Mechthilds Visionen

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Mechthilds Visionen sind Prophezeiungen in der Johanna-Serie des Mosaik ab 1976. Sie stammen von Schwester Mechthild, einer der Nonnen von St. Marien, und treffen alle zu.

Inhaltsverzeichnis

Die einzelnen Visionen

Die Visionen treten schubweise auf und sind hier der Übersicht halber durchnummeriert. Zwischen diesen Schüben kann man sich mit Mechthild auch normal unterhalten.

Erster Schub

Am Tage der geheimnisvollen Ankunft der Abrafaxe im Kloster Helfta wird Mechthild von besonders schweren Visionen heimgesucht. Die erste dieser Prophezeiungen lautet:

Und siehe, da kamen drei tapfere Ritter aus Jerusalem und mit ihnen zog das Heil bei uns ein ... (I.1)

In der Tat kreuzen die Abrafaxe just in jenem Moment in Mechthilds Kammer auf, als die Mutter Oberin dort nach dem Rechten sehen will und Zeuge dieser Vorhersage geworden ist. Die Oberin glaubt die Visionen ihrer Schwester auf sich selbst übergegangen und fällt in Ohnmacht. Mechthild kommentiert das später so:

Siehe, ich gebe dir meine Augen, dass du mit ihnen alle Dinge sehest, und meine Ohren, dass du mit ihnen alle Dinge vernehmest. (I.2)

Als die Oberin kurz darauf erneut ihre Sinne verliert, paraphrasiert Mechthild zunächst ihre Prophezeiung von den drei Rittern aus Jerusalem:

Drei an der Zahl aus der Heiligen Stadt - weilen sie unter uns, wird es uns nicht am Segen mangeln ... (I.3)

... um darauf aber etwas konkreter zu werden:

Milch und Honig werden fließen, solange sie unter uns weilen! Haltet sie fest ... (I.4)

Das ist dann zuviel für sie und sie sinkt neben ihrer Schwester, der Oberin, nieder.

Unter den anderen Nonnen entbrennt nun eine lebhafte Diskussion, inwieweit man den Visionen trauen könne und wie sie zu interpretieren seien. Insbesondere als die Abrafaxe wahrheitswidrig behaupten, nicht aus Jerusalem zu stammen, sondern die erwarteten drei Merseburger Soldaten zu sein, muss man sich wohl oder übel damit abfinden, dass Mechthilds Visionen eher mystischer Natur sind und leider nicht zwangsläufig das Schlaraffenland auf Erden künden.

Zweiter Schub

Um die offenbar kränkliche Oberin heilen zu können, wollen Johanna und die Abrafaxe zum Doctor Porcellus reisen, um von ihm Rosmarinblüten für Califax' Rosmarinextrakt zu besorgen. Kurz vor dem Aufbruch hat Mechthild eine neue Vision:

Wahrlich, ich sage Euch: Die Jüngste wird unsere Älteste sein und sie wird erhoben werden über uns. (II)

Schwester Adelheid bezieht das auf sich; in Wirklichkeit ist natürlich Johanna gemeint, die später als Gertrud von Helfta Äbtissin von St. Marien sein wird. Mechthild gibt Johanna auch noch ein geheimnisvolles Päckchen mit, das diese erst in höchster Gefahr öffnen dürfe (wie sich später herausstellt, enthält es ein Hirschenthaler Amulett, beweist also Johannas/Gertruds Herkunft aus diesem Grafenhaus).

Dritter Schub?

Später gibt Mechthild noch manche Weisheit von sich, wobei nicht ganz klar ist, ob es sich dabei auch um Visionen oder einfach um christliche Lebensklugheit handelt:

Dem Verstand ist manches verborgen, das dem glaubenden Herzen sichtbar ist. (III)

Vierter Schub

Anlässlich der Rückkehr von Johanna und den Abrafaxen ins Kloster wird Mechthild von neuerlichen Visionen heimgesucht. Im Gegensatz zu den früheren Schüben redet sie nun nicht mehr nur in Prosa, sondern auch mal in Holperversen:

Aus der heiligen Stadt sind sie gekommen.
Sind durch die Zeit zu uns geschwommen.
Wie sie kamen, so werden sie gehen.
Niemals wieder werden wir sie sehen. (IV.1)

Nah ist die Stunde, wo die Wege sich teilen.
Sie müssen gehen, dürfen nicht verweilen.
Die Wege des Herrn, wir kennen sie nicht.
Doch über allem brennt ewiges Licht. (IV.2)

Dann legt sie sich erschöpft nieder; Califax sorgt sich zwar um sie und will ihr einen Melissenumschlag machen, doch findet die Oberin das nicht nötig. Anschließend wird von den Zeugen der Vision noch über die Bedeutung von "heilige Stadt" debattiert - die Oberin vermutet Rom, Brabax berichtigt zu Jerusalem (hätte die Oberin bei den früheren Erscheinungen ihrer Schwester besser zugehört, wüsste sie das selbst).

Ein letztes Gesicht, diesmal wieder ungereimt, übermannt Mechthild kurz vor dem Abschied der Abrafaxe. Ob es sich auf den baldigen Zeitsprung bezieht, der wie immer in letzter Zeit von Lichteffekten begleitet wird, oder mehr im übertragenen Sinne auf Johanna, die ins Kloster eingetreten ist, bleibt im Ungefähren.

Und siehe: Als die Zeit gekommen war, erschien ein Licht, das Rettung versprach. (IV.3)

Kleine Analyse

Mechthilds Visionen sind stilistisch erfreulich vielfältig. Soweit überschaubar, kann man drei Kategorien unterscheiden: Biblischer Stil (Visionen I.1, I.2, I.4, II, IV.3), Reimstil (IV.1, IV.2), Sonstige (I.3, III). Die Biblische Kategorie lässt sich nochmal unterteilen in die "Siehe"-Gruppe (Visionen I.1, I.2, IV.3), die "Milch-und-Honig-Gruppe" (I.4) und die "Wahrlich"-Gruppe (II).

Und siehe!

Die Visionen der "Siehe"-Gruppe (I.1, I.2, IV.3) werden mit der Floskel "Siehe" bzw. "Und siehe" eingeleitet. Vorbild dafür ist eine häufige Wendung in der Bibel nach Luther. Luthers Übersetzung "(Vnd) sihe" gibt das hebräische "(we) hine" ["הִנֵּ" / "וְהִנֵּ"] bzw. das griechische "(kai) idou" ["(καὶ) ἰδοὺ"] wieder.

Beispiel für das Alte Testament:

Und ihm träumte; und siehe, eine Leiter stand auf der Erde, die rührte mit der Spitze an den Himmel, und siehe, die Engel Gottes stiegen daran auf und nieder [...] (1. Mose 28.12)

Beispiel für das Neue Testament:

Oder wie darfst du sagen zu deinem Bruder: Halt, ich will dir den Splitter aus deinem Auge ziehen, und siehe, ein Balken ist in deinem Auge? (Matthäus 7.4)

Zwei der Visionen verdienen noch nähere Betrachtung. Zunächst I.2. Der Spruch von ihren Ohren und Augen, die Mechthild ihrer Schwester durch ihre Visionen verleihen würde, damit diese hören und sehen könne, könnte sein Vorbild in einer Aussage Jesu haben, worin er begründet, warum er mit seinen Jüngern in Gleichnissen redet (statt Tacheles):

Darum rede ich zu ihnen durch Gleichnisse. Denn mit sehenden Augen sehen sie nicht, und mit hörenden Ohren hören sie nicht; denn sie verstehen es nicht. (Matthäus 13.13)

Nun zur Sequenz "Als die zeit gekommen war" in Vision IV.3. Sie erinnert an ähnliche Passagen im Neuen Testament, z.B. nach der Neuen Genfer Übersetzung:

Acht Tage später, als die Zeit gekommen war, das Kind zu beschneiden, gab man ihm den Namen Jesus – den Namen, den der Engel genannt hatte, noch bevor Maria das Kind empfing. (Lukas 2.21)

Milch und Honig

Zu "Milch-und-Honig"-Gruppe zählt nur die Prophezeiung I.4. Sie bezieht sich auf das Versprechen, das Gott Moses und dem ganzen Volk Israel am Berg Horeb machte:

und bin herniedergefahren, daß ich sie errette von der Ägypter Hand und sie ausführe aus diesem Lande in ein gutes und weites Land, in ein Land, darin Milch und Honig fließt, an den Ort der Kanaaniter, Hethiter, Amoriter, Pheresiter, Heviter und Jebusiter. (2. Mose 3.8)

Mechthilds Vision soll sicher nicht bedeuten, dass die Nonnen von St. Marien jetzt nach Kanaan aufbrechen müssten, sondern dass es ihnen solange richtig gut geht, wie die Abrafaxe da seien. Doch auch diese Deutung wird bekanntlich durch die Mutter Oberin bezweifelt.

Wahrlich!

Auch zur "Wahrlich"-Gruppe gehört nur eine Vision: Nr. II. Die Floskel "Wahrlich ich sage euch" findet sich häufig im Neuen Testament nach Luther, vor allem in Jesu Sprüchen. Hier zum Beispiel:

und sprach: Wahrlich ich sage euch: Es sei denn, daß ihr umkehret und werdet wie die Kinder, so werdet ihr nicht ins Himmelreich kommen. (Matthäus 18.3)

Das "wahrlich" ist dabei Luthers Übersetzung von "amen" (hebr. "es geschehe"). Die ganze Floskel "Wahrlich, ich sage euch" lautet auf griechisch: "ἀμὴν λέγω ὑμῖν" ("amen lego hymin").

Die Aussage hingegen, die Jüngste würde die Älteste sein und über alle anderen erhoben werden, wirkt wie ein Konglomerat zweier anderer bekannter Stellen im Neuen Testament:

Aber viele, die da sind die Ersten, werden die Letzten, und die Letzten werden die Ersten sein. (Matthäus 19.30)

und

Wer sich aber selbst erhöht, der wird erniedrigt werden, und wer sich selbst erniedrigt, der wird erhöht werden. (Matthäus 23.12)

Reime

Die poetischen Visionen IV.1 und IV.2 zeichnen sich durch ein einfaches AABB-Reimschema aus. Auf ein einheitliches Versmaß mit Hebungen und Senkungen hat Mechthild (bzw. "der, der alles weiß" und von dem ihre Visionen laut der ehrwürdigen Mutter Oberin stammen) dabei leider verzichtet.

Die Vision IV.2 enthält zudem noch eine Anspielung auf die Bibel, allerdings sehr frei formuliert. "Die Wege des Herrn, wir kennen sie nicht" dürfte sich auf folgende Bibelstelle beziehen:

O welch eine Tiefe des Reichtums, beides, der Weisheit und Erkenntnis Gottes! Wie gar unbegreiflich sind sein Gerichte und unerforschlich seine Wege! (Römer 11,33)

Sonstige

Die restlichen Visionen oder Sinnsprüche Mechthilds (I.3 und III) zeichnen sich weder durch Reimerei noch besondere Bibelnähe aus. Immerhin könnte die Weisheit III folgendes Zitat aus dem Alten Testament zum Vorbild haben:

Verlaß dich auf den HERRN von ganzem Herzen und verlaß dich nicht auf deinen Verstand; (Sprüche 3.5)

Schwester Mechthild hat in folgenden Mosaikheften Visionen

382, 383, 384 (?), 405
Persönliche Werkzeuge