Ihr Jungfern, hört die Schreckenskunde

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'''Tod aus Verzweiflung''' ist ein deutsches Volks- oder Küchenlied. Es ist auch unter den Titeln '''Verstoßen''', '''Tod auf den Schienen''', '''Sie war ein Mädchen von achtzehn Jahren''', '''Der Zug von Hamburg''' und '''Das Lied vom Eisenbahnunglück''' bekannt. Es wurde mindestens einmal, eventuell auch zweimal fürs [[MOSAIK]] verwendet.
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'''Ihr Jungfern, hört die Schreckenskunde''' ist ein deutsches Volks- oder Küchenlied. Es ist auch unter den Titeln ''Auerstedter Jungfernlied'', ''Tod aus Verzweiflung'', ''Verstoßen'', ''Tod auf den Schienen'', ''Sie war ein Mädchen von achtzehn Jahren'', ''Der Zug von Hamburg'' und ''Das Lied vom Eisenbahnunglück'' bekannt. Es wurde mindestens einmal, eventuell auch zweimal fürs [[MOSAIK]] verwendet, zudem einmal in einem [[Fanfiction]]-Roman.
== Anspielungen im MOSAIK ==
== Anspielungen im MOSAIK ==
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In der [[Amerika-Serie]] des [[Mosaik von Hannes Hegen]] reisen die [[Digedags]] und ihre Begleiter mit der [[Panamabahn]] von [[Panama City]] nach [[Aspinwall]]. Nach einem Überfall auf halber Strecke müssen sie mit dem Gepäckwagen ohne Lokomotive weiterfahren. [[Pedro, der stärkste Mann der Welt]], schiebt den Wagen an und springt auf. Als sich der Wagen auf abschüssiger Strecke dem Ziel nähert, versucht er vergeblich, ihn mit Hilfe der Bremskurbel anzuhalten. Die Stelle wird mit den Worten "Unterdessen drehte Pedro mit gewaltiger Hand an der Bremskurbel" beschrieben. Das erinnert an eine Stelle im Küchenlied: "Der Schaffner hatt' es wohl gesehen, / er bremste mit gewalt'ger Hand." (siehe unten).
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In der [[Amerika-Serie]] des [[Mosaik von Hannes Hegen]] reisen die [[Digedags]] und ihre Begleiter mit der [[Panamabahn]] von [[Panama City]] nach [[Aspinwall]]. Nach einem Überfall auf halber Strecke müssen sie mit dem Gepäckwagen ohne Lokomotive weiterfahren. [[Pedro, der stärkste Mann der Welt]], schiebt den Wagen an und springt auf. Als sich der Wagen auf abschüssiger Strecke dem Ziel nähert, versucht er vergeblich, ihn mit Hilfe der Bremskurbel anzuhalten. Die Stelle wird mit den Worten "Unterdessen drehte Pedro mit gewaltiger Hand an der Bremskurbel" beschrieben. Das erinnert an eine Stelle im Küchenlied: "Der Schaffner hat es wohl gesehen, / er bremste mit gewalt'ger Hand." (siehe unten).
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In der [[Reformations-Serie]] des [[Mosaik ab 1976]] verkündet ein [[kaiserlicher Bote in Wittenberg]] den Tod [[Kaiser Maximilian I.|Kaiser Maximilians I]]. Er beginnt mit den Worten "Ihr Bürger, hört die Schreckenskunde, die sich zutrug an fernem Ort!" Das ist eine Anspielung auf die ersten Zeilen des Küchenlieds: "Ihr Jungfern, hört die Schreckenskunde, / die sich zutrug in uns'rer Stadt" (siehe unten).
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In der [[Reformations-Serie]] des [[Mosaik ab 1976]] verkündet ein [[kaiserlicher Bote in Wittenberg]] den Tod [[Kaiser Maximilian I.|Kaiser Maximilians I]]. Er beginnt mit den Worten "Ihr Bürger, hört die Schreckenskunde, die sich zutrug an fernem Ort!" Das ist eine Anspielung auf die ersten Zeilen des Küchenlieds: "Ihr Jungfern, hört die Schreckenskunde, / die sich zutrug in unsrer Stadt" (siehe unten).
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== Anspielung im Roman ==
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Im Fanfiction-Roman ''[[Die goldene Rübe]]'' dichtet [[Ritter Runkel]] auf der Reise nach [[Trapezunt]] zu einer "alten Weise" ein kleines Liedchen:
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Er ging von [[Ormuz]] über [[Bagdad]]
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bis ganz hinauf nach Trapezunt.
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Er tat sein Haupt auf Rosen betten,
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bis dass das Schiff nach Hause kummt.
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Das klingt doch sehr nach der Strophe aus dem Schreckenskunde-Lied, in der die gefallene Jungfer von A nach B geht und bei C ihr Haupt auf Schienen legt, bis der Zug aus D kommt.
== Texte ==
== Texte ==
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Das Lied ist seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts belegt, geht aber auf das letzte Drittel des 19. Jahrhunderts zurück. Die Melodie ist die des (russischen) Volkslieds ''Seht ihr drei Rosse vor dem Wagen''. Angeblich soll die aus dem Saaletal stammende Urfassung eine "wahre Geschichte" schildern, nämlich den Freitod einer jungen Frau aus Bergsulza namens Marie S., die sich um 1869 herum mit einem verheirateten Mann einließ, von ihm schwanger wurde und sich bei Schulpforta vor einen Zug warf. Der Urtext soll von einer Bäuerin Schlegel aus Auerstedt stammen. Da aber andere Fassungen des Liedes durchaus andere Orte als Schauplatz nennen, ist diese Ursprungsgeschichte nicht ganz sicher (Joachim Ringelnatz z.B. schildert in seinen Erinnerungen ''Mein Leben bis zum Kriege'', dass eines der Kindermädchen seiner Familie namens Anna das Lied um 1890 herum sang, wobei die Handlung diesmal in Breslau spielt - was wohl darauf hindeutet, das das Mädchen aus Schlesien stammte).
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=== Geschichte des Liedes ===
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Das Lied ist seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts belegt, geht aber auf die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts zurück. Die Melodie ist die der Schnulze ''Seht ihr drei Rosse vor dem Wagen'' (die wiederum auf das russische Volkslied Вот мчится тройка почтовая ''Vot mtschitsja trojka potschtovaja'' = "Da saust die Post-Troika" zurückgeht). Als Autorin gilt die Heimatdichterin und Märchenerzählerin Therese Schlegel, geborene Kodritsch (1830-1918), aus Auerstedt (berühmt durch die Doppelschlacht von Jena und Auerstedt 1806, heute ein Ortsteil von Bad Sulza zwischen Naumburg und Weimar). Das geschilderte Drama soll auf eine wahre Begebenheit zurückgehen; der ''terminus post quem'' hierfür ist der 19. Dezember 1846, als die Eisenbahnstrecke zwischen Naumburg und Weimar eröffnet wurde. Dem Volkskundler und Musikhistoriker Max Adler zufolge, der sich 1901 auf die Recherchen eines Direktors von Schulpforta und eines Zeitungsredakteurs aus Naumburg stützte, die wiederum Zeitzeugen befragt haben sollen, trug sich das Ereignis etwa 1869 zu, und die Selbstmörderin war eine Marie S. aus Bergsulza. Dem Heimathistoriker Benno Liebers zufolge, der sich 1935 auf eine Schwester Therese Schlegels namens Wilhelmine Losche (1843 - nach 1928) berufen kann, trug es sich hingegen in den 1850er Jahren zu, und die Selbstmörderin war die gefeierte Dorfschönheit Karoline Hinkel aus Auerstedt (oder Bergsulza).
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Wie auch immer, das Lied verbreitete sich recht zügig im gesamten deutschen Sprachraum, wobei der Wortlaut und die Strophenzahl ständigem Wandel unterworfen waren - so wurde z.B. das wenig bekannte Kösen gerne zu Bremen "korrigiert", worauf Naumburg in Hamburg geändert wurde. Joachim Ringelnatz wiederum schildert in seinen Erinnerungen ''Mein Leben bis zum Kriege'', dass eines der Kindermädchen seiner Familie namens Anna das Lied um 1890 herum sang, wobei die Handlung diesmal in Breslau spielt - was wohl darauf hindeutet, dass das Mädchen aus Schlesien stammte (Ringelnatz überliefert den ergreifenden Refrain "Ich will mein Haupt auf Schienen legen, Dieweil der Zug von Breslau kam" und bestätigt die Melodie nach ''Seht ihr drei Rosse vor dem Wagen''). Auch im NS-Propagandafilm für den "Freiwilligen Arbeitsdienst" ''Ich für dich - du für mich'' aus dem Jahre 1934 ist das Lied zu hören.
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Im Folgenden werden zunächst diverse frühe Fassungen des Küchenliedes nebeneinander gestellt; die eingeklammerten Strophen dürften sogenannte "Wanderstrophen" sein, die aus anderen Liedern hier eingefügt wurden. Daran anschließend steht die Fassung der Gruppe ''Hackstock'' von der Schallplatte ''[https://www.youtube.com/playlist?list=PLnUd18vFBnDGIrYpQn7fM0uxA5x08A8O4 Wenn die Blümlein draußen zittern]'' (AMIGA 1979).
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=== Frühe Fassungen ===
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Im Folgenden werden zunächst diverse frühe Fassungen des Küchenliedes nebeneinander gestellt; die eingeklammerten Strophen dürften sogenannte "Wanderstrophen" sein, die aus anderen Liedern hier eingefügt wurden.
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! 1901 im Saaleland ||  || colspan="3" | 1902 in der badischen Pfalz ||  || 1906 im Böhmerwald
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! 1901 im Saaleland || width="10" |  || colspan="3" | 1902 in der badischen Pfalz || width="10" |  || 1906 im Böhmerwald
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! Zützschendorf ||  || Handschuhsheim ||  || Kirchardt ||  || Deutschhaidl
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! Zütschdorf ||  || Handschuhsheim || width="10" |  || Kirchardt ||  || Deutschhaidl
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1.
Hört,&nbsp;Jungfraun,&nbsp;welch'&nbsp;ein&nbsp;Schreckenskunde,
Hört,&nbsp;Jungfraun,&nbsp;welch'&nbsp;ein&nbsp;Schreckenskunde,
die sich zutrug in unsrer Stadt,
die sich zutrug in unsrer Stadt,
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den falsche Lieb gestiftet hat.
den falsche Lieb gestiftet hat.
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2.
Ein Mädchen, noch so jung an Jahren,
Ein Mädchen, noch so jung an Jahren,
verführt durch Männerschmeichelei,
verführt durch Männerschmeichelei,
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und wußte, daß sie Mutter sei.
und wußte, daß sie Mutter sei.
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3.
Den ganzen Tag rang sie die Hände
Den ganzen Tag rang sie die Hände
und sprach: "Ach Gott, verlaß mich nicht!"
und sprach: "Ach Gott, verlaß mich nicht!"
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sie suchte Ruh und fand sie nicht.
sie suchte Ruh und fand sie nicht.
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4.
Vom Mutterherzen ganz verstoßen
Vom Mutterherzen ganz verstoßen
ging sie eins Tages mittags aus;
ging sie eins Tages mittags aus;
sie hatte bei sich selbst beschlossen,
sie hatte bei sich selbst beschlossen,
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nicht wiederzukehren ins Vaterhaus.
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nicht wiederzukehren ins Elternhaus.
-
Von Sulza gins sie bis nach Kösen,
+
5.
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Von Sulza ging sie bis nach Kösen,
und bei Schulpforta auf die Bahn,
und bei Schulpforta auf die Bahn,
sie tat ihr Haupt auf Schienen legen,
sie tat ihr Haupt auf Schienen legen,
weil eben der Zug von Naumburg kam.
weil eben der Zug von Naumburg kam.
-
Die Schaffner hatten's längst gesehen,
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6.
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Die Schaffner hatten sie gesehen,
sie bremsten mit gewalt'ger Hand,
sie bremsten mit gewalt'ger Hand,
allein der Zug, der blieb nicht stehen,
allein der Zug, der blieb nicht stehen,
ihr Haupt rollt blutrot in den Sand.
ihr Haupt rollt blutrot in den Sand.
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7.
Die Schüler von Schulpforta haben,
Die Schüler von Schulpforta haben,
weil niemand sie gekennet hat,
weil niemand sie gekennet hat,
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Gott lohne ihre edle Tat.
Gott lohne ihre edle Tat.
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8.
(Ach Gott vergib ihr ihre Sünden,
(Ach Gott vergib ihr ihre Sünden,
dieweil sie die Verzweiflung trieb,
dieweil sie die Verzweiflung trieb,
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1.
Ein&nbsp;Mädchen&nbsp;schön&nbsp;und&nbsp;jung&nbsp;von&nbsp;Jahren,
Ein&nbsp;Mädchen&nbsp;schön&nbsp;und&nbsp;jung&nbsp;von&nbsp;Jahren,
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verführt von eines Burchen Hand,
+
verführt von eines Burschen Hand,
allein sie hat schon längst erfahren,
allein sie hat schon längst erfahren,
was falsche Liebe stiften kann.
was falsche Liebe stiften kann.
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2.
Vom Elternhaus ward sie verstoßen,
Vom Elternhaus ward sie verstoßen,
das war für sie ein harter Graus.
das war für sie ein harter Graus.
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nie wieder zu kehren ins Elternhaus.
nie wieder zu kehren ins Elternhaus.
 +
3.
Sie ging von Hamburg bis nach Bremen,
Sie ging von Hamburg bis nach Bremen,
sie faßte sich den harten Plan,
sie faßte sich den harten Plan,
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grad' wo der Zug von Hamburg kam.
grad' wo der Zug von Hamburg kam.
 +
4.
Die Schaffner hatten's längst gesehen,
Die Schaffner hatten's längst gesehen,
sie bremsten ein es mit Gewalt.
sie bremsten ein es mit Gewalt.
-
Allen der Zug, er blieb nicht stehen,
+
Allein der Zug, er blieb nicht stehen,
ihr Haupt rollt blutend in den Sand.
ihr Haupt rollt blutend in den Sand.
 +
5.
(Blaue Äuglein, blonde Haaren,
(Blaue Äuglein, blonde Haaren,
die haben mich verrückt gemacht.
die haben mich verrückt gemacht.
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1.
Ein&nbsp;Mädchen&nbsp;von&nbsp;den &nbsp;besten&nbsp;Jahren,
Ein&nbsp;Mädchen&nbsp;von&nbsp;den &nbsp;besten&nbsp;Jahren,
die solche Tat verübet hat,
die solche Tat verübet hat,
Zeile 104: Zeile 138:
was falsche Lieb' für Folgen hat.
was falsche Lieb' für Folgen hat.
 +
2.
Ihr Herz war gänzlich hingerissen
Ihr Herz war gänzlich hingerissen
von eines Burschen Schmeichelei.
von eines Burschen Schmeichelei.
Zeile 114: Zeile 149:
 +
 +
3.
Vom Mutterherzen ganz verstoßen,
Vom Mutterherzen ganz verstoßen,
ging sie an Donnerstag Mittag aus,
ging sie an Donnerstag Mittag aus,
-
in ihrem herzen fest entschlossen,
+
in ihrem Herzen fest entschlossen,
nie wieder zu kehren ins Elternhaus.
nie wieder zu kehren ins Elternhaus.
 +
4.
Sie ging gerad' nach der Stadt Gesen
Sie ging gerad' nach der Stadt Gesen
wo grad' der Zug von Hamburg kam.
wo grad' der Zug von Hamburg kam.
Zeile 124: Zeile 162:
daß ihre Schand' ein Ende nahm.
daß ihre Schand' ein Ende nahm.
 +
5.
Die Schaffner haben dies gesehen,
Die Schaffner haben dies gesehen,
sie bremsten mit Gewalt heran,
sie bremsten mit Gewalt heran,
Zeile 129: Zeile 168:
ihr Haupt rollt blutend in den Sand.
ihr Haupt rollt blutend in den Sand.
 +
6.
Die Kinder kommen von der Schule.
Die Kinder kommen von der Schule.
Weil niemand sie erkennet hat,
Weil niemand sie erkennet hat,
Zeile 137: Zeile 177:
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 +
1.
Ein Mädchen noch von jungen Jahren,
Ein Mädchen noch von jungen Jahren,
die ihre Tat vollführet hat,
die ihre Tat vollführet hat,
Zeile 142: Zeile 183:
was falsche Lieb' für Folgen hat.
was falsche Lieb' für Folgen hat.
 +
2.
Das Mädchen war ja hingerichtet
Das Mädchen war ja hingerichtet
durch eines Jünglings Heuchlerei;
durch eines Jünglings Heuchlerei;
Zeile 152: Zeile 194:
 +
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3.
Von ihren Eltern ganz verstoßen.
Von ihren Eltern ganz verstoßen.
ging sie des Sonntags einmal aus;
ging sie des Sonntags einmal aus;
Zeile 157: Zeile 201:
nicht mehr zu kehr'n ins Elternhaus.
nicht mehr zu kehr'n ins Elternhaus.
 +
4.
Sie ging von Ecken bis nach Bremen,
Sie ging von Ecken bis nach Bremen,
von dort an ging sie auf der Bahn,
von dort an ging sie auf der Bahn,
Zeile 162: Zeile 207:
bis daß der Zug von Hamburg kam.
bis daß der Zug von Hamburg kam.
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5.
Die Schaffner hatten sie gesehen,
Die Schaffner hatten sie gesehen,
sie bremsten mit gewaltiger Hand;
sie bremsten mit gewaltiger Hand;
Zeile 167: Zeile 213:
ihr Haupt rollt blutig in den Sand.
ihr Haupt rollt blutig in den Sand.
 +
6.
Als ihre Eltern dies erfahren
Als ihre Eltern dies erfahren
von ihrer Tochter Schmerzenstod,
von ihrer Tochter Schmerzenstod,
Zeile 172: Zeile 219:
und schrien laut: Verzeih' es Gott!
und schrien laut: Verzeih' es Gott!
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7.
Sie haben ihr die Tür geöffnet
Sie haben ihr die Tür geöffnet
und haben sie verzagt gemacht.
und haben sie verzagt gemacht.
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Als Referenztext für's MOSAIK nun die Variante, die der Fassung der Gruppe ''Hackstock'' zugrunde liegt. Sie kommt der Erstversion aus dem Saaletal sehr nahe - es wurde lediglich die Wanderstrophe am Ende weggelassen und dafür zwei andere Strophen eingefügt, die von den Studenten und die vom Doktor. Die beiden eingeklammerten Strophen - die vom Sonntag und die vom Doktor - wurden von ''Hackstock'' allerdings auf der Schallplattenversion nicht mitgesungen.
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=== Spätere Fassungen ===
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Es folgen zwei spätere Fassungen des Liedes, zunächst die fragmentarische aus dem Film ''Ich für dich - du für mich'' von 1934. Hier wird das Lied in einem Lager des "Freiwilligen Arbeitsdienstes" von einer bedrückten jungen Frau namens Alma gesungen - es geht in der Szene (wie im ganzen Film) darum, ob die lange Abwesenheit von zu Hause Auswirkungen auf die Beziehungen der Frauen zu ihren Männern hat. Alma lässt die Prolog-Strophe weg sowie die Strophe, in der der eigentliche Selbstmord geschildert wird. Auch die letzte Strophe kriegt sie vor Schluchzen nicht mehr vollständig über die Lippen.
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Danach kommt - als Referenztext fürs MOSAIK und die Fanfiction - die Variante der Gruppe ''Hackstock'' von der Schallplatte ''Wenn die Blümlein draußen zittern'' von 1979, die fünf Jahre später wortgetreu im Notenbüchlein ''In des Nachbarn Gartenlaube'' abgedruckt wurde. Hier fehlt - wie bei allen Fassungen außer der zuerst belegten - die Strophe über das Händeringen sowie die Epilog-Strophe mit der Moral von der Geschicht', dafür gibt es eine neue Strophe mittendrin über drei Studenten.
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Beide Fassungen kommen ansonsten der Erstversion aus dem Saaletal sehr nahe. Freilich ist aus Kösen nunmehr Bad Kösen geworden, denn das Städtchen ist mittlerweile Kurort (offiziell wurde die Namenserweiterung erst am 6. November 1935 eingeführt, war aber umgangssprachlich schon viel länger in Gebrauch; so hieß auch der Bahnhof schon seit 1907 "Station Bad Kösen").
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! DDR 1979
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! Drittes Reich ||  || DDR
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! ''Hackstock''
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! ''Ich für dich - du für mich'' (1934) ||  || ''Hackstock'' (1979) / ''In des Nachbarn Gartenlaube'' (1984)
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1.
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Es war ein Mädchen, jung an Jahren,
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verführt durch Männerheuchelei.
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Die mußte schon so früh erfahren,
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daß sie bald eine Mutter sei.
 +
 +
2.
 +
Vom Elternhause ganz verstoßen,
 +
ging sie am Sonntag weit hinaus.
 +
Sie hat in ihrem Herz beschlossen,
 +
nie heimzukehr'n ins Elternhaus.
 +
 +
3.
 +
Sie ging von Sulza nach Bad Kösen,
 +
und bei Schulpforta auf der Bahn
 +
tät sie ihr Haupt auf Schienen legen,
 +
weil grad der Zug aus Naumburg kam.
 +
 +
 +
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 +
 +
 +
 +
 +
 +
 +
 +
 +
4.
 +
Die Schüler von Schulpforta kamen
 +
[...]
 +
</poem>
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<poem>
<poem>
 +
1.
'''Ihr Jungfern, hört die Schreckenskunde,'''
'''Ihr Jungfern, hört die Schreckenskunde,'''
-
'''die sich zutrug in uns'rer Stadt,'''
+
'''die sich zutrug in unsrer Stadt,'''
-
verpflanzet sie von Mund' zu Munde,
+
verpflanzet sie von Mund zu Munde,
-
was falsche Lieb' für Folgen hat.
+
was falsche Lieb für Folgen hat.
 +
2.
Sie war ein Mädchen von achtzehn Jahren,
Sie war ein Mädchen von achtzehn Jahren,
verführt von Männerschmeichelei.
verführt von Männerschmeichelei.
Zeile 198: Zeile 296:
daß sie bald eine Mutter sei.
daß sie bald eine Mutter sei.
 +
3.
Die Eltern hatten's auch erfahren,
Die Eltern hatten's auch erfahren,
das Mieder wurd' ihr schon zu klein.
das Mieder wurd' ihr schon zu klein.
Zeile 203: Zeile 302:
sie sollt' und mußt' verstoßen sein.
sie sollt' und mußt' verstoßen sein.
-
(Vom Elternhause ganz verstoßen,
+
4.
-
ging sie am Sonntag weit hinaus.
+
'''Sie ging von Sulza bis Bad Kösen,'''
-
Sie hatt' in ihrem Herz beschlossen,
+
'''und bei Schulpforta an der Bahn'''
-
nie heimzukehr'n ins Elternhaus.)
+
'''tat sie ihr Haupt auf Schienen legen,'''
-
 
+
'''bis daß der Zug von Naumburg kam.'''
-
Sie ging von Sulza bis Bad Kösen,
+
-
und bei Schulpforta an der Bahn
+
-
tat sie ihr Haupt auf Schienen legen,
+
-
bis daß der Zug von Naumburg kam.
+
-
Der Schaffner hatt' es wohl gesehen,
+
5.
 +
Der Schaffner hat es wohl gesehen,
'''er bremste mit gewalt'ger Hand.'''
'''er bremste mit gewalt'ger Hand.'''
-
Jedoch der Zug kam nicht zum Stehen,
+
Jedoch der Zug kam nicht zum Stehen -
ihr junges Blut floß in den Sand.
ihr junges Blut floß in den Sand.
 +
6.
Dem Zug entstiegen drei Studenten,
Dem Zug entstiegen drei Studenten,
der eine bleich von Angesicht.
der eine bleich von Angesicht.
-
Und als er dann die Leich' erblickte,
+
Und als er dann die Leich erblickte,
-
da sprach er: "Nein, das wollt' ich nicht!"
+
da sprach er: Nein, das wollt' ich nicht!
-
 
+
-
(Vom Doktor ward sie nun besehen,
+
-
man einen Knaben bei ihr fand.
+
-
Jedoch der Knab' war nicht vollendet,
+
-
dem Knaben fehlt' die rechte Hand.)
+
 +
7.
Die Schüler aus Schulpforta kamen
Die Schüler aus Schulpforta kamen
und nahmen sich der Leiche an.
und nahmen sich der Leiche an.
Zeile 236: Zeile 329:
== Quellen ==
== Quellen ==
-
*[https://archive.org/details/zeitschriftfrv11verbuoft ''Zeitschrift des Vereins für Volkskunde'', 11. Jahrgang 1901], darin auf den S. 459-461 folgende Miszelle von [https://archive.org/stream/zeitschriftfrv11verbuoft#page/n479/mode/2up M. Adler: ''Zwei Volkslieder aus dem Geiselthal bei Merseburg'']
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*[https://archive.org/details/zeitschriftfrv11verbuoft ''Zeitschrift des Vereins für Volkskunde'', 11. Jahrgang 1901], darin auf den S. 459-461 folgende Miszelle von [https://archive.org/stream/zeitschriftfrv11verbuoft#page/n479/mode/2up Max Adler: ''Zwei Volkslieder aus dem Geiselthal bei Merseburg'']
*[https://archive.org/stream/volksliederausd00mincgoog#page/n7/mode/2up M. Elizabeth Marriage: ''Volkslieder aus der Badischen Pfalz''], [[Halle]] 1902, darin speziell die S. 75-77 mit dem [https://archive.org/stream/volksliederausd00mincgoog#page/n97/mode/2up Lied Nr. 40 ''Der Zug von Hamburg'']
*[https://archive.org/stream/volksliederausd00mincgoog#page/n7/mode/2up M. Elizabeth Marriage: ''Volkslieder aus der Badischen Pfalz''], [[Halle]] 1902, darin speziell die S. 75-77 mit dem [https://archive.org/stream/volksliederausd00mincgoog#page/n97/mode/2up Lied Nr. 40 ''Der Zug von Hamburg'']
*[http://quod.lib.umich.edu/g/genpub/acd0698.0012.006/1?rgn=full+text;view=image ''Zeitschrift für österreichische Volkskunde'', 12. Jahrgang 1906, Heft VI], darin auf den S. 215-217 die Miszelle von [http://quod.lib.umich.edu/g/genpub/acd0698.0012.006/33?rgn=full+text;view=image Gustav Jungbauer: ''Das Volkslied vom Eisenbahnunglück'']
*[http://quod.lib.umich.edu/g/genpub/acd0698.0012.006/1?rgn=full+text;view=image ''Zeitschrift für österreichische Volkskunde'', 12. Jahrgang 1906, Heft VI], darin auf den S. 215-217 die Miszelle von [http://quod.lib.umich.edu/g/genpub/acd0698.0012.006/33?rgn=full+text;view=image Gustav Jungbauer: ''Das Volkslied vom Eisenbahnunglück'']
-
*[https://www.youtube.com/watch?v=lxJPAQSbwL0&index=14&list=PLnUd18vFBnDGIrYpQn7fM0uxA5x08A8O4 Hackstock: ''Tod aus Verzweiflung''] auf ''youtube''
+
*Werner Meister: ''Das Auerstedter Jungfern-Lied'' = ''Auerstedter Heimatblätter'', Heft 17, 2002.
-
*[https://books.google.de/books?id=IbMtCgAAQBAJ&pg=PT14&lpg=PT14&dq=sehr+ihr+drei+rosse+vor+dem+wagen&source=bl&ots=uLUMEqu910&sig=f1rlAfDG7_3J45QgdFA4O5F_oZA&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwjyxc73_bjTAhXKUlAKHZC3AuwQ6AEIQjAG#v=onepage&q=sehr%20ihr%20drei%20rosse%20vor%20dem%20wagen&f=false Joachim Ringelnatz: ''Mein Leben bis zum Kriege'']
+
*Werner Meister: ''Therese Schlegel - Dichterin und Märchenerzählerin'' = ''Auerstedter Heimatblätter'', Heft 18, 2002.
-
*Zitat aus [http://de.muvs.org/topic/baenkelsaengermoritaten-verstossen-oder-der-tod-auf-den-schienen-ca-1840/ Marita Metz-Becker: ''Der verwaltete Körper'', Frankfurt/New York 1997, S. 256-257] via Homepage des [http://de.muvs.org/ Museums für Verhütung und Schwangerschaftsabbruch] in [[Wien]]
+
*[https://www.youtube.com/watch?v=kWMrh1fNT5M Schallplatte ''Wenn die Blümlein draußen zittern''] (AMIGA 1979), insbesondere das Lied der Gruppe [https://youtu.be/kWMrh1fNT5M?t=132 Hackstock: ''Tod aus Verzweiflung''] auf ''youtube''
 +
*[https://www.google.de/books/edition/Ringelnatz_Die_sch%C3%B6nsten_Gedichte_Mein/lll3DwAAQBAJ?hl=de&gbpv=1&dq=seht+ihr+drei+rosse+vor+dem+wagen+ringelnatz&pg=PT59&printsec=frontcover Joachim Ringelnatz: ''Mein Leben bis zum Kriege'']
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*Zitat aus [https://www.muvs.org/de/themen/literatur-zitate/baenkelsaengermoritaten-verstossen-oder-der-tod-auf-den-schienen-ca-1840/ Marita Metz-Becker: ''Der verwaltete Körper'', Frankfurt/New York 1997, S. 256-257] via Homepage des [https://www.muvs.org/de/ Museums für Verhütung und Schwangerschaftsabbruch] in [[Wien]]
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*[https://de.wikipedia.org/wiki/Bahnstrecke_Halle%E2%80%93Bebra Wikipedia-Artikel zur Thüringer Stammbahn]
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*''In des Nachbarn Gartenlaube. Lieder von Liebe und Leid mit Winken für Heim und Herd sowie Original-Künstler-Bildnissen von schurkischen Freiern und arglosen Mamsells'', Berlin 1984.
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*[http://cyclowiki.org/wiki/%D0%92%D0%BE%D1%82_%D0%BC%D1%87%D0%B8%D1%82%D1%81%D1%8F_%D1%82%D1%80%D0%BE%D0%B9%D0%BA%D0%B0_%D0%BF%D0%BE%D1%87%D1%82%D0%BE%D0%B2%D0%B0%D1%8F_(%D0%BF%D0%B5%D1%81%D0%BD%D1%8F) Hintergründe und diverse Fassungen von Вот мчится тройка почтовая] (russisch)
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*[https://badkoesen.info/geschichte-bad-koesen-1869-1945/ Geschichte von Bad Kösen 1868-1945]
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== Auf das Küchenlied vom ''Tod aus Verzweiflung'' wird in folgenden Mosaikheften angespielt ==
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== Auf ''Ihr Jungfern, hört die Schreckenskunde'' wird in folgenden Publikationen angespielt ==
  [[Mosaik von Hannes Hegen]]: [[Schußfahrt zum Atlantik|202]]
  [[Mosaik von Hannes Hegen]]: [[Schußfahrt zum Atlantik|202]]
   
   
  [[Mosaik ab 1976]]: [[497]]
  [[Mosaik ab 1976]]: [[497]]
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[[Fanfiction]]: [[Die goldene Rübe]]
[[Kategorie:Quelle (Lied)]]
[[Kategorie:Quelle (Lied)]]
[[Kategorie:Amerika-Serie (Quelle)]]
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[[Kategorie:Reformations-Serie (Quelle)]]
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[[Kategorie:Heimkehr aus dem Orient (Quelle)]]

Aktuelle Version vom 21:44, 28. Jul. 2024

Ihr Jungfern, hört die Schreckenskunde ist ein deutsches Volks- oder Küchenlied. Es ist auch unter den Titeln Auerstedter Jungfernlied, Tod aus Verzweiflung, Verstoßen, Tod auf den Schienen, Sie war ein Mädchen von achtzehn Jahren, Der Zug von Hamburg und Das Lied vom Eisenbahnunglück bekannt. Es wurde mindestens einmal, eventuell auch zweimal fürs MOSAIK verwendet, zudem einmal in einem Fanfiction-Roman.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Anspielungen im MOSAIK

In der Amerika-Serie des Mosaik von Hannes Hegen reisen die Digedags und ihre Begleiter mit der Panamabahn von Panama City nach Aspinwall. Nach einem Überfall auf halber Strecke müssen sie mit dem Gepäckwagen ohne Lokomotive weiterfahren. Pedro, der stärkste Mann der Welt, schiebt den Wagen an und springt auf. Als sich der Wagen auf abschüssiger Strecke dem Ziel nähert, versucht er vergeblich, ihn mit Hilfe der Bremskurbel anzuhalten. Die Stelle wird mit den Worten "Unterdessen drehte Pedro mit gewaltiger Hand an der Bremskurbel" beschrieben. Das erinnert an eine Stelle im Küchenlied: "Der Schaffner hat es wohl gesehen, / er bremste mit gewalt'ger Hand." (siehe unten).

In der Reformations-Serie des Mosaik ab 1976 verkündet ein kaiserlicher Bote in Wittenberg den Tod Kaiser Maximilians I. Er beginnt mit den Worten "Ihr Bürger, hört die Schreckenskunde, die sich zutrug an fernem Ort!" Das ist eine Anspielung auf die ersten Zeilen des Küchenlieds: "Ihr Jungfern, hört die Schreckenskunde, / die sich zutrug in unsrer Stadt" (siehe unten).

[Bearbeiten] Anspielung im Roman

Im Fanfiction-Roman Die goldene Rübe dichtet Ritter Runkel auf der Reise nach Trapezunt zu einer "alten Weise" ein kleines Liedchen:

Er ging von Ormuz über Bagdad
bis ganz hinauf nach Trapezunt.
Er tat sein Haupt auf Rosen betten,
bis dass das Schiff nach Hause kummt.

Das klingt doch sehr nach der Strophe aus dem Schreckenskunde-Lied, in der die gefallene Jungfer von A nach B geht und bei C ihr Haupt auf Schienen legt, bis der Zug aus D kommt.

[Bearbeiten] Texte

[Bearbeiten] Geschichte des Liedes

Das Lied ist seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts belegt, geht aber auf die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts zurück. Die Melodie ist die der Schnulze Seht ihr drei Rosse vor dem Wagen (die wiederum auf das russische Volkslied Вот мчится тройка почтовая Vot mtschitsja trojka potschtovaja = "Da saust die Post-Troika" zurückgeht). Als Autorin gilt die Heimatdichterin und Märchenerzählerin Therese Schlegel, geborene Kodritsch (1830-1918), aus Auerstedt (berühmt durch die Doppelschlacht von Jena und Auerstedt 1806, heute ein Ortsteil von Bad Sulza zwischen Naumburg und Weimar). Das geschilderte Drama soll auf eine wahre Begebenheit zurückgehen; der terminus post quem hierfür ist der 19. Dezember 1846, als die Eisenbahnstrecke zwischen Naumburg und Weimar eröffnet wurde. Dem Volkskundler und Musikhistoriker Max Adler zufolge, der sich 1901 auf die Recherchen eines Direktors von Schulpforta und eines Zeitungsredakteurs aus Naumburg stützte, die wiederum Zeitzeugen befragt haben sollen, trug sich das Ereignis etwa 1869 zu, und die Selbstmörderin war eine Marie S. aus Bergsulza. Dem Heimathistoriker Benno Liebers zufolge, der sich 1935 auf eine Schwester Therese Schlegels namens Wilhelmine Losche (1843 - nach 1928) berufen kann, trug es sich hingegen in den 1850er Jahren zu, und die Selbstmörderin war die gefeierte Dorfschönheit Karoline Hinkel aus Auerstedt (oder Bergsulza).

Wie auch immer, das Lied verbreitete sich recht zügig im gesamten deutschen Sprachraum, wobei der Wortlaut und die Strophenzahl ständigem Wandel unterworfen waren - so wurde z.B. das wenig bekannte Kösen gerne zu Bremen "korrigiert", worauf Naumburg in Hamburg geändert wurde. Joachim Ringelnatz wiederum schildert in seinen Erinnerungen Mein Leben bis zum Kriege, dass eines der Kindermädchen seiner Familie namens Anna das Lied um 1890 herum sang, wobei die Handlung diesmal in Breslau spielt - was wohl darauf hindeutet, dass das Mädchen aus Schlesien stammte (Ringelnatz überliefert den ergreifenden Refrain "Ich will mein Haupt auf Schienen legen, Dieweil der Zug von Breslau kam" und bestätigt die Melodie nach Seht ihr drei Rosse vor dem Wagen). Auch im NS-Propagandafilm für den "Freiwilligen Arbeitsdienst" Ich für dich - du für mich aus dem Jahre 1934 ist das Lied zu hören.

[Bearbeiten] Frühe Fassungen

Im Folgenden werden zunächst diverse frühe Fassungen des Küchenliedes nebeneinander gestellt; die eingeklammerten Strophen dürften sogenannte "Wanderstrophen" sein, die aus anderen Liedern hier eingefügt wurden.

1901 im Saaleland 1902 in der badischen Pfalz 1906 im Böhmerwald
Zütschdorf Handschuhsheim Kirchardt Deutschhaidl

1.
Hört, Jungfraun, welch' ein Schreckenskunde,
die sich zutrug in unsrer Stadt,
von einem falschen Liebesbunde,
den falsche Lieb gestiftet hat.

2.
Ein Mädchen, noch so jung an Jahren,
verführt durch Männerschmeichelei,
sie hatte bei sich selbst erfahren
und wußte, daß sie Mutter sei.

3.
Den ganzen Tag rang sie die Hände
und sprach: "Ach Gott, verlaß mich nicht!"
Weil ihre eigne Schuld sie kränkte -
sie suchte Ruh und fand sie nicht.

4.
Vom Mutterherzen ganz verstoßen
ging sie eins Tages mittags aus;
sie hatte bei sich selbst beschlossen,
nicht wiederzukehren ins Elternhaus.

5.
Von Sulza ging sie bis nach Kösen,
und bei Schulpforta auf die Bahn,
sie tat ihr Haupt auf Schienen legen,
weil eben der Zug von Naumburg kam.

6.
Die Schaffner hatten sie gesehen,
sie bremsten mit gewalt'ger Hand,
allein der Zug, der blieb nicht stehen,
ihr Haupt rollt blutrot in den Sand.

7.
Die Schüler von Schulpforta haben,
weil niemand sie gekennet hat,
aus Mitleid sie so schön begraben,
Gott lohne ihre edle Tat.

8.
(Ach Gott vergib ihr ihre Sünden,
dieweil sie die Verzweiflung trieb,
ihr war das Glück nicht mehr beschieden,
ihr wollten Rosen nicht mehr blühn.)

1.
Ein Mädchen schön und jung von Jahren,
verführt von eines Burschen Hand,
allein sie hat schon längst erfahren,
was falsche Liebe stiften kann.













2.
Vom Elternhaus ward sie verstoßen,
das war für sie ein harter Graus.
In ihrem Herzen war's beschlossen,
nie wieder zu kehren ins Elternhaus.

3.
Sie ging von Hamburg bis nach Bremen,
sie faßte sich den harten Plan,
sie wollt' ihr Haupt auf's Schienen legen,
grad' wo der Zug von Hamburg kam.

4.
Die Schaffner hatten's längst gesehen,
sie bremsten ein es mit Gewalt.
Allein der Zug, er blieb nicht stehen,
ihr Haupt rollt blutend in den Sand.

5.
(Blaue Äuglein, blonde Haaren,
die haben mich verrückt gemacht.
Und wer's nicht glaubt, der soll's erfahren,
was falsche Liebe stiften kann.)

1.
Ein Mädchen von den  besten Jahren,
die solche Tat verübet hat,
die kann und muß es jetzt erfahren,
was falsche Lieb' für Folgen hat.

2.
Ihr Herz war gänzlich hingerissen
von eines Burschen Schmeichelei.
Im Stillen tut sie Tränen gießen,
sie fühlte, daß sie Mutter sei.







3.
Vom Mutterherzen ganz verstoßen,
ging sie an Donnerstag Mittag aus,
in ihrem Herzen fest entschlossen,
nie wieder zu kehren ins Elternhaus.

4.
Sie ging gerad' nach der Stadt Gesen
wo grad' der Zug von Hamburg kam.
Auf d' Schienen tut sie sich hinlegen,
daß ihre Schand' ein Ende nahm.

5.
Die Schaffner haben dies gesehen,
sie bremsten mit Gewalt heran,
allein der Zug, der blieb nicht stehen,
ihr Haupt rollt blutend in den Sand.

6.
Die Kinder kommen von der Schule.
Weil niemand sie erkennet hat,
begrub man sie ins Tal der Schönen,
Gott lohne ihre edle Tat.

1.
Ein Mädchen noch von jungen Jahren,
die ihre Tat vollführet hat,
sie soll und muß es noch erfahren,
was falsche Lieb' für Folgen hat.

2.
Das Mädchen war ja hingerichtet
durch eines Jünglings Heuchlerei;
ihr Herz, das war ja ganz zerrissen,
sie fühlte, daß sie Mutter sei.







3.
Von ihren Eltern ganz verstoßen.
ging sie des Sonntags einmal aus;
sie hat sich's fest ins Herz geschlossen,
nicht mehr zu kehr'n ins Elternhaus.

4.
Sie ging von Ecken bis nach Bremen,
von dort an ging sie auf der Bahn,
wo sie ihr Haupt auf Schienen legte,
bis daß der Zug von Hamburg kam.

5.
Die Schaffner hatten sie gesehen,
sie bremsten mit gewaltiger Hand;
allein der Zug, der bleibt nicht stehen,
ihr Haupt rollt blutig in den Sand.

6.
Als ihre Eltern dies erfahren
von ihrer Tochter Schmerzenstod,
da rangen beide sich die Hände
und schrien laut: Verzeih' es Gott!

7.
Sie haben ihr die Tür geöffnet
und haben sie verzagt gemacht.
Weil sie des Jünglings Wunsch erfüllet,
hat ihr das bitt're Grab gebracht.

[Bearbeiten] Spätere Fassungen

Es folgen zwei spätere Fassungen des Liedes, zunächst die fragmentarische aus dem Film Ich für dich - du für mich von 1934. Hier wird das Lied in einem Lager des "Freiwilligen Arbeitsdienstes" von einer bedrückten jungen Frau namens Alma gesungen - es geht in der Szene (wie im ganzen Film) darum, ob die lange Abwesenheit von zu Hause Auswirkungen auf die Beziehungen der Frauen zu ihren Männern hat. Alma lässt die Prolog-Strophe weg sowie die Strophe, in der der eigentliche Selbstmord geschildert wird. Auch die letzte Strophe kriegt sie vor Schluchzen nicht mehr vollständig über die Lippen.

Danach kommt - als Referenztext fürs MOSAIK und die Fanfiction - die Variante der Gruppe Hackstock von der Schallplatte Wenn die Blümlein draußen zittern von 1979, die fünf Jahre später wortgetreu im Notenbüchlein In des Nachbarn Gartenlaube abgedruckt wurde. Hier fehlt - wie bei allen Fassungen außer der zuerst belegten - die Strophe über das Händeringen sowie die Epilog-Strophe mit der Moral von der Geschicht', dafür gibt es eine neue Strophe mittendrin über drei Studenten.

Beide Fassungen kommen ansonsten der Erstversion aus dem Saaletal sehr nahe. Freilich ist aus Kösen nunmehr Bad Kösen geworden, denn das Städtchen ist mittlerweile Kurort (offiziell wurde die Namenserweiterung erst am 6. November 1935 eingeführt, war aber umgangssprachlich schon viel länger in Gebrauch; so hieß auch der Bahnhof schon seit 1907 "Station Bad Kösen").

Drittes Reich DDR
Ich für dich - du für mich (1934) Hackstock (1979) / In des Nachbarn Gartenlaube (1984)







1.
Es war ein Mädchen, jung an Jahren,
verführt durch Männerheuchelei.
Die mußte schon so früh erfahren,
daß sie bald eine Mutter sei.

2.
Vom Elternhause ganz verstoßen,
ging sie am Sonntag weit hinaus.
Sie hat in ihrem Herz beschlossen,
nie heimzukehr'n ins Elternhaus.

3.
Sie ging von Sulza nach Bad Kösen,
und bei Schulpforta auf der Bahn
tät sie ihr Haupt auf Schienen legen,
weil grad der Zug aus Naumburg kam.













4.
Die Schüler von Schulpforta kamen
[...]

1.
Ihr Jungfern, hört die Schreckenskunde,
die sich zutrug in unsrer Stadt,
verpflanzet sie von Mund zu Munde,
was falsche Lieb für Folgen hat.

2.
Sie war ein Mädchen von achtzehn Jahren,
verführt von Männerschmeichelei.
Sie mußte schon so früh erfahren,
daß sie bald eine Mutter sei.

3.
Die Eltern hatten's auch erfahren,
das Mieder wurd' ihr schon zu klein.
Der Vater riß sie bei den Haaren,
sie sollt' und mußt' verstoßen sein.

4.
Sie ging von Sulza bis Bad Kösen,
und bei Schulpforta an der Bahn
tat sie ihr Haupt auf Schienen legen,
bis daß der Zug von Naumburg kam.

5.
Der Schaffner hat es wohl gesehen,
er bremste mit gewalt'ger Hand.
Jedoch der Zug kam nicht zum Stehen -
ihr junges Blut floß in den Sand.

6.
Dem Zug entstiegen drei Studenten,
der eine bleich von Angesicht.
Und als er dann die Leich erblickte,
da sprach er: Nein, das wollt' ich nicht!

7.
Die Schüler aus Schulpforta kamen
und nahmen sich der Leiche an.
Sie taten sie so schön begraben,
weil sie's aus Liebe hat getan.

[Bearbeiten] Quellen

[Bearbeiten] Auf Ihr Jungfern, hört die Schreckenskunde wird in folgenden Publikationen angespielt

Mosaik von Hannes Hegen: 202

Mosaik ab 1976: 497

Fanfiction: Die goldene Rübe
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