Ein kurtzweilig lesen von Dyl Vlenspiegel
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'''Ein kurtzweilig lesen von Dyl Vlenspiegel''' ist ein frühneuzeitlicher Schelmenroman. Es handelt sich um die erste umfangreiche literarische Bearbeitung des Eulenspiegel-Stoffs, wobei mehrere der geschilderten Streiche auf wesentlich frühere, teils antike Wandermotive zurückgehen, die erst später mit der Figur des [[Till Eulenspiegel]] verknüpft wurden. Das ''Kurtzweilig Lesen'' bzw. eine seiner Übertragungen ins Neuhochdeutsche diente als Vorlage für die diversen Umsetzungen der Eulenspiegel-Abenteuer im MOSAIK und ums MOSAIK herum. | '''Ein kurtzweilig lesen von Dyl Vlenspiegel''' ist ein frühneuzeitlicher Schelmenroman. Es handelt sich um die erste umfangreiche literarische Bearbeitung des Eulenspiegel-Stoffs, wobei mehrere der geschilderten Streiche auf wesentlich frühere, teils antike Wandermotive zurückgehen, die erst später mit der Figur des [[Till Eulenspiegel]] verknüpft wurden. Das ''Kurtzweilig Lesen'' bzw. eine seiner Übertragungen ins Neuhochdeutsche diente als Vorlage für die diversen Umsetzungen der Eulenspiegel-Abenteuer im MOSAIK und ums MOSAIK herum. | ||
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Der vollständige Titel des in mittelniederdeutscher Sprache verfassten Volksbuchs lautet ''Ein kurtzweilig lesen von Dyl Vlenspiegel geborē vß dem land zů Brunßwick. Wie er sein leben volbracht hatt .xcvi. seiner geschichten'' ("Ein kurzweiliges Lesen von Till Eulenspiegel, geboren aus dem Land zu [[Braunschweig]], wie er sein Leben verbracht hat. 96 seiner Geschichten"). Es erschien zu Beginn des 16. Jahrhunderts in der Druckerei von Hans Grüninger in [[Straßburg]]; das genaue Jahr ist nicht bekannt (wohl um 1510/11), die älteste erhaltene Auflage stammt von 1515. Ebenfalls unbekannt ist der Verfasser. Es kommen hierfür sowohl Autoren aus der Gegend von Braunschweig in Frage (Hermann Bote, Hieronymus Brunschwig), als auch solche aus dem Umfeld der Druckerei, inklusive des Druckers selbst (Hans Grüninger, Hermann Buschius, Johannes Adelphus und andere); ohne weiteres denkbar ist auch eine Co-Verfasserschaft mehrerer Autoren. | Der vollständige Titel des in mittelniederdeutscher Sprache verfassten Volksbuchs lautet ''Ein kurtzweilig lesen von Dyl Vlenspiegel geborē vß dem land zů Brunßwick. Wie er sein leben volbracht hatt .xcvi. seiner geschichten'' ("Ein kurzweiliges Lesen von Till Eulenspiegel, geboren aus dem Land zu [[Braunschweig]], wie er sein Leben verbracht hat. 96 seiner Geschichten"). Es erschien zu Beginn des 16. Jahrhunderts in der Druckerei von Hans Grüninger in [[Straßburg]]; das genaue Jahr ist nicht bekannt (wohl um 1510/11), die älteste erhaltene Auflage stammt von 1515. Ebenfalls unbekannt ist der Verfasser. Es kommen hierfür sowohl Autoren aus der Gegend von Braunschweig in Frage (Hermann Bote, Hieronymus Brunschwig), als auch solche aus dem Umfeld der Druckerei, inklusive des Druckers selbst (Hans Grüninger, Hermann Buschius, Johannes Adelphus und andere); ohne weiteres denkbar ist auch eine Co-Verfasserschaft mehrerer Autoren. | ||
- | Das Buch beginnt mit einer Einleitung des anonymen Autors, dann folgen 96 kurze bis sehr kurze Episoden ("Historien", Nr. 42 fehlt allerdings). Diese schildern jeweils einen Streich Eulenspiegels (mit Ausnahme der ersten Historie, die seine Geburt und seine Taufe, und der letzten drei Historien, die Ereignisse nach seinem Tod behandeln). Üblicherweise beginnt jede Episode damit, dass Eulenspiegel, der kreuz und quer durch die Gegend reist, in eine neue Stadt oder ein neues Land kommt und schnell erkennt, wie er die Leute dort übervorteilen oder ihnen sonstige deftige, gerne skatologische Streiche spielen kann. So kommt er u.a. nach [[Magdeburg]], [[Hildesheim]], [[Nürnberg]], [[Halberstadt]], [[Braunschweig]], [[Lüneburg]], [[Marburg]], [[Erfurt]], Sangerhausen, [[Bamberg]], [[Frankfurt]], [[Quedlinburg]], [[Rostock]], [[Wismar]], [[Berlin]], Stendal, [[Aschersleben]], [[Leipzig]], [[Lübeck]], [[Dresden]], [[Hannover]], [[Bremen]], [[Hamburg]], [[Eisleben]], [[Köln]] und Mölln, sowie nach [[Dänemark]], [[Polen]], [[Böhmen]] ([[Prag]]), [[Pommern]], [[Italien]] ([[Rom]]), [[Frankreich]] ([[Paris]]) und [[Belgien]] ([[Antwerpen]]). | + | Das Buch beginnt mit einer Einleitung des anonymen Autors, dann folgen 96 kurze bis sehr kurze Episoden ("Historien", Nr. 42 fehlt allerdings). Diese schildern jeweils einen Streich Eulenspiegels (mit Ausnahme der ersten Historie, die seine Geburt und seine Taufe, und der letzten drei Historien, die Ereignisse nach seinem Tod behandeln). Üblicherweise beginnt jede Episode damit, dass Eulenspiegel, der kreuz und quer durch die Gegend reist, in eine neue Stadt oder ein neues Land kommt und schnell erkennt, wie er die Leute dort übervorteilen oder ihnen sonstige deftige, gerne skatologische Streiche spielen kann. So kommt er u.a. nach [[Magdeburg]], [[Hildesheim]], [[Nürnberg]], [[Halberstadt]], [[Braunschweig]], [[Lüneburg]], [[Marburg]], [[Erfurt]], Sangerhausen, [[Bamberg]], [[Frankfurt]], [[Quedlinburg]], [[Rostock]], [[Wismar]], [[Berlin]], Stendal, [[Aschersleben]], [[Leipzig]], [[Lübeck]], [[Dresden]], [[Hannover]], [[Bremen]], [[Hamburg]], [[Eisleben]], [[Köln]] und Mölln, sowie nach [[Dänemark]], [[Polen]], [[Böhmen]] ([[Prag]]), [[Pommern]], [[Italien]] ([[Rom]]), [[Frankreich]] ([[Paris]]) und [[Belgien]] ([[Antwerpen]]). An manchen Orten erlebt er mehrere Abenteuer hintereinander, manche Orte sucht er in größerem Abstand wiederholt auf. |
- | Eulenspiegel-Streiche, die auch mit anderen Figuren verknüpft werden, sind z.B. die ''80. Historie'', in der er mit dem Klang von Geld bezahlt (vgl. [[Hodscha Nasreddin]]), die ''8. Historie'', in der er Hühner an kreuzweise verknüpften Stricken fängt (vgl. [[Max und Moritz]], diese beiden), die ''27. Historie'', in der sich nur eine Törin zu sagen traut, dass er gar nichts gemalt hat (vgl. ''[[Des Kaisers neue Kleider]]'') | + | Eulenspiegel-Streiche, die auch mit anderen Figuren verknüpft werden, sind z.B. die ''80. Historie'', in der er mit dem Klang von Geld bezahlt (vgl. [[Hodscha Nasreddin]]), die ''8. Historie'', in der er Hühner an kreuzweise verknüpften Stricken fängt (vgl. [[Max und Moritz]], diese beiden, und die arme Witwe Bolte), die ''27. Historie'', in der sich nur eine Törin zu sagen traut, dass er gar nichts gemalt hat (vgl. ''[[Des Kaisers neue Kleider]]''), die ''28. Historie'', in der er vor einem Gremium von missgünstigen Gelehrten Fragen zur Erde und zum Weltall beantwortet (vgl. erneut [[Hodscha Nasreddin]]) und die ''32. Historie'', in der er einen Steg manipuliert, so dass seine Verfolger in den Burggraben purzeln (vgl. erneut [[Max und Moritz]], gar nicht träge, diesmal vs. Meister Böck). |
Übertragungen des Volksbuchs ins Neuhochdeutsche, oft verknüpft mit einer gewissen Überarbeitung, gibt es reichlich. Es ist daher nicht immer ohne weiteres festzustellen, welche von ihnen bei der jeweiligen Umsetzung des Stoffs im MOSAIK und seinem Umfeld genutzt wurde. Hier im Artikel wird die Übertragung von Siegfried H. Sichtermann aus dem ''Insel-Verlag'' als Vergleich herangezogen. Bei der [[Fanfiction]]-Geschichte ''[[Die Abrafaxe, und wie Eulenspiegel vorgab, dass er zu Magdeburg von der Laube fliegen wollte]]'' hat die Auswahl von Eulenspiegel-Geschichten aus den ''Magdeburger Sagen'' von Otto Fuhlrott zugrundegelegen. | Übertragungen des Volksbuchs ins Neuhochdeutsche, oft verknüpft mit einer gewissen Überarbeitung, gibt es reichlich. Es ist daher nicht immer ohne weiteres festzustellen, welche von ihnen bei der jeweiligen Umsetzung des Stoffs im MOSAIK und seinem Umfeld genutzt wurde. Hier im Artikel wird die Übertragung von Siegfried H. Sichtermann aus dem ''Insel-Verlag'' als Vergleich herangezogen. Bei der [[Fanfiction]]-Geschichte ''[[Die Abrafaxe, und wie Eulenspiegel vorgab, dass er zu Magdeburg von der Laube fliegen wollte]]'' hat die Auswahl von Eulenspiegel-Geschichten aus den ''Magdeburger Sagen'' von Otto Fuhlrott zugrundegelegen. | ||
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- | MOSAIK [[589]], das erste Heft der [[Jubiläums-Serie]], bietet sechs Eulenspiegel-Streiche, je einen | + | MOSAIK [[589]], das erste Heft der [[Jubiläums-Serie]], bietet sechs Eulenspiegel-Streiche, je einen in [[Magdeburg]] und [[Bayern]] und je zwei in [[Erfurt]] und [[Marburg]], die auf sechs verschiedenen Historien der Vorlage beruhen: Magdeburg, Marburg, [[Pommern]], [[Lübeck]] und zweimal Erfurt. Die grundlegende Struktur der Vorlage wird jeweils beibehalten, doch werden durchaus einige Sachen geändert, gekürzt oder hinzugefügt. Die Auswahl und Reihenfolge der einzelnen Geschichten erfolgte dabei recht frei; d.h. die Reihenfolge im MOSAIK stimmt nicht mit der im ''Kurtzweilig Lesen'' überein. Das ist insofern kein Problem, als die Original-Historien abgesehen von gelegentlichen kurzen Überleitungssätzen nicht aufeinander aufbauen. In der folgenden Besprechung der relevanten Stellen wird chronologisch nach der MOSAIK-Handlung vorgegangen. |
Für die kurze Szene, in der sich Eulenspiegel beim Bergabwandern ärgert und beim Bergaufwandern freut, konnte noch keine Vorlage aus dem ''Kurtzweilig Lesen'' gefunden werden. Diese Geschichte ist aber tatsächlich in diversen Eulenspiegel-Büchern und -Gedichten enthalten. | Für die kurze Szene, in der sich Eulenspiegel beim Bergabwandern ärgert und beim Bergaufwandern freut, konnte noch keine Vorlage aus dem ''Kurtzweilig Lesen'' gefunden werden. Diese Geschichte ist aber tatsächlich in diversen Eulenspiegel-Büchern und -Gedichten enthalten. | ||
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Im MOSAIK erreichen die [[Abrafaxe]] im Jahre 1334 [[Magdeburg]], wo [[Till Eulenspiegel]] gerade auf dem Dach des [[Magdeburger Rathaus|Rathauses]] steht und die Leute unten verhöhnt, da sie geglaubt hätten, er könne fliegen. Sie helfen ihm, den aufgebrachten Bürgern zu entkommen, unter denen sich eine Nebenhandlung um einen [[Boshafter Wurstdieb|Wurstdieb]] entfaltet. | Im MOSAIK erreichen die [[Abrafaxe]] im Jahre 1334 [[Magdeburg]], wo [[Till Eulenspiegel]] gerade auf dem Dach des [[Magdeburger Rathaus|Rathauses]] steht und die Leute unten verhöhnt, da sie geglaubt hätten, er könne fliegen. Sie helfen ihm, den aufgebrachten Bürgern zu entkommen, unter denen sich eine Nebenhandlung um einen [[Boshafter Wurstdieb|Wurstdieb]] entfaltet. | ||
Außer in der hinzugefügten Nebenhandlung mit den verschiedenen Bürgern stimmt das MOSAIK stark mit der Vorlage im ''Kurtzweilig Lesen'' überein. Insbesondere ist Eulenspiegels Spottrede fast 1:1 übernommen worden - abgesehen davon, dass einige Begriffe modernisiert wurden und sich Eulenspiegel statt mit einer Gans mit einem Storch vergleicht. | Außer in der hinzugefügten Nebenhandlung mit den verschiedenen Bürgern stimmt das MOSAIK stark mit der Vorlage im ''Kurtzweilig Lesen'' überein. Insbesondere ist Eulenspiegels Spottrede fast 1:1 übernommen worden - abgesehen davon, dass einige Begriffe modernisiert wurden und sich Eulenspiegel statt mit einer Gans mit einem Storch vergleicht. | ||
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VLenspiegel het groß verlangen gen [[Erfurt|Ertford]] als er die schalckheit zů [[Prag|Brag]] het vß gericht wan er besorgt sich dz sie im nach ylten. Als er nun gen Ertford kam da dan auch ein mercklich grosse vnd berümpte [[Universität Erfurt|vniversitet]] ist. Da selb schlůg Vlenspiegel sein brieff auch an / vnd die [[Erfurter Professoren|Collegaten]] der vniuersitet / hetten vil gehoert von seinen listen / Vnd ratschlůgen was sie im fürgeben moechten / Vff das es inen nit gieng wie den von Brag mit im gangen was / vnd mit schanden bestanden Nun warden sie zů rat / das sie Vlenspiegeln ein Esel in die leer thůn wolten / dan es sein vil Esel zů Erdtfurt alt vnd iung. Sie besanten vlenspiegeln vnd sprachen zů im / magister ir hon kunstliche brieff an geschlagen / dz ir ein yegliche creatur in kurtzen zeiten woellen leeren schreiben vnd lesen / so seind die herren von der vniuersitet hie vnd woellen euch ein [[Lese-Esel|iungen esel]] in die leer thůn / trüwen ir in auch zů leeren. Er sprach ia / aber er müst zeit dazů hon darumb so es ein vnredlich vnd vnuernünfftig creatur wer. Das wurden sie mit im zů friden vff .xx. iar. Vlenspiegel gedacht vnser ist drei / stirbet der Rector / so lig ich frei / stirb dann ich / wer wil mich manen / stirbt dann mein discipel / so bin ich aber ledig / vnd name das an. vnd galt fünff .c. alter schock das zů thun. Des gaben sie im etlich gold daruff. Also nam vlenspiegel den esel an / vnd zoch [[Erfurter Gasthaus|zum Tornen in die herberg]] / da zu der zeit was ein seltzamer [[Erfurter Gastwirt|wirt]]. Also bestalt er einen stall allein für seinen schüler / vnd vberkam ein alten psalter / den leget er im in die kripff / vnd zwischen ieglichs blat legt er haberen des ward der esel innen / vnd warff die bletter mitt dem maul vmbher / vmb des haberns willen / vnd so er dann kein haberen mer fand zwischen den bletteren / so růfft er. I.a. I.a. Da vlenspiegel das merckte von dem esel / da gieng er zů dem Rector vnd sprach. Herr der Rector wann woellen ir eins sehen / was mein schůler macht. Der Rector sprach. Lieber magister will er sich der leeren auch annemen. Vlenspiegel sprach. Er ist vß der maßen von grober art. Vnd ist mir seer schwer in zů leeren. Jedoch so hab ich mit grossem fleiß vnd arbeit darzů gethon / das er etlich bůchstaben / vnd sunderlich etlich vocal kant / vnd nemmen kan. Woellen ir so gon mitt mir so sollen ir das hoeren vnd sehen. Also het der gůt schůler die zeit gefastet / bis vff drei nach mittag. Als Vlenspiegel nun mit dem Rector vnd etlichen magistri kam / da legt er seinem schůler ein nüw bůch fůr. So bald er das in der kripffen fand / da warff er bald die bletter hin vnd her / den habern sůchen / als er nüt fand / da begunde er mit lauter stym zů schryen: I.a.i.a. Da sprach vlenspiegel. Sehen lieber herr die zwen vocal .I. vnd .A. die kan er ietzundt / ich hoff er sol noch gůt werden. Also starb der Rector in kurtzen zeiten / darnach verließ vlenspiegel seinen schůler / vnd ließ in gon / als in sein natur vßweißet. Also zoch Vlenspiegel mit dem vffgenomnen gelt hinweg / vnd gedacht soltu die esel zů Erdtfurt all weiß machen / das würd vil leibs bruchen / er moecht es auch nitt wol thůn / vnd ließ es also bleiben.}} | VLenspiegel het groß verlangen gen [[Erfurt|Ertford]] als er die schalckheit zů [[Prag|Brag]] het vß gericht wan er besorgt sich dz sie im nach ylten. Als er nun gen Ertford kam da dan auch ein mercklich grosse vnd berümpte [[Universität Erfurt|vniversitet]] ist. Da selb schlůg Vlenspiegel sein brieff auch an / vnd die [[Erfurter Professoren|Collegaten]] der vniuersitet / hetten vil gehoert von seinen listen / Vnd ratschlůgen was sie im fürgeben moechten / Vff das es inen nit gieng wie den von Brag mit im gangen was / vnd mit schanden bestanden Nun warden sie zů rat / das sie Vlenspiegeln ein Esel in die leer thůn wolten / dan es sein vil Esel zů Erdtfurt alt vnd iung. Sie besanten vlenspiegeln vnd sprachen zů im / magister ir hon kunstliche brieff an geschlagen / dz ir ein yegliche creatur in kurtzen zeiten woellen leeren schreiben vnd lesen / so seind die herren von der vniuersitet hie vnd woellen euch ein [[Lese-Esel|iungen esel]] in die leer thůn / trüwen ir in auch zů leeren. Er sprach ia / aber er müst zeit dazů hon darumb so es ein vnredlich vnd vnuernünfftig creatur wer. Das wurden sie mit im zů friden vff .xx. iar. Vlenspiegel gedacht vnser ist drei / stirbet der Rector / so lig ich frei / stirb dann ich / wer wil mich manen / stirbt dann mein discipel / so bin ich aber ledig / vnd name das an. vnd galt fünff .c. alter schock das zů thun. Des gaben sie im etlich gold daruff. Also nam vlenspiegel den esel an / vnd zoch [[Erfurter Gasthaus|zum Tornen in die herberg]] / da zu der zeit was ein seltzamer [[Erfurter Gastwirt|wirt]]. Also bestalt er einen stall allein für seinen schüler / vnd vberkam ein alten psalter / den leget er im in die kripff / vnd zwischen ieglichs blat legt er haberen des ward der esel innen / vnd warff die bletter mitt dem maul vmbher / vmb des haberns willen / vnd so er dann kein haberen mer fand zwischen den bletteren / so růfft er. I.a. I.a. Da vlenspiegel das merckte von dem esel / da gieng er zů dem Rector vnd sprach. Herr der Rector wann woellen ir eins sehen / was mein schůler macht. Der Rector sprach. Lieber magister will er sich der leeren auch annemen. Vlenspiegel sprach. Er ist vß der maßen von grober art. Vnd ist mir seer schwer in zů leeren. Jedoch so hab ich mit grossem fleiß vnd arbeit darzů gethon / das er etlich bůchstaben / vnd sunderlich etlich vocal kant / vnd nemmen kan. Woellen ir so gon mitt mir so sollen ir das hoeren vnd sehen. Also het der gůt schůler die zeit gefastet / bis vff drei nach mittag. Als Vlenspiegel nun mit dem Rector vnd etlichen magistri kam / da legt er seinem schůler ein nüw bůch fůr. So bald er das in der kripffen fand / da warff er bald die bletter hin vnd her / den habern sůchen / als er nüt fand / da begunde er mit lauter stym zů schryen: I.a.i.a. Da sprach vlenspiegel. Sehen lieber herr die zwen vocal .I. vnd .A. die kan er ietzundt / ich hoff er sol noch gůt werden. Also starb der Rector in kurtzen zeiten / darnach verließ vlenspiegel seinen schůler / vnd ließ in gon / als in sein natur vßweißet. Also zoch Vlenspiegel mit dem vffgenomnen gelt hinweg / vnd gedacht soltu die esel zů Erdtfurt all weiß machen / das würd vil leibs bruchen / er moecht es auch nitt wol thůn / vnd ließ es also bleiben.}} | ||
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{{zitat|'''Die 29. Historie sagt, wie Eulenspiegel in Erfurt einen Esel in einem alten Psalter lesen lehrte.''' | {{zitat|'''Die 29. Historie sagt, wie Eulenspiegel in Erfurt einen Esel in einem alten Psalter lesen lehrte.''' | ||
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*aus [[Pommern]] wurde [[Bayern]] | *aus [[Pommern]] wurde [[Bayern]] | ||
- | *aus einem Totenkopf wurde ein Herz bzw. ein | + | *aus einem Totenkopf wurde ein Herz bzw. ein fauler Apfel |
*aus St. Brendan (dem Heiligen der Reisenden) wurde der ausgedachte [[Heiliger Malumus|Heilige Malumus]] | *aus St. Brendan (dem Heiligen der Reisenden) wurde der ausgedachte [[Heiliger Malumus|Heilige Malumus]] | ||
*aus dem Seelenheil wurde ein "guter Zweck" | *aus dem Seelenheil wurde ein "guter Zweck" | ||
*aus Ehebrecherinnen wurden Diebe | *aus Ehebrecherinnen wurden Diebe | ||
- | + | Dabei ist es insbesondere schade, dass man auf den [[Irland|irischen]] Seefahrermönch St. Brendan verzichtet hat, denn dieser wäre ein wunderbares Sujet für ein Filmchen in der App ''[[MOSAIK Magic]]'' gewesen. Wenigstens ist der Name des als Ersatz erfundenen Heiligen ein schönes [[Sprechender Name|Wortspiel]], denn [[latein]]isch ''malum'' ist der "Apfel". Vermutlich unbeabsichtig bedeutet ''mālumus'' zudem passenderweise "wir wollen mehr" (1. Person Plural Indikativ von ''malle'' "mehr wollen, bevorzugen"). | |
+ | Am Ende der Episode im MOSAIK bekommt [[Eulenspiegel]] vom [[Geldgieriger Dorfpfarrer|Dorfpfarrer]] als Vorbereitung für die folgende Geschichte ein [[Marienbildnis aus Bayern|Marienbildnis]]. Dieses ersetzt die Gemälde aus [[Flandern]], mit denen er sich in [[Marburg]] beim [[Heinrich II. der Eiserne|Landgrafen]] als Künstler verdingt. | ||
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Für die [[Fanfiction]]-Geschichte ''[[Die Abrafaxe, und wie Eulenspiegel vorgab, dass er zu Magdeburg von der Laube fliegen wollte]]'' von Peter Gräber, die [[2001]] im [[Fanzine]] ''[[Mosa-icke 2]]'' erschien, wurde ebenfalls die ''14. Historie'' genutzt (siehe oben). Diesmal lag die Bearbeitung des Stoffes durch Otto Fuhlrott für seine ''Magdeburger Sagen'' zugrunde. Über 20 Jahre vor MOSAIK [[589]] erschienen, werden hier bereits einige der Ideen vorweggenommen, die dann auch in der [[Jubiläums-Serie]] umgesetzt wurden. | Für die [[Fanfiction]]-Geschichte ''[[Die Abrafaxe, und wie Eulenspiegel vorgab, dass er zu Magdeburg von der Laube fliegen wollte]]'' von Peter Gräber, die [[2001]] im [[Fanzine]] ''[[Mosa-icke 2]]'' erschien, wurde ebenfalls die ''14. Historie'' genutzt (siehe oben). Diesmal lag die Bearbeitung des Stoffes durch Otto Fuhlrott für seine ''Magdeburger Sagen'' zugrunde. Über 20 Jahre vor MOSAIK [[589]] erschienen, werden hier bereits einige der Ideen vorweggenommen, die dann auch in der [[Jubiläums-Serie]] umgesetzt wurden. | ||
- | == | + | == Eulenspiegel im ''König der Spaßmacher'' == |
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{{zitat|'''Die 33. Historie sagt, wie Eulenspiegel in Bamberg um Geld aß.''' | {{zitat|'''Die 33. Historie sagt, wie Eulenspiegel in Bamberg um Geld aß.''' |
Version vom 13:05, 14. Jan. 2025
Ein kurtzweilig lesen von Dyl Vlenspiegel ist ein frühneuzeitlicher Schelmenroman. Es handelt sich um die erste umfangreiche literarische Bearbeitung des Eulenspiegel-Stoffs, wobei mehrere der geschilderten Streiche auf wesentlich frühere, teils antike Wandermotive zurückgehen, die erst später mit der Figur des Till Eulenspiegel verknüpft wurden. Das Kurtzweilig Lesen bzw. eine seiner Übertragungen ins Neuhochdeutsche diente als Vorlage für die diversen Umsetzungen der Eulenspiegel-Abenteuer im MOSAIK und ums MOSAIK herum.
Inhaltsverzeichnis |
Druckgeschichte
Der vollständige Titel des in mittelniederdeutscher Sprache verfassten Volksbuchs lautet Ein kurtzweilig lesen von Dyl Vlenspiegel geborē vß dem land zů Brunßwick. Wie er sein leben volbracht hatt .xcvi. seiner geschichten ("Ein kurzweiliges Lesen von Till Eulenspiegel, geboren aus dem Land zu Braunschweig, wie er sein Leben verbracht hat. 96 seiner Geschichten"). Es erschien zu Beginn des 16. Jahrhunderts in der Druckerei von Hans Grüninger in Straßburg; das genaue Jahr ist nicht bekannt (wohl um 1510/11), die älteste erhaltene Auflage stammt von 1515. Ebenfalls unbekannt ist der Verfasser. Es kommen hierfür sowohl Autoren aus der Gegend von Braunschweig in Frage (Hermann Bote, Hieronymus Brunschwig), als auch solche aus dem Umfeld der Druckerei, inklusive des Druckers selbst (Hans Grüninger, Hermann Buschius, Johannes Adelphus und andere); ohne weiteres denkbar ist auch eine Co-Verfasserschaft mehrerer Autoren.
Das Buch beginnt mit einer Einleitung des anonymen Autors, dann folgen 96 kurze bis sehr kurze Episoden ("Historien", Nr. 42 fehlt allerdings). Diese schildern jeweils einen Streich Eulenspiegels (mit Ausnahme der ersten Historie, die seine Geburt und seine Taufe, und der letzten drei Historien, die Ereignisse nach seinem Tod behandeln). Üblicherweise beginnt jede Episode damit, dass Eulenspiegel, der kreuz und quer durch die Gegend reist, in eine neue Stadt oder ein neues Land kommt und schnell erkennt, wie er die Leute dort übervorteilen oder ihnen sonstige deftige, gerne skatologische Streiche spielen kann. So kommt er u.a. nach Magdeburg, Hildesheim, Nürnberg, Halberstadt, Braunschweig, Lüneburg, Marburg, Erfurt, Sangerhausen, Bamberg, Frankfurt, Quedlinburg, Rostock, Wismar, Berlin, Stendal, Aschersleben, Leipzig, Lübeck, Dresden, Hannover, Bremen, Hamburg, Eisleben, Köln und Mölln, sowie nach Dänemark, Polen, Böhmen (Prag), Pommern, Italien (Rom), Frankreich (Paris) und Belgien (Antwerpen). An manchen Orten erlebt er mehrere Abenteuer hintereinander, manche Orte sucht er in größerem Abstand wiederholt auf.
Eulenspiegel-Streiche, die auch mit anderen Figuren verknüpft werden, sind z.B. die 80. Historie, in der er mit dem Klang von Geld bezahlt (vgl. Hodscha Nasreddin), die 8. Historie, in der er Hühner an kreuzweise verknüpften Stricken fängt (vgl. Max und Moritz, diese beiden, und die arme Witwe Bolte), die 27. Historie, in der sich nur eine Törin zu sagen traut, dass er gar nichts gemalt hat (vgl. Des Kaisers neue Kleider), die 28. Historie, in der er vor einem Gremium von missgünstigen Gelehrten Fragen zur Erde und zum Weltall beantwortet (vgl. erneut Hodscha Nasreddin) und die 32. Historie, in der er einen Steg manipuliert, so dass seine Verfolger in den Burggraben purzeln (vgl. erneut Max und Moritz, gar nicht träge, diesmal vs. Meister Böck).
Übertragungen des Volksbuchs ins Neuhochdeutsche, oft verknüpft mit einer gewissen Überarbeitung, gibt es reichlich. Es ist daher nicht immer ohne weiteres festzustellen, welche von ihnen bei der jeweiligen Umsetzung des Stoffs im MOSAIK und seinem Umfeld genutzt wurde. Hier im Artikel wird die Übertragung von Siegfried H. Sichtermann aus dem Insel-Verlag als Vergleich herangezogen. Bei der Fanfiction-Geschichte Die Abrafaxe, und wie Eulenspiegel vorgab, dass er zu Magdeburg von der Laube fliegen wollte hat die Auswahl von Eulenspiegel-Geschichten aus den Magdeburger Sagen von Otto Fuhlrott zugrundegelegen.
Eulenspiegel in der Runkel- und der Adria-Serie
Bei den diversen Ankündigungen für künftige Abenteuer im MOSAIK, auf den Rückseiten der Runkel-Nachdrucke und zu Beginn von Heft 1/76, wurde auch schon Till Eulenspiegel genannt. Näher wird auf seine Streiche jedoch nicht eigegangen, so dass hierfür sicherlich keine vorherige Lektüre des Volksbuchs nötig war.
Eulenspiegel in der Jubiläums-Serie
MOSAIK 589, das erste Heft der Jubiläums-Serie, bietet sechs Eulenspiegel-Streiche, je einen in Magdeburg und Bayern und je zwei in Erfurt und Marburg, die auf sechs verschiedenen Historien der Vorlage beruhen: Magdeburg, Marburg, Pommern, Lübeck und zweimal Erfurt. Die grundlegende Struktur der Vorlage wird jeweils beibehalten, doch werden durchaus einige Sachen geändert, gekürzt oder hinzugefügt. Die Auswahl und Reihenfolge der einzelnen Geschichten erfolgte dabei recht frei; d.h. die Reihenfolge im MOSAIK stimmt nicht mit der im Kurtzweilig Lesen überein. Das ist insofern kein Problem, als die Original-Historien abgesehen von gelegentlichen kurzen Überleitungssätzen nicht aufeinander aufbauen. In der folgenden Besprechung der relevanten Stellen wird chronologisch nach der MOSAIK-Handlung vorgegangen.
Für die kurze Szene, in der sich Eulenspiegel beim Bergabwandern ärgert und beim Bergaufwandern freut, konnte noch keine Vorlage aus dem Kurtzweilig Lesen gefunden werden. Diese Geschichte ist aber tatsächlich in diversen Eulenspiegel-Büchern und -Gedichten enthalten.
Magdeburg - 14. Historie
Im MOSAIK erreichen die Abrafaxe im Jahre 1334 Magdeburg, wo Till Eulenspiegel gerade auf dem Dach des Rathauses steht und die Leute unten verhöhnt, da sie geglaubt hätten, er könne fliegen. Sie helfen ihm, den aufgebrachten Bürgern zu entkommen, unter denen sich eine Nebenhandlung um einen Wurstdieb entfaltet.
Außer in der hinzugefügten Nebenhandlung mit den verschiedenen Bürgern stimmt das MOSAIK stark mit der Vorlage im Kurtzweilig Lesen überein. Insbesondere ist Eulenspiegels Spottrede fast 1:1 übernommen worden - abgesehen davon, dass einige Begriffe modernisiert wurden und sich Eulenspiegel statt mit einer Gans mit einem Storch vergleicht.
Originaltext im Kurtzweilig Lesen: | Übertragung von Siegfried H. Sichtermann (mit abweichender Historienzählung): | ||
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Erfurt und die Fleischer - 60. Historie
Originaltext im Kurtzweilig Lesen: | Übertragung von Siegfried H. Sichtermann (mit abweichender Historienzählung): | ||
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Erfurt und der Esel - 29. Historie
Originaltext im Kurtzweilig Lesen: | Übertragung von Siegfried H. Sichtermann: | ||
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Bayerisches Dorf (eigentlich: Pommern) - 31. Historie
An dieser Historie wurde fürs MOSAIK so einiges geändert:
- aus Pommern wurde Bayern
- aus einem Totenkopf wurde ein Herz bzw. ein fauler Apfel
- aus St. Brendan (dem Heiligen der Reisenden) wurde der ausgedachte Heilige Malumus
- aus dem Seelenheil wurde ein "guter Zweck"
- aus Ehebrecherinnen wurden Diebe
Dabei ist es insbesondere schade, dass man auf den irischen Seefahrermönch St. Brendan verzichtet hat, denn dieser wäre ein wunderbares Sujet für ein Filmchen in der App MOSAIK Magic gewesen. Wenigstens ist der Name des als Ersatz erfundenen Heiligen ein schönes Wortspiel, denn lateinisch malum ist der "Apfel". Vermutlich unbeabsichtig bedeutet mālumus zudem passenderweise "wir wollen mehr" (1. Person Plural Indikativ von malle "mehr wollen, bevorzugen").
Am Ende der Episode im MOSAIK bekommt Eulenspiegel vom Dorfpfarrer als Vorbereitung für die folgende Geschichte ein Marienbildnis. Dieses ersetzt die Gemälde aus Flandern, mit denen er sich in Marburg beim Landgrafen als Künstler verdingt.
Originaltext im Kurtzweilig Lesen: | Übertragung von Siegfried H. Sichtermann: | ||
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Marburg und die Ahnengalerie - 27. Historie
Originaltext im Kurtzweilig Lesen: | Übertragung von Siegfried H. Sichtermann: | ||
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Marburg und der Prozess (eigentlich: Lübeck) - 58. Historie
Originaltext im Kurtzweilig Lesen: | Übertragung von Siegfried H. Sichtermann (mit abweichender Historienzählung): | ||
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Eulenspiegel im Mosa-icke
Für die Fanfiction-Geschichte Die Abrafaxe, und wie Eulenspiegel vorgab, dass er zu Magdeburg von der Laube fliegen wollte von Peter Gräber, die 2001 im Fanzine Mosa-icke 2 erschien, wurde ebenfalls die 14. Historie genutzt (siehe oben). Diesmal lag die Bearbeitung des Stoffes durch Otto Fuhlrott für seine Magdeburger Sagen zugrunde. Über 20 Jahre vor MOSAIK 589 erschienen, werden hier bereits einige der Ideen vorweggenommen, die dann auch in der Jubiläums-Serie umgesetzt wurden.
Eulenspiegel im König der Spaßmacher
Die 33. Historie sagt, wie Eulenspiegel in Bamberg um Geld aß.
Als Eulenspiegel von Nürnberg kam, verdiente er mit List einmal Geld in Bamberg. Er war sehr hungrig und kam in einer Wirtin Haus, die hieß Frau Küngine. Sie war eine fröhliche Wirtin und hieß ihn willkommen, denn sie sah an seinen Kleidern, daß er ein seltsamer Gast war. Als man morgens essen wollte, fragte ihn die Wirtin, wie er es halten möchte: ob er ein vollständiges Frühstück einnehmen oder nur einzelne Kleinigkeiten essen wolle. Eulenspiegel antwortete, er sei ein armer Gesell und bitte sie, ihm etwas um Gottes Lohn zu essen zu geben. Die Wirtin sprach: »Freund, an den Fleisch- und Brotbänken gibt man mir nichts umsonst, ich muß Geld dafür zahlen. Darum muß ich für das Essen auch Geld bekommen.« Eulenspiegel sagte: »Ach, Frau, es dient auch mir wohl, um Geld zu essen. Um was oder um wieviel soll ich hier essen und trinken?« Die Frau sprach: »An der Herren Tisch um 24 Pfennige, an dem Tisch daneben um 18 Pfennige und mit meinem Gesinde um 12 Pfennige.« Darauf antwortete Eulenspiegel: »Frau, das meiste Geld dient mir am allerbesten.« Und er setzte sich an die Herrentafel und aß sich sogleich satt. Als er fertig war und gut gegessen und getrunken hatte, sagte er zur Wirtin, sie möge ihn abfertigen; er müsse wandern, denn er habe nicht viel Reisegeld. Die Frau sprach: »Lieber Gast, gebt mir das Essensgeld, 24 Pfennige, und geht, wohin Ihr wollt, Gott geleite Euch!« »Nein«, sagte Eulenspiegel. »Ihr sollt mir 24 Pfennige geben, wie Ihr gesagt habt. Denn Ihr spracht, an der Tafel esse man das Mahl um 24 Pfennige. Das habe ich so verstanden, daß ich damit Geld verdienen sollte, und es wurde mir schwer genug. Ich aß, daß mir der Schweiß ausbrach und als ob es Leib und Leben gegolten hätte. Mehr hätte ich nicht essen können. Darum gebt mir meinen sauer verdienten Lohn.« »Freund«, sprach die Wirtin, »das ist wahr: Ihr habet wohl für drei Mann gegessen. Aber daß ich Euch dafür auch noch lohnen soll, das reimt sich nicht zusammen. Doch ist es mir nicht um diese Mahlzeit zu tun, Ihr mögt damit hinweggehen. Ich gebe Euch aber nicht noch Geld dazu, denn das wäre verloren; doch begehre ich auch kein Geld von Euch. Kommt mir aber nicht wieder her! Denn sollte ich meine Gäste das Jahr über also speisen und nicht mehr Geld einnehmen als von Euch, so müßte ich auf solche Weise von Haus und Hof lassen.« Da schied Eulenspiegel von dannen und erntete nicht viel Dank. |
Externe Verweise
Das Kurtzweilig Lesen diente als Vorlage für folgende Publikationen
Mosaik ab 1976: 589 Fanfiction: Der König der Spaßmacher, Die Abrafaxe, und wie Eulenspiegel vorgab, dass er zu Magdeburg von der Laube fliegen wollte