Sklaven-Express
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Der Sklaven-Express ist eine Geheimorganisation zur Rettung entflohener Sklaven in der Digedags-Amerika-Serie des Mosaik von Hannes Hegen.
Inhaltsverzeichnis |
Der Sklaven-Express im Mosaik - Irrungen und Wirrungen
Nach ihren merkwürdigen Erlebnissen auf der Reiherinsel glauben die Digedags, auf der Spur von höchst gefährlichen Übeltätern zu sein. Sie halten den freundlichen Jeremias Joker für einen Mississippi-Piraten, einen abgefeimten Schurken, der seinen üblen Charakter und seine verbrecherischen Aktivitäten hinter einer gutbürgerlichen Fassade scheinheilig verbirgt. Und die Familie steckt womöglich mit Joker unter einer Decke! Diese schwere persönliche Enttäuschung irritiert die Digedags so stark, dass sie die wirklichen Mississippi-Piraten nicht erkennen, als sie ihnen begegnen. Sie glauben, der Prediger Coffins, Doc Tombstone und Piraten-Jack seien Aktivisten des Sklaven-Express', einer Fluchthilfe-Organisation für entlaufene Sklaven.
Die Digedags haben als aufmerksame Reporter selbstverständlich schon von dieser Organisation gehört und sie sind begeistert, als sie selbst mithelfen können. So schicken sie denn auch den entlaufenen Sklavenjungen Ben in die doch recht zwielichtige Kaschemme "Billy's Saloon", die laut Coffins ein Anlaufpunkt für den Express ist. Dort erlebt Ben eine höchst unangenehme Überraschung.
Gleichwohl können die Digedags das Schicksal mit Unterstützung der Jokers zu ihren Gunsten wenden: Sie entkommen den Piraten, retten Ben und bringen ihn auf die Mississippi-Queen, die im Auftrage des Sklaven-Express' in den Norden fährt. Danach machen sich die Digedags auf die Reise in die Rocky Mountains, um das Rätsel der Goldmine bei der Stadt des Schweigens zu lösen.
Das Ende des Sklaven-Express' am Mississippi
Die Story von den Goldfunden in den Rocky Mountains hat den Digedags unerwünschtes Interesse verschafft. In New Orleans versucht man fieberhaft, ihren Aufenthaltsort festzustellen, und genau zu dieser Zeit kommt Coffins wieder in die Stadt. Er erkennt sofort seine Chance und versucht, die Digedags mit seinem Wissen über den Sklaven-Express zu erpressen. Guter Rat ist nun teuer, doch Joker erweist sich als schnell reagierender, vorausschauender Mann: Er beschließt, die Organisation aufzulösen und sich in den Norden zurückzuziehen. Coffins tobt, als er seinen Plan gescheitert sieht, rüstet die Louisiana zum Kriegsschiff auf und zieht gegen die Joker-Farm. Die Jokers und ihre Freunde werden jedoch rechtzeitig gewarnt - das Nachrichtensystem des Express' funktioniert noch immer: Das Einsatzgespräch auf der Brücke der Louisiana wird belauscht und eine schriftliche Nachricht geht über den weißen (!) Bauchladenverkäufer Jimmy, den ebenfalls weißen Schuhputzer Davy und Daddy Dicks Täuberich Salomo unverzüglich auf die Joker-Farm.
Dort hat man sich inzwischen gut vorbereitet: Aus der Mississippi-Queen ist durch starke Holzplatten ein ernstzunehmendes Panzerschiff geworden. Die folgende Schlacht auf dem Wasser kann die Queen für sich entscheiden, ihr Rammsporn bereitet der Louisiana ein ruhmloses Ende und schickt sie auf den schlammigen Grund des Mississippi. So muss der Express seine Arbeit hier zwar einstellen (die Joker-Farm wird im Nachhinein von Coffins, dem Komitee zur Rettung der Südstaaten und einem wütenden Mob aus Turtleville niedergebrannt), doch immerhin erleiden die Sklavenhalter eine empfindliche Niederlage. Deswegen dürfte auch der von Coffins verfasste "stählerne" Kampfbericht für den New Orleans Courier ungedruckt bleiben, was von der Mosaik-Forschung tief bedauert wird: Die ursprünglich seitenlange Dichtung ist leider nur sehr bruchstückhaft überliefert.
Ein Goldschatz für den Express
Nachdem die Digedags und die Jokers am Mississippi nicht mehr für den Sklavenexpress arbeiten können, beschließen sie, die Goldmine in der Stadt des Schweigens zugunsten des Express' auszubeuten. Da sich dieses Vorhaben jedoch nach ihrer Ankunft am See des Schweigens als nicht durchführbar herausstellt, erzählt ihnen Häuptling Rote Wolke vom im See versenkten Schatz der Tolteken. Die Bergung des Schatzes, für den nun eine lange Reise beginnt, gelingt. Die Digedags wollen die Goldfiguren im Osten der USA verkaufen. Unter permanenten Verwicklungen und Diebstahlsversuchen reisen sie zunächst nach San Francisco, danach in Richtung Panama und besteigen in Aspinwall endlich ein Schiff nach New York. Unterwegs kommen allerdings die Digedags abhanden und der Schatz wird unterdessen von Jeremias Joker allein nach New York gebracht. Die Digedags können erst nach einem Abenteuer bei den seltsamen Flibustier nachreisen. Dass der Sklaven-Express in anderen Regionen der USA durchaus weiter "rollt", erfährt man, als die Digedags in Heft 209 durch Florida reisen: Der für die Pensacola-Bahn arbeitende Bahnwärter Samuel hat geheime Verbindungen zum Express. Vermutlich versteckt er flüchtige Sklaven auf seiner Bahnstation und schickt sie dann per Bahn nach Norden. Mitten im beginnenden Sezessionskrieg treffen die Digedags endlich in New York ein. Nach vielen vergeblichen Anläufen gelingt es ihnen schließlich, den Toltekenschatz an den Mineralwassermillionär Sprinkle zu verkaufen. Mit dem Erlös kann der Express ein Regiment finanzieren, das aus ehemaligen Sklaven besteht. Auch mit ihrer Hilfe gelingt es, den Sezessionskrieg zu gewinnen und dadurch die Sklaverei abzuschaffen.
Der wirkliche Sklaven-Express und seine Darstellung im Mosaik
So wie im Mosaik beschrieben, dürfte der Sklaven-Express – bzw. sein historisches Vorbild, die Underground Railroad - tatsächlich gearbeitet haben. Wie im Mosaik gezeigt, war die im Jahre 1838 gegründete, konspirativ arbeitende Organisation sorgfältig strukturiert und sehr effizient. Sie arbeitete mit geheimen Treffpunkten (wie der Reiherinsel), geheimen Zeichen und Parolen (wie der Frage nach einer Fahrkarte für den Express in Billy’s Saloon) und mit Vorkehrungen für Notfälle (wie dem ständig auf der Joker-Farm in Bereitschaft liegenden Segelboot). Die Helfer betreuten jeweils einzelne Abschnitte der Fluchtroute und kannten meist nur die unmittelbaren Anschluss-Partner (so wird Ben in St. Louis von anderen Helfern erwartet, während die Mississippi-Queen zurück in den Süden fährt).
Der Sklaven-Express wurde von Abolitionisten betrieben. Sie wollten keine allmähliche Lösung der Sklaven-Frage, sondern die schnelle, vollständige Abschaffung der Sklaverei. Die Bewegung hatte nicht zuletzt durch die Veröffentlichung der Erzählung „Onkel Toms Hütte“ von Harriet Beecher-Stowe (1851/1852) enorm an gesellschaftlicher Bedeutung gewonnen.
Die inhaltliche Gestaltung der Amerika-Serie gehört zu den politisch interessantesten Aspekten der Geschichte des Mosaik, weil unter anderem die US-amerikanische Bürgerrechtsbewegung der sechziger Jahre des 20. Jahrhunderts reflektiert wird. Die Story um den entlaufenen Sklaven Ben und die Familien Joker und Morris passte hervorragend in das in der DDR in den sechziger und siebziger Jahren gepflegte Geschichtsbild. Die DDR-Führung versuchte, den real existierenden Sozialismus in die Nachfolge „progressiver“ Bewegungen der Vergangenheit zu stellen. Zu diesen Traditionen gehörten auch die Sklavenbefreiung in den USA, der Freiheitskampf der indianischen Ureinwohner - übrigens auch der Aufstand des Spartacus im antiken Rom und die europäischen Bauernerhebungen im 16. Jahrhundert. Die mit dieser Traditionssuche verbundene „Erbe“-Diskussion gehörte zu den wichtigsten, folgenreichsten und heute zu Unrecht unterschätzten gesellschaftlichen Auseinandersetzungen in der DDR-Gesellschaft. Sie begründete die zumindest teilweise Rehabilitation der historischen Wissenschaften, die in den fünfziger und sechziger Jahren stark zurückgedrängt und reglementiert worden waren.
Externe Links
Der Sklaven-Express verkehrt in folgenden Mosaikheften
152, 153, 154, 155, 156, 157, 158, 159, 160, 161, 162, 163, 178, 179, 180, 209 (erwähnt)