe von weitem erblickt hatte, hielt er unvermittelt inne, als ob er sich wunderte; dann kam er allmählich und gelassen näher an den Menschen heran, so, als ob er ihn kennenlernen wollte. Dann wedelt er sanft und freundlich mit dem Schweif, wie es Hunde zu tun pflegen, die sich einschmeicheln wollen, schmiegte sich eng an den Körper dieses Menschen an und beleckt Beine und Arme des vor Furcht fast Entseelten sanft mit der Zunge. Der Mensch Androclus gewinnt seine Fassung wieder, die er bei den Liebkosungen der so gefährlichen Bestie verloren hatte, ganz allmählich hebt er seine Blicke, um den Löwen zu betrachten. Dann aber, nach dem wechselseitigen Wiedererkennen, konnte man die beiden, den Menschen und den Löwen, sehen, wie sie froh waren und sich beglückt begrüßten.

[Unter den Zuschauern entsteht Unruhe. Androclus wird vor die Kaiserloge zitiert und gefragt, warum der Löwe ihn allein verschont habe. Androclus berichtet folgendes.]

"Zur Zeit, als mein Herr [...] die Provinz Afrika mit prokonsularischer Vollmacht verwaltete [d.h. die Provinz Africa Proconsularis, das heutige Tunesien und Nordlibyen], sah ich mich durch seine tagtäglichen ungerechten Prügelstrafen zur Flucht veranlsst, und um vor meinem Herrn, dem Gebieter des Landes, einen sicheren Unterschlupf zu haben, zog ich mich in die Einsamkeit der weiten Wüstentäler zurück. Sollte mir die Nahrung ausgehen, war ich fest entschlossen, auf irgendeine Art den Tod zu suchen. Dann endlich - die Sonne stand hoch, es war sengend und heiß - hatte ich eine entlegene schattige Höhle entdeckt, nahm sie in Besitz und fühlte mich geborgen. Nicht viel später kam jener Löwe da mit einem verletzten, blutenden Bein in diese Höhle, stöhnte und stieß Klagelaute aus, die auf Schmerz und Pein hinwiesen, die ihm seine Wunde verursachte. [Androclus ist erstmal erschrocken und eingeschüchtert.] Doch nachdem der Löwe offenbar in seine Stammbehausung [...] eingetreten war und sah, wie ich mich weit zurückgezogen hatte, kam er sanft und zahm näher, zeigte seine erhobene Pranke und streckte sie mir gewissermaßen hilfeflehend entgegen, so wenigstens schien es mir. Dann entfernte ich einen riesigen Splitter, der in seinem Fußballen steckengeblieben war, drückte den Eiter heraus, der sich tief in der Wunde gesammelt hatte, dann tupfte ich, bereits ohne große Furcht, die Wunde sehr sorgfältig und gründlich aus, zuletzt wischte ich das Blut ab. Durch meine Hilfeleistung und Heilmittel fühlte er sich erleichtert, legte seine Pranke auf meine Arme, streckte sich aus und schlief ein. Volle drei Jahre lang, von da an, lebten und aßen wir, ich und der Löwe, zusammen in der gleichen Höhle. Denn von den Tieren, die er jagte, schleppte er die fetteren Brocken zu mir in die Höhle. Da mir Feuer nicht zur Verfügung stand, musste ich sie mir in der Mittagssonnenglut rösten und verspeisen. Als ich schließlich [...] dieses tierischen Lebens überdrüssig geworden war, verließ ich die Höhle, als mein Löwe gerade auf Jagd war, marschierte etwa drei Tage, dann sahen mich Soldaten, nahmen mich fest und verfrachteten mich von Afrika nach Rom zu meinem Herrn. Der sorgte unverzüglich dafür, dass ich auf Tod und Leben angeklagt und zum Tod durch die Bestien verurteilt wurde. Jetzt verstehe ich: Nachdem wir uns getrennt hatten, wurde auch dieser Löwe gefangen, und jetzt stattet er mir seinen Dank für Hilfeleistung und medizinische Betreuung ab."

[Androclus wird freigelassen und der Löwe ihm geschenkt. Gellius zitiert als Epilog noch die abschließenden Sätze von Apion:]

Später [...] sahen wir Androclus und seinen Löwen, der ein leichtes Halsband trug, in der ganzen Stadt um die Schaubuden herumstreichen; Androclus erhielt Geldgeschenke, der Löwe wurde mit Blumen bekränzt, und alle, wo immer sie den beiden begegneten, riefen:

Dies ist der Löwe, der einen Menschen bewirtete!
Dies ist der Mensch, der einen Löwen gesundpflegte!


[Zitiert nach: Aulus Gellius, Attische Nächte. Aus einem Lesebuch der Zeit des Kaisers Marc Aurel, ausgewählt und übersetzt von Heinz Berthold, Leipzig 1987.]

Diese Geschichte wird auch in den Gesta Romanorum, einer spätmittelalterlichen Anekdotensammlung, überliefert; zudem gibt es eine Komödie von George Bernard Shaw Androcles and the Lion (1912) und einen DEFA-Fernsehfilm Androklus und der Löwe von 1968 mit Herbert Köfer als Androklus. Auch in den Werken von Emilio Salgari wird der Stoff verarbeitet - dort allerdings mit einem Tiger statt eines Löwen.

Ob die Macher des MOSAIK die Attischen Nächte, die Gesta Romanorum oder die Shaw-Komödie kannten und die Androklos-Fabel daher bezogen, ist bisher nicht sicher. Genausogut können sie diese gern kolportierte Mär auch woanders gelesen oder gehört haben. Auf jeden Fall benutzten sie Teile der Fabel zweimal im MOSAIK, einmal in der Runkel-Serie und einmal im Dschuha-Kapitel:

  • In der Runkelserie beschreibt Digedag in einem Bilderbuch, wie er in Rom den wilden Tieren vorgeworfen werden sollte, doch in der Arena ausgerechnet auf den guten alten Löwen Nero stößt. Dieser leckt ihm erfreut das Gesicht ab und flieht mit ihm aus dem Kolosseum. Später in Monticuli gibt es noch rührende Szenen, bei denen Kinder auf Neros Rücken reiten dürfen.
  • Im Dschuhakapitel trifft Califax in einer Felsspalte in der nordafrikanischen Einöde den Löwen Leo, dem er die Pfote verbindet, die sich dieser verletzt hatte. Der Löwe wird darauf handzahm und folgt den Abrafaxen nach Tunis. Hier soll er als Gladiatorenschreck im Zirkus des Dei auftreten, was ihm aber gar nicht behagt. Lieber tollt er mit dem Elefanten Hasdrubal herum.

Während also bei der Digedag-Nero-Geschichte vor allem die Zirkusszenen und der rührselige Epilog aus der Androkloslegende verarbeitet werden, findet man in der Califax-Leo-Episode vor allem den Mittelteil mit der Kennenlern- und Pfotenpflegephase. Interessanterweise wird aber auch hier der Bogen zur Zirkuswelt gespannt. Wenn man so will, lieferte Lothar Dräger als Autor des MOSAIK 1982 die Vollendung einer Geschichte, die er 1965 begonnen hatte.

Zum Abschluss noch ein paar weiterführende Links:

Europäische Volkssagen und -märchen

Nessie

69: Die Digedags begegnen Nessie - weder sie selbst noch der Leser erlangt Klarheit darüber, ob die beiden dies wirklich erlebt oder nur (beide zur gleichen Zeit) geträumt haben.

Böhmens alte Sagen

Beim Aufenthalt der Digedags in Prag (Heft 78) werden zahlreiche Sagen aus dem Werk Böhmens alte Sagen von Alois Jirásek zitiert. Manche davon werden lediglich erwähnt, wie die vom Zauberer Zito, vom König Wenzel oder vom Ritter Dalibor. Eine weitere wird etwas detaillierter vorgestellt: die Geschichte von Meister Hanuš, dem sagenhaften Konstrukteur der astronomischen Turmuhr am Altstädter Rathaus. Und schließlich werden die Legenden um Doktor Faust und das Faust-Haus mit der Golem-Sage um Rabbi Löw kombiniert und zu einer MOSAIK-eigenen Geschichte umgeformt.

Lindwürmer

König Artus

Aschenputtel

Schneewittchen

Der Fischer und seine Frau

  • siehe unten

Werwölfe

Tod und Teufel

Orientalischer Kulturkreis

Fliegende Teppiche

  • 134: Die Zöllner des Scheichs von Basra halten den Gebetsteppich des falschen Muezzins für einen fliegenden Teppich.
  • 217/218: Die Sage von den fliegenden Teppichen inspiriert den Sultan zur Durchführung eines Wettbewerbes, anlässlich dessen die Digedags ihre Teppichwurst konstruieren.

Sonstige Märchenmotive und MOSAIK-eigene Legenden

  • 39: Bhur Yham erzählt den Digedags von seinem Besuch auf der Erde. Danach erzähle man sich in Indien, ein Fakir habe Digedag gelehrt sich unsichtbar zu machen, so dass dieser nun für immer verschwunden sei - eine Geschichte, aus der sich viele Jahre später ein ganzes Heft entwickelt.
  • 135: Der Perlenfischer Hamid trägt in Liedform ein Märchen vor, das an eine orientalische Form von Der Fischer und seine Frau erinnert.
  • 147: Ritter Runkel erzählt den Bewohnern der Burg Rübenstein ein Märchen, "das er auf irgendeinem Basar aufgeschnappt und uns schon hundertmal erzählt hat" (Zitat Digedags) und das von einem Kampf gegen einen neunköpfigen Drachen (mit Hilfe einer Tarnkappe) und der anschließenden Befreiung einer orientalischen Prinzessin handelt. Runkel stellt die Geschichte natürlich als sein eigenes Erlebnis dar und übernimmt später, als diese Geschichte bei den Rübensteiner Festspielen aufgeführt wird, die Hauptrolle.
  • 223: Die Digedags entschwinden ins Land der Märchen und Träume.

Japanische Sagen

Die Legende von Star-Sin

...Legende von Star-Sin...

Die Sage von der Schneefrau

...Sage von der Schneefrau Ôyuki...

Altamerikanischer Kulturkreis

  • 172: Dem Mythos von Quetzalcoatl und seiner Wiederkehr ist ein eigenes Heft gewidmet, in dem Rote Wolke den Digedags diese Geschichte erzählt.
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