Wilhelm der Schwarze

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Wilhelm der Schwarze wird in der Jubiläums-Serie des Mosaik ab 1976 erwähnt. Er ist eine Fantasiefigur, dürfte aber wohl eine Anspielung auf Landgraf Wilhelm II. den Mittleren (1469-1509) aus dem Haus Hessen darstellen, und zwar bereits in der Vorlage für die Passage im MOSAIK, dem Volksbuch von Till Eulenspiegel aus dem frühen 16. Jahrhundert.

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Inhaltsverzeichnis

Erwähnung im MOSAIK

In Heft 589 nimmt Till Eulenspiegel den Auftrag an, die Wände des großen Saales im Marburger Schloss mit einer Ahnengalerie der Familie des Landgrafen zu schmücken. Lieber verprasst er jedoch die Anzahlung im Wirtshaus und muss schließlich kurz vor knapp improvisieren, als der Landgraf das Werk irgendwann zu besichtigen wünscht. Till lässt sich von Brabax aus einem Geschichtsbuch eine Reihe von Vorfahren des Landgrafen vorlesen und setzt diese in der "neuen Art, wie sie in London und Paris längst Mode ist" (d.h. als bunte Strichmännchen), als Wandgemälde um.

Zu diesen Vorfahren gehören u.a. Wilhelm der Schwarze und sein Sohn Ludwig der Fromme. Auf diese beiden - bzw. ihre Darstellung als Krakeleien - weist Eulenspiegel den Landgrafen gesondert hin, als er ihm sein "Werk" zeigt, und lässt sich bestätigen, dass sie ausnehmend gut getroffen seien. Der Landgraf, der angesichts der "modernen Kunst" nicht als Banause gelten mag, stimmt begeistert zu. Betrüblicherweise fliegt die Eulenspiegelei dann doch auf, denn zum Gefolge des Landgrafen zählt ausgerechnet der Bürgermeister von Magdeburg, der den Schalk nur zu gut kennt.

Hintergrund im Kurtzweilig Lesen

Die Szene basiert auf der 27. Historie im Volksbuch Ein kurtzweilig lesen von Dyl Vlenspiegel aus dem frühen 16. Jahrhundert (entstanden ca. 1510), welche wiederum aus dem Narrenroman vom Pfaffen Amis aus dem 13. Jahrhundert übernommen worden war. Während der Pfaffe noch angeblich Szenen aus dem Alten Testament mit König David und seinen Söhnen Salomo und Absalom, die Kämpfe zwischen Alexander dem Großen und den Königen Dareios von Persien und Poros von Indien sowie den Turmbau zu Babel für den König von Frankreich bebilderte, erfanden der oder die Autoren des Eulenspiegel-Volksbuchs für die vorgebliche Ahnengalerie eine ganz neue Gruppe von Figuren, angefangen bei Kaiser Justinian und einem Columneser aus Rom. Bis auf einen "Vorfahren" - Adolfus - haben sie alle es ins MOSAIK geschafft; die mit ihnen verknüpften Anspielungen des Volksbuchs werden im Artikel zum Haus Hessen ausführlich besprochen.

Vermutliche Anspielung

Von speziellem Interesse sind dabei die als Vater und Sohn bezeichneten Landgrafen "Wilhelm der Schwarze" und "Ludwig der Fromme". Wenige Jahre vor Erscheinen des Kurtzweilig Lesen, im Jahre 1509, war Landgraf Wilhelm II. der Mittlere von Hessen verstorben. Dieser hatte im Jahre 1500 die bis dahin geteilten hessischen Ländereien wieder vereint, war aber danach an Syphilis erkrankt und versank allmählich im Wahnsinn. Seine Berater schlossen ihn in den letzten Jahren seines Lebens in einem fensterlosen Raum ein, wo er ohnmächtig gegen sie wütete. Angesichts der zeitlichen Nähe dieser Ereignisse zur Veröffentlichung des Eulenspiegel-Volksbuchs dürfte es sich bei dem fiktiven "Wilhelm dem Schwarzen" um einen satirischen Seitenhieb auf den umnächtigten Wilhelm den Mittleren handeln.

Das wird zusätzlich dadurch gestützt, dass sich der Vater Wilhelms des Mittleren, Landgraf Ludwig II. der Freimütige (1438-1471), durch einen höchst unfrommen Lebenswandel ausgezeichnet hatte - Kämpfe gegen das Bistum Paderborn und acht außereheliche Kinder mit seiner Mätresse. Dieser dürfte mit "Ludwig dem Frommen" im Kurtzweilig Lesen karikiert worden sein, der dort der Sohn "Wilhelms des Schwarzen" ist; dass es mit Kaiser Ludwig I., dem Sohn Karls des Großen, tatsächlich einst einen bedeutenden Ludwig mit dem Beinamen der Fromme gegeben hatte, ist natürlich das Tüpfelchen auf dem i.

Natürlich lebten Ludwig der Freimütige und Wilhelm der Mittlere lange nach Landgraf Heinrich dem Eisernen, dem ihre Karikaturen als Vorfahren angedichtet wurden. Die satirische Darstellung im Kurtzweilig Lesen kann man sich vielleicht am ehesten so vorstellen, als ob ein heutiger Komiker ein Buch über Bismarck schriebe, in dem diesem eine Ahnmutter Angela die Raute mit ihren Söhnen Helmut dem Dürren und Gerhard dem Russen angedichtet würde.

Wilhelm der Mittlere war zweimal verheiratet. Seine erste Frau Jolanthe aus dem Haus Vaudemont, die Schwester des Herzogs von Lothringen, war 1500 verstorben. Er heiratete daher als zweites Anna von Mecklenburg, die ihm u.a. den erhofften Erben schenkte, den später berühmten Landgrafen Philipp den Großmütigen (1504-1567).

Externer Verweis

Wilhelm der Schwarze wird in folgendem Mosaikheft erwähnt

589