Indien - Jahrtausende und Gegenwart
Aus MosaPedia
Indien - Jahrtausende und Gegenwart ist ein Sachbuch, das verschiedene Texte der russischen Ethnologin Natalja Romanovna Guseva vereint. Es erschien 1978 in der ersten und 1985 in der zweiten Auflage im Gustav Kiepenheuer Verlag Leipzig und enthält neben einer ausführlichen Darstellung der indischen Kultur, Geschichte und Religion 111 bzw. 150 Fotos und zahllose Schwarz/Weiß-Abbildungen von Bauwerken, Kunstwerken und Menschen Indiens. Die zweite Auflage - im folgenden kurz Indien genannt - diente nachweislich als Quelle für die Alexander-Papatentos-Serie des Mosaik ab 1976 (speziell für die Kapitel "Der kleine Wundermann" und "Die goldene Säule") und befindet sich noch immer im Verlagsarchiv. Doch auch mehrere Fotos aus der ersten Auflage - im folgenden Indien 1 - fanden im MOSAIK Verwendung.
Inhaltsverzeichnis |
Indien - Jahrtausende und Gegenwart als Quelle für das MOSAIK
Das Mosaikkollektiv nutzte einige Abbildungen von Indien als Vorlagen für die Zeichnungen von Bauwerken in der Alexander-Papatentos-Serie.
Für die Bildrezeption wurden die ausgewählten Originalbilder nie haargenau übernommen. Sie wurden kreativ variiert, können ihr Vorbild aber trotzdem nicht verbergen. Andererseits dürfte es noch weitere Einflüsse geben, die nicht durch ein simples Nebeneinanderstellen der fraglichen Bilder erkennbar sind. Man kann davon ausgehen, dass sich die Zeichner bei der Formgebung einzelner Objekte, bei Mustern und Ornamenten auf Stoffen, bei Körperhaltungen von Skulpturen etc. von den Abbildungen in Indien inspirieren ließen.
Abgesehen von der visuellen Rezeption ist es möglich, dass sich der künstlerische Leiter Lothar Dräger einige Anregungen für die Handlung aus Indien holte.
Falls nicht anders angegeben, beziehen sich die folgenden Angaben auf die zweite Auflage von 1985.
Bildrezeption im Kapitel um den Schild des Poros
Die Sarifrau
In Heft 8/84 läuft auf S. 15 eine Frau mit ihren Kindern an dem Käfigwagen vorbei, in dem die Abrafaxe eingesperrt sind. Sie ist nur einmal und nur von hinten zu sehen und trägt einen bemerkenswert liebevoll gezeichneten Sari. Die Vorlage für diese Darstellung findet sich in Indien 1 in Abb. 57.
Der Tempelbezirk im Dschungel
Bei ihrer Ankunft in der Hauptstadt der Amazonen erreichen Alexander Papatentos und die Abrafaxe zunächst einen halb verfallenen, von Dschungelpflanzen überwucherten Tempelbezirk (Heft 10/84, S. 12/13). Dieses beeindruckende Panorama ist vermutlich von verschiedenen Vorlagen inspiriert worden, nicht zuletzt von Angkor Wat. Die viereckige Stele in der linken Bildhälfte jedenfalls stammt aus dem berühmten Kailasanatha-Felsentempel in Ellora, einem der atemberaubensten Beispiele früher indischer Baukunst. Diese Säule ist auch in Indien 1 auf der Abb. 82 zu finden, von wo sie ihren Weg ins MOSAIK fand.
Zunächst die beiden Bilder im Überblick:
Und nun zum Vergleich die beiden Säulen einzeln. Man beachte auch die identische Bruchlinie im Sockel...
Bildrezeption im Kapitel um den kleinen Wundermann
Der Tempel in der orissanischen Hafenstadt
Die erste Übernahme eines Motivs aus der zweiten Auflage von Indien findet sich in Heft 8/86 auf dem oberen Panel der Seite 9 in Gestalt eines großen Tempels in der Hauptstadt von Orissa. Trotz kleinerer Veränderungen, die der Mosaikkünstler Egon Reitzl vorgenommen hat, sieht man deutliche Übereinstimmungen zum Tempel in Baroli aus Rajastan, der in Indien auf einer prachtvollen Doppelseite (Bild 86) abgebildet ist. Sogar die Perspektive ist fast die gleiche.
Im selben Panel sieht man im Hintergrund einen weiteren Tempel ganz anderer Bauart. Das Vorbild hierfür stammt ebenso aus Indien. Es handelt sich um den Lingaraja-Tempel aus Bhuvaneshwar in Orissa, der auf Bild 88 zu sehen ist. Man hat sich hier also sogar eines Vorbildes bedient, welches tatsächlich der Region entstammt. Beide Tempeltürme haben die gleiche Anzahl von Geschossen.
Der Bettelmönch
Im Heft 10/86 tritt ein Sannyasi auf, der Alishas Tochter mit einer Perle heilt, die ihm der Brahmane besorgt. Als Vorlage für diese Figur könnte ein auf Bild 132 in Indien abgebildeter Wanderpriester (Sadhu) gedient haben. Es gibt etliche Gemeinsamkeiten: die langen schwarzen Haare, der Bart, das Tuch um die Stirn, die Ketten um den Hals, das Perlenarmband um den Oberarm und das Wickeltuch um die Hüfte.
Bildrezeption im Kapitel um die goldene Säule
Die Goldene Säule an sich
Die Goldene Säule, um die sich die Handlung dieser Serie dreht, ist von der so genannten Eisernen Säule aus der Quwwatu'l-Moschee in Delhi inspiriert. Deren Aussehen kann man der Abbildung 111 von Indien 1 entnehmen.
Pavillion in Orissa
In Orissa laufen die Abrafaxe und der Brahmane zufällig an einem kleinen Pavillion vorbei (1/87). Dieser könnte nach Bild 48 in Indien gestaltet sein.
Der Bettler
Nur zwei Seiten später, Abrax und Brabax verfolgen mittlerweile den Spion Krishna Ghaunars, begegnet ihnen ein alter Bettler, dessen Vorbild in Abbildung 133 aus Indien zu erkennen ist. Es gibt zahlreiche Gemeinsamkeiten: der Napf in der Hand, der Stock in der anderen, der weiße Bart, der ähnliche Turban und das lange Gewand. Der Mosaikkolorist hat die Figur lediglich ein wenig farbiger gestaltet.
Kuppelbauten in Orissa
Auf dem Titelbild von Heft 2/87 sind die Silhouetten zweier Kuppelbauten zu sehen. Als Vorbilder dafür könnten durchaus vergleichbare Gebäude aus Indien gedient haben. Festzustellen bleibt jedoch, dass solche Kuppelbauten in der Regel Moscheen bzw. Mausoleen (z.B. das Taj Mahal) der moslemischen Herrscher sind und mithin im Orissa des 13. Jahrhunderts eigentlich nicht zu finden wären.
Alex' Schildkröte
Die Superriesenschildkröte, die Alexander Papatentos zur Dschungeldurchquerung nutzt, ist mit einer ganzen Reihe von Rosetten geschmückt. Derartige Blumen- und Tierrosetten sind auch in Indien dutzendweise zu sehen und könnten deshalb in diese Zeichnung eingeflossen sein. Ein paar Beispiele solcher Rosetten sind hier zu sehen.
Die Zitadelle von Bolangir
Die Zitadelle von Bolangir aus 8/87 und ihr mutmaßliches Vorbild mögen auf den ersten Blick noch wenige gemeinsam haben. Wenn man aber einzelne Gebäudeteile der Vorlage von Abbildung 19 in Indien mit der Zitadelle vergleicht, wird man zu einem anderen Urteil kommen. Die Vorlage wurde nämlich nicht eins zu eins übernommen, sondern nur einzelne Elemente davon. Diese wurden schließlich zu einem neuen harmonischen Ganzen zusammengefügt.
Die erste Gemeinsamkeit, die sofort auffällt, ist die Lage direkt am Wasser
Zunächst die beiden Ecktürme. Ihre beiden Vorbilder finden sich nur wenig verändert auch an der Zitadelle von Bolangir.
Der Vorbau in der Mitte der Zitadelle findet sich ähnlich auch bei der Vorlage.
Gebäude in Bolangir
In den Heften 11/87 und 12/87 sieht man im Hintergrund ein sehr charakteristisches Gebäude. Auch hierfür stammt die Vorlage fast sicher aus Indien. Insbesondere die einzigartige Dach- und Giebelgestaltung des Hauses lässt fast keinen Zweifel daran, das Vorbild dieser Zeichnung im Bild 91 zu sehen. Allerdings handelt es sich beim Vorbild, anders als im MOSAIK, um einen Tempel, der aus dem gewachsenen Granit gemeißelt wurde
Audienzhalle des Königs von Orissa
Für die Audienzhalle des Königs von Orissa in Heft 12/87 könnte evt. Bild 13 aus Indien als Inspiration gedient haben (das Bild ist auch auf dem Titelbild des Buches zu sehen). Es zeigt die öffentliche Audienzhalle (Diwan-i-Am) im Roten Fort von Delhi. Hier wurden insbesondere die mehrfach geschwungenen Gewölbe zwischen den Säulen übernommen
Mögliche inhaltliche Inspiration
Inwieweit der umfangreiche Text von Indien als Inspiration für die Mosaikhandlung diente, muss zur Zeit offen bleiben. Die Beschreibung der schwarzen Göttin Kali oder der Götter Durga und Bhima, sowie des Diwali-Festes, mit dem Brauch Öllämpchen dem Wasser zu übergeben, deuten jedoch darauf hin.
Literatur
- Natalja Romanovna Guseva, Indien - Jahrtausende und Gegenwart, Leipzig und Weimar 1978 (1. A.) und 1985 (2. A.)