Bearbeiten von William Hogarth
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'''William Hogarth''' (1697-1764) war ein [[engl]]ischer Künstler. Eine ganze Reihe seiner Werke diente als Inspiration bzw. Vorlage für zwei Hefte der [[Erfinderserie]] des [[Mosaik von Hannes Hegen]]. | '''William Hogarth''' (1697-1764) war ein [[engl]]ischer Künstler. Eine ganze Reihe seiner Werke diente als Inspiration bzw. Vorlage für zwei Hefte der [[Erfinderserie]] des [[Mosaik von Hannes Hegen]]. | ||
- | == | + | == Hogarth - Leben und Werk == |
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- | + | == Frühere Arbeiten zu diesem Thema == | |
+ | Volker Langmeier veröffentlichte im [[Fanzine]] ''[[Digefax 8]]'' bereits 1995 einen Artikel unter dem Titel ''Das Bilderwerk William Hogarths im Mosaik Nr. [[63]] von Hannes Hegen''. Darin ging er auf die künstlerische Bedeutung Hogarths ein und machte mehrere Grafiken von ihm als Vorlagen namhaft: ''The Four Times of Day - Night'', ''The Four Times of Day - Noon'', ''Invasion - England'', ''Gin Lane'', ''Beer Street'', ''The Times 2'', ''Stage Coach'' (''Hof einer ländlichen Schenke''), ''Southwark Fair'' (''Der Jahrmarkt zu Southwark'') und ''The Four Stages of Cruelty 2''. Die meisten davon werden - zumindest in Ausschnitten - auch abgebildet. Zudem weist Langmeier auf das Bild ''Industry and Idleness'' Tafel 1 hin, das die Vorlage für die Rückseite von Heft [[71]] bildete. | ||
- | + | Langmeier nennt das [[Das Mosaik-Fan-Buch|erste Fanbuch]] von [[Thomas Kramer]] (erschienen 1993) als Anlass für seine Beschäftigung mit dem Thema. In der Tat bezeichnet Kramer auf S. 78 dieser Publikation die Doppelseite in Heft 63 als ein "Hogarthschen Vorbildern ähnliches Gemälde" (auch wenn er die fraglichen Seiten 10 und 11 von Heft 63 fälschlich als "Seiten 9 und 10 des Heftes 64" zitiert). Weiter geht Kramer aber nicht auf das Thema ein. | |
== Bildvergleiche == | == Bildvergleiche == | ||
- | Nach bisherigem Kenntnisstand wurden drei Bilder im [[MOSAIK]] nach Vorlagen von Hogarth gestaltet: | + | Nach bisherigem Kenntnisstand wurden drei Bilder im [[MOSAIK]] nach Vorlagen von Hogarth gestaltet: In Heft [[63]] die Wimmelbilder S. 10/11 und 14 sowie die redaktionelle Rückseite von Heft [[71]]. Während im letzten Fall ein Stich von Hogarth nahezu eins zu eins abgezeichnet wurde, flossen in die beiden Wimmelbilder einzelne Szenen und Details von jeweils mehreren Hogarth'schen Vorlagen ein. Viele Hogarth-Werke, so auch eine Reihe der hier abgebildeten, gibt es sowohl als Schwarz-Weiß-Stich als auch als farbiges Gemälde. Welche Variante jeweils dem MOSAIK-[[Kollektiv]] als Vorbild diente, ist derzeit nicht immer bekannt; aus Gründen der Einheitlichkeit wurden hier nur die Stiche wiedergegeben. |
Der Grad der Übernahme der Vorlagen ins MOSAIK wechselt. Es gibt penible Reproduktionen, freie Kombination mehrerer Motive und reine Inspirationen. In die folgende Übersicht wurden nur solche Vorbilder aufgenommen, die deutlich im MOSAIK wiederzuerkennen sind - es ist sehr wahrscheinlich, dass darüber hinaus noch weitere Hogarth-Werke genutzt wurden. | Der Grad der Übernahme der Vorlagen ins MOSAIK wechselt. Es gibt penible Reproduktionen, freie Kombination mehrerer Motive und reine Inspirationen. In die folgende Übersicht wurden nur solche Vorbilder aufgenommen, die deutlich im MOSAIK wiederzuerkennen sind - es ist sehr wahrscheinlich, dass darüber hinaus noch weitere Hogarth-Werke genutzt wurden. | ||
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Die beiden zusammengehörenden Tafeln ''Beer Street'' und ''Gin Lane'' zählen wohl zu den bekanntesten Werken Hogarths. Er entwickelt darin einen Gegensatz zwischen dem ordentlichen, prosperierenden, bodenständig-englischen Mittelstand, der sich durch den maßvollen Genuss des einheimischen Bieres definiert, und der chaotischen, verzweifelten, elenden Welt der Unterschicht, die sich dem Gin hingibt, einem perfiden, ausländischen Teufelszeug. | Die beiden zusammengehörenden Tafeln ''Beer Street'' und ''Gin Lane'' zählen wohl zu den bekanntesten Werken Hogarths. Er entwickelt darin einen Gegensatz zwischen dem ordentlichen, prosperierenden, bodenständig-englischen Mittelstand, der sich durch den maßvollen Genuss des einheimischen Bieres definiert, und der chaotischen, verzweifelten, elenden Welt der Unterschicht, die sich dem Gin hingibt, einem perfiden, ausländischen Teufelszeug. | ||
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- | Die zwei Fischfrauen aus der rechten unteren Bildmitte haben es in leicht veränderter Form ins MOSAIK geschafft. Doch obwohl die Stellung der beiden | + | Die zwei Fischfrauen aus der rechten unteren Bildmitte haben es in leicht veränderter Form ins MOSAIK geschafft. Doch obwohl die Stellung der beiden und ihr Gesichtsausdruck zueinander verändert wurde, sind die Übereinstimmungen mit der Vorlage unübersehbar - vor allem in der Kleidung und der Position der Fischkörbe. |
- | + | [[Bild:Beer Street Ausschnitt 1.jpg|left|frame|Saufende, klatschende Fischweiber.]] | |
- | + | [[Bild:63 02.jpg|left|frame|Wesentlich sympathischere Hökerinnen.]] | |
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- | Auch die Sänfte aus dem Bildhintergrund ist im MOSAIK wiederzufinden - links hinten am Hafenkai. Statt einer Frau sitzt im MOSAIK zwar ein Mann in der Trage | + | <br clear=both> |
+ | Auch die Sänfte aus dem Bildhintergrund ist im MOSAIK wiederzufinden - links hinten am Hafenkai. Statt einer Frau sitzt im MOSAIK zwar ein Mann in der Trage, doch seine Armlehnen und die Troddeln am Dach sind dieselben wie bei Hogarth. | ||
- | + | [[Bild:Beer Street Ausschnitt 2.jpg|left|frame|Frau in Sänfte mit Trinkerträgern.]] | |
- | + | [[Bild:63 03.jpg|left|frame|Mann in Sänfte. Auch neu: das Wappen!]] | |
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- | Im Gegensatz zur ''Beer Street'' herrscht in der '''Gin Lane''' - von Hogarth im Armenviertel St. Giles angesiedelt - die reinste Verzweiflung. Menschen hängen apathisch auf der Straße herum, manch einer balgt sich mit einem Hund um den letzten Knochen, volltrunkene Mütter vernachlässigen ihre armen Kinder, Häuser stürzen ein. Prächtig hingegen geht es dem Pfandleiher, der sich vor Kunden kaum retten kann und in einem Palazzo residiert, und auch die Destillerie und das Bestattungsinstitut laufen gut. Die beiden Bilder sind im Zusammenhang mit dem so genannten [http://en.wikipedia.org/wiki/Gin_Act_1751 ''Gin Act'' von 1751] entstanden, einem Parlamentsbeschluss, mit dem das weit verbreitete Komasaufen mit Hochprozentigem unterbunden werden sollte - einfach, indem man eine | + | ---- |
+ | Im Gegensatz zur ''Beer Street'' herrscht in der '''Gin Lane''' - von Hogarth im Armenviertel St. Giles angesiedelt - die reinste Verzweiflung. Menschen hängen apathisch auf der Straße herum, manch einer balgt sich mit einem Hund um den letzten Knochen, volltrunkene Mütter vernachlässigen ihre armen Kinder, Häuser stürzen ein. Prächtig hingegen geht es dem Pfandleiher, der sich vor Kunden kaum retten kann und in einem Palazzo residiert, und auch die Destillerie und das Bestattungsinstitut laufen gut. Die beiden Bilder sind im Zusammenhang mit dem so genannten [http://en.wikipedia.org/wiki/Gin_Act_1751 ''Gin Act'' von 1751] entstanden, einem Parlamentsbeschluss, mit dem das weit verbreitete Komasaufen mit Hochprozentigem unterbunden werden sollte - einfach, indem man eine Gin-Steuer erhob, wodurch das Getränk nicht mehr so billig wie zuvor angeboten werden konnte. In der Tat fand der "Gin-Wahnsinn" (engl. [http://en.wikipedia.org/wiki/Gin_Craze ''Gin Craze'']), der [[Großbritannien]] in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts heimgesucht hatte, bald ein Ende. | ||
[[Bild:Gin Lane klein.jpg|left|frame|''Gin Lane'' (1751)]] | [[Bild:Gin Lane klein.jpg|left|frame|''Gin Lane'' (1751)]] | ||
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- | Für das große MOSAIK-Panel wurde praktisch der gesamte Bildvordergrund aus der ''Gin Lane'' übernommen, komplett mit Treppe, Geländer, Toröffnungen und Lampe. Die zentrale Gestalt der halbentblößten Rabenmutter war den Zeichnern zwar zu grauenvoll, doch ist immerhin der Säufer weiter unten auf der Treppe im MOSAIK gelandet. Die Inschrift über dem | + | Für das große MOSAIK-Panel wurde praktisch der gesamte Bildvordergrund aus der ''Gin Lane'' übernommen, komplett mit Treppe, Geländer, Toröffnungen und Lampe. Die zentrale Gestalt der halbentblößten Rabenmutter war den Zeichnern zwar zu grauenvoll, doch ist immerhin der Säufer weiter unten auf der Treppe im MOSAIK gelandet. Die Inschrift über dem Tor ist im MOSAIK nach rechts gewandert. Sie lautet: "Drunk for a penny / Dead drunk for two pence / [...?] for Nothing". |
[[Bild:Gin Lane Ausschnitt 1.jpg|left|frame|Unterer Bildrand mit Treppe, Toröffnung und Lampe.]] | [[Bild:Gin Lane Ausschnitt 1.jpg|left|frame|Unterer Bildrand mit Treppe, Toröffnung und Lampe.]] | ||
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- | Warum | + | Warum auf der Lampe "Gin Royal" steht, also "Königlicher Gin", ist schwer zu deuten. Vielleicht ist es eine Anspielung darauf, dass die Oberschicht - und damit auch die Monarchie - eine Zeit lang ganz gut am Ginkonsum der Unterschicht verdient hat. |
- | + | [[Bild:Gin Lane Ausschnitt 2.jpg|left|frame|Lampe nochmal groß]] | |
- | + | [[Bild:63 04.jpg|left|frame|Inschrift: ''Gin Royal'']] | |
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Die Szene mit der Schubkarre aus der rechten Bildmitte ist im MOSAIK ganz nach links gerutscht. Es handelt sich hierbei um eine recht freie Verwendung dieses Motivs, denn weder die Körperhaltungen der Beteiligten, noch ihr Aussehen oder gar die Schubkarre selbst stimmen mit der Vorlage überein. | Die Szene mit der Schubkarre aus der rechten Bildmitte ist im MOSAIK ganz nach links gerutscht. Es handelt sich hierbei um eine recht freie Verwendung dieses Motivs, denn weder die Körperhaltungen der Beteiligten, noch ihr Aussehen oder gar die Schubkarre selbst stimmen mit der Vorlage überein. | ||
- | + | [[Bild:Gin Lane Ausschnitt 3.jpg|left|frame|Säufer in der Schubkarre]] | |
- | + | [[Bild:63 05.jpg|left|frame|Aus dem Zivilisten wurde ein Soldat.]] | |
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Die vier Motive ''The Four Times of Day'' - zuerst entstanden 1736 als Ölgemälde, dann 1738 als seitenverkehrte, leicht veränderte Stiche - bedienen sich eines beliebten Sujets der Kunstepoche. Es gibt um die Mitte des 18. Jahrhunderts eine ganze Reihe von ähnlichen Bilderserien, die den Wandel der Tageszeit, der Jahreszeiten oder der Lebensalter illustrieren. | Die vier Motive ''The Four Times of Day'' - zuerst entstanden 1736 als Ölgemälde, dann 1738 als seitenverkehrte, leicht veränderte Stiche - bedienen sich eines beliebten Sujets der Kunstepoche. Es gibt um die Mitte des 18. Jahrhunderts eine ganze Reihe von ähnlichen Bilderserien, die den Wandel der Tageszeit, der Jahreszeiten oder der Lebensalter illustrieren. | ||
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Im MOSAIK findet sich das Kneipenschild wieder, das im Original einen Kopf auf einem Tablett zeigt und damit auf Johannes den Täufer verweist. Das MOSAIK-Kneipenschild verspricht zwar ebenfalls "Good eating", präsentiert aber statt des Kopfes eine Keule und ein Römerglas. Hübsch, dass es die zierliche Schmiedearbeit an der Haltestange ins MOSAIK geschafft hat. | Im MOSAIK findet sich das Kneipenschild wieder, das im Original einen Kopf auf einem Tablett zeigt und damit auf Johannes den Täufer verweist. Das MOSAIK-Kneipenschild verspricht zwar ebenfalls "Good eating", präsentiert aber statt des Kopfes eine Keule und ein Römerglas. Hübsch, dass es die zierliche Schmiedearbeit an der Haltestange ins MOSAIK geschafft hat. | ||
- | + | [[Bild:Day 2 Noon klein.jpg|left|frame|''The Four Times of Day'', Tafel 2: ''Noon'' (1738)]] | |
- | + | [[Bild:Day 2 Noon Ausschnitt.jpg|left|frame|Good-Eating-Schild]] | |
- | + | [[Bild:63 06.jpg|left|frame|Aus Kopf mach' Keule.]] | |
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Das letzte Bild des Tageszeitenzyklus', '''Night''', steckt wieder voller Anspielungen. Zum Beispiel weisen das Eichenlaub um das Zunftzeichen des Barbiers (die Spiralstange) und die Kerzen in seinem Fenster auf die Feier des so genannten ''Oak-apple Day'' ("Gallapfel-Tag") - den 29. Mai - hin, mit der der Restitution der [[Stuarts]] im Jahre 1660 gedacht wurde. Natürlich war diese Feier nach der Machtübernahme des [[Welfen|Hauses Hannover]] 1714 verboten, wurde aber trotzdem aus Anhänglichkeit an die alte Dynastie von deren Anhängern, den Jacobiten, weiter begangen. Der Mann im Vordergrund ist ein Freimaurer (wie Hogarth übrigens selbst auch), und zwar handelt es sich wahrscheinlich um Sir Thomas de Veil († 1747), der sich oft mit Anti-Alkohol-Kampagnen hervorgetan hatte. Hogarth stellt ihn volltrunken dar, hinter ihm wird fleißig Gin umgefüllt und er kriegt den Inhalt eines Nachttopfes über den Kopf gekippt. | Das letzte Bild des Tageszeitenzyklus', '''Night''', steckt wieder voller Anspielungen. Zum Beispiel weisen das Eichenlaub um das Zunftzeichen des Barbiers (die Spiralstange) und die Kerzen in seinem Fenster auf die Feier des so genannten ''Oak-apple Day'' ("Gallapfel-Tag") - den 29. Mai - hin, mit der der Restitution der [[Stuarts]] im Jahre 1660 gedacht wurde. Natürlich war diese Feier nach der Machtübernahme des [[Welfen|Hauses Hannover]] 1714 verboten, wurde aber trotzdem aus Anhänglichkeit an die alte Dynastie von deren Anhängern, den Jacobiten, weiter begangen. Der Mann im Vordergrund ist ein Freimaurer (wie Hogarth übrigens selbst auch), und zwar handelt es sich wahrscheinlich um Sir Thomas de Veil († 1747), der sich oft mit Anti-Alkohol-Kampagnen hervorgetan hatte. Hogarth stellt ihn volltrunken dar, hinter ihm wird fleißig Gin umgefüllt und er kriegt den Inhalt eines Nachttopfes über den Kopf gekippt. | ||
Dieses unappetitliche Geschehen hat offenbar auch den Humor der MOSAIK-Zeichner getroffen, weshalb es sich links in der Kneipe wiederfindet und hier eine Gruppe von Soldaten verärgert. | Dieses unappetitliche Geschehen hat offenbar auch den Humor der MOSAIK-Zeichner getroffen, weshalb es sich links in der Kneipe wiederfindet und hier eine Gruppe von Soldaten verärgert. | ||
- | + | [[Bild:Day 4 Night klein.jpg|left|frame|''The Four Times of Day'', Tafel 4: ''Night'' (1738)]] | |
- | + | [[Bild:Day 4 Night Ausschnitt.jpg|left|frame|Das beliebte Kippen]] | |
- | + | [[Bild:63 07.jpg|left|frame|Platsch!]] | |
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Hogarths ''Election''-Serie bezieht sich auf die berühmt-berüchtigte Wahl von 1754 in Oxfordshire, bei der es zu massiven Bestechungsversuchen gekommen war. Die Parteien der Whigs und der Tories überboten sich in ihren Bemühungen, die Öffentlichkeit mit Festen, Geld und Versprechungen auf ihre jeweilige Seite zu ziehen. Hogarth bebildert diese Auswüchse der Demokratie in seiner üblichen, unnachahmlichen Weise. | Hogarths ''Election''-Serie bezieht sich auf die berühmt-berüchtigte Wahl von 1754 in Oxfordshire, bei der es zu massiven Bestechungsversuchen gekommen war. Die Parteien der Whigs und der Tories überboten sich in ihren Bemühungen, die Öffentlichkeit mit Festen, Geld und Versprechungen auf ihre jeweilige Seite zu ziehen. Hogarth bebildert diese Auswüchse der Demokratie in seiner üblichen, unnachahmlichen Weise. | ||
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Ins MOSAIK hat es von dieser Szenerie nur das Kneipenschild mit der Krone geschafft (im Original recht weit im Hintergrund, im MOSAIK an der rechten Hauswand in Verbindung mit einem anderen Schild). | Ins MOSAIK hat es von dieser Szenerie nur das Kneipenschild mit der Krone geschafft (im Original recht weit im Hintergrund, im MOSAIK an der rechten Hauswand in Verbindung mit einem anderen Schild). | ||
- | + | [[Bild:Elections 2 Ausschnitt.jpg|left|frame|Kronen-Schild]] | |
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Die vierte Tafel der ''Election''-Serie, '''Chairing the Members''' (Triumphzug der [Parlaments]mitglieder), zeigt die Parade anlässlich des Sieges der Tory-Kandidaten. Leider bedeutet ihr Sieg für sie nicht, dass alles glatt liefe. Im Gegenteil, die Parade wird ausgerechnet vor einem Haus mit einer Sonnenuhr (die auf die Vergänglichkeit verweist) und einem Totenkopf (Symbol ist klar) von einer Sau mit Ferkeln, zwei prügelnden Strolchen samt Tanzbär und einem schwer beladenen Esel gestoppt. Über dem Kandidaten, der gleich von seinem "Thron" kippt, fliegt übrigens eine Gans - nicht etwa ein Adler. | Die vierte Tafel der ''Election''-Serie, '''Chairing the Members''' (Triumphzug der [Parlaments]mitglieder), zeigt die Parade anlässlich des Sieges der Tory-Kandidaten. Leider bedeutet ihr Sieg für sie nicht, dass alles glatt liefe. Im Gegenteil, die Parade wird ausgerechnet vor einem Haus mit einer Sonnenuhr (die auf die Vergänglichkeit verweist) und einem Totenkopf (Symbol ist klar) von einer Sau mit Ferkeln, zwei prügelnden Strolchen samt Tanzbär und einem schwer beladenen Esel gestoppt. Über dem Kandidaten, der gleich von seinem "Thron" kippt, fliegt übrigens eine Gans - nicht etwa ein Adler. | ||
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Die symbolträchtige Sonnenuhr findet sich auch im MOSAIK wieder, und zwar am Haus in der Bildmitte. Die Inschrift ist zwar verloren gegangen, das übereinstimmende Gestänge ist aber deutlich zu erkennen. | Die symbolträchtige Sonnenuhr findet sich auch im MOSAIK wieder, und zwar am Haus in der Bildmitte. Die Inschrift ist zwar verloren gegangen, das übereinstimmende Gestänge ist aber deutlich zu erkennen. | ||
- | + | [[Bild:Elections 4 Ausschnitt 1.jpg|left|frame|Sonnenuhr]] | |
- | + | [[Bild:63 09.jpg|left|frame|[[Durchrietscheln|Durchgerietschelt]]!]] | |
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Der Fiedler, der den Triumphzug der Tories anführt, hat das Tohuwabohu hinter sich noch gar nicht gemerkt. Auch im MOSAIK - in der rechten Bildecke - hat er seine Augen selbstversunken geschlossen. | Der Fiedler, der den Triumphzug der Tories anführt, hat das Tohuwabohu hinter sich noch gar nicht gemerkt. Auch im MOSAIK - in der rechten Bildecke - hat er seine Augen selbstversunken geschlossen. | ||
- | + | [[Bild:Elections 4 Ausschnitt 2.jpg|left|frame|Wilder Fiedler]] | |
- | + | [[Bild:63 10.jpg|left|frame|Versonnener Violinist]] | |
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'''The Enraged Musician''' (Der wütende Musiker) ist wohl eine Anspielung auf das Ende der großen Zeit der [[Italien]]ischen Oper in [[Großbritannien]]. Der Violinist im Fenster steht für die feine, ausländische Kunst, während der lärmende Haufen vor seinem Haus den neuen, wesentlich weniger kultivierten Musikgeschmack symbolisiert. So quäkt eine Balladensängerin um die Wette mit einem krächzenden Papagei und ihrem quengelnden Baby, knattert ein Mädchen mit seiner Rassel, tutet ein Straßenmusiker mit seiner Oboe, preist ein Milchmädchen lauthals ihre Ware an, trommelt ein Lausbub, quietscht ein Scherenschleifer, bellt ein Hund, stampft ein Straßenarbeiter, bimmelt ein Müllmann, bläst ein Sauschneider ins Horn, brüllt ein Fischhändler und fauchen zwei Katzen. | '''The Enraged Musician''' (Der wütende Musiker) ist wohl eine Anspielung auf das Ende der großen Zeit der [[Italien]]ischen Oper in [[Großbritannien]]. Der Violinist im Fenster steht für die feine, ausländische Kunst, während der lärmende Haufen vor seinem Haus den neuen, wesentlich weniger kultivierten Musikgeschmack symbolisiert. So quäkt eine Balladensängerin um die Wette mit einem krächzenden Papagei und ihrem quengelnden Baby, knattert ein Mädchen mit seiner Rassel, tutet ein Straßenmusiker mit seiner Oboe, preist ein Milchmädchen lauthals ihre Ware an, trommelt ein Lausbub, quietscht ein Scherenschleifer, bellt ein Hund, stampft ein Straßenarbeiter, bimmelt ein Müllmann, bläst ein Sauschneider ins Horn, brüllt ein Fischhändler und fauchen zwei Katzen. | ||
Im MOSAIK ist die Balladensängerin links im Hintergrund zu sehen, wo sie diesmal mit einem fröhlichen Lächeln einem Mann ihr immer noch jaulendes Kindlein zeigt. | Im MOSAIK ist die Balladensängerin links im Hintergrund zu sehen, wo sie diesmal mit einem fröhlichen Lächeln einem Mann ihr immer noch jaulendes Kindlein zeigt. | ||
- | + | [[Bild:Enraged musician klein.jpg|left|frame|''The Enraged Musician'' (1741)]] | |
- | + | [[Bild:Enraged musician Ausschnitt 1.jpg|left|frame|Frau mit Baby]] | |
- | + | [[Bild:63 11.jpg|left|frame|Babywurst]] | |
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Die zwölfteilige Bildserie ''Industry and Idlenes'' vom September 1747 hat zwei Vorlagen fürs MOSAIK geliefert. Während die erste Tafel als Vorbild für die Rückseite von Heft [[71]] diente (siehe dazu [[William Hogarth#Vorlage für Heft 71 Seite 24|weiter unten]]), erkennt man ein Detail aus der zwölften Tafel - '''The Industrious 'Prentice Lord-Mayor of London''' - auf der Doppelseite von Heft [[63]]. | Die zwölfteilige Bildserie ''Industry and Idlenes'' vom September 1747 hat zwei Vorlagen fürs MOSAIK geliefert. Während die erste Tafel als Vorbild für die Rückseite von Heft [[71]] diente (siehe dazu [[William Hogarth#Vorlage für Heft 71 Seite 24|weiter unten]]), erkennt man ein Detail aus der zwölften Tafel - '''The Industrious 'Prentice Lord-Mayor of London''' - auf der Doppelseite von Heft [[63]]. | ||
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- | Im MOSAIK findet sich - etwa an derselben Stelle wie im Original - eine Häuserfassade wieder. Das Türmchen und die Verteilung der Schornsteine sind übernommen worden. Hinzugefügt hat der Künstler die schwarze | + | Im MOSAIK findet sich - etwa an derselben Stelle wie im Original - eine Häuserfassade wieder. Das Türmchen und die Verteilung der Schornsteine sind übernommen worden. Hinzugefügt hat der Künstler die schwarze Silhouette eines Schornsteinfegers - dafür mussten die Zaungäste weichen. |
- | + | [[Bild:Industry Idleness 12 Ausschnitt.jpg|left|frame|Haus]] | |
- | + | [[Bild:63 12.jpg|left|frame|Inklusive Schornsteinfegersilhouette.]] | |
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Die zweiteilige Serie ''The Invasion'' entstand im März 1756, kurz vor dem Ausbruch des Siebenjährigen Krieges und behandelt die Kriegsvorbereitungen auf beiden Seiten des Kanals. Hogarth zeigt sich hierbei als loyaler Patriot: Während die französischen Habenichtse sich furchtsam zusammendrängen, feiern die wohlgenährten Briten sich selbst. | Die zweiteilige Serie ''The Invasion'' entstand im März 1756, kurz vor dem Ausbruch des Siebenjährigen Krieges und behandelt die Kriegsvorbereitungen auf beiden Seiten des Kanals. Hogarth zeigt sich hierbei als loyaler Patriot: Während die französischen Habenichtse sich furchtsam zusammendrängen, feiern die wohlgenährten Briten sich selbst. | ||
- | So sieht man die hungernden, gramgebeugten Franzosen auf der Tafel '''France''' unter einem Schild, das " | + | So sieht man die hungernden, gramgebeugten Franzosen auf der Tafel '''France''' unter einem Schild, das "Soup Meagre a la Sabot Royal" verheißt, also "Wassersuppe nach Königlicher Holzschuhart". Der Holzschuh hängt auch gleich daneben. Die Soldaten scheinen aber auf die Suppe verzichten zu wollen und braten sich lieber ein paar leckere Frösche. Der Anstifter zum Krieg, zu dem die Söldner bis auf einen kaum Lust zu verspüren scheinen, ist ein (natürlich katholischer) Mönch, der die Schärfe seines Kriegsbeils prüft. Im Hintergrund wird die zögerliche Armee mit Waffengewalt auf die (Invasions-)Schiffe gepresst. |
[[Bild:Invasion 1 - France klein.jpg|left|frame|''The Invasion'', Tafel 1: ''France'' (1756)]] | [[Bild:Invasion 1 - France klein.jpg|left|frame|''The Invasion'', Tafel 1: ''France'' (1756)]] | ||
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Das erwähnte Wassersuppenschild samt Clog findet sich auch im MOSAIK wieder - am rechten Bildrand -, wo es mit einem weiteren Schild kombiniert wurde (dazu siehe weiter oben). | Das erwähnte Wassersuppenschild samt Clog findet sich auch im MOSAIK wieder - am rechten Bildrand -, wo es mit einem weiteren Schild kombiniert wurde (dazu siehe weiter oben). | ||
- | + | [[Bild:Invasion 1 - France Ausschnitt.jpg|left|frame|Soup-Meagre-Schild mit Schuh]] | |
- | + | [[Bild:63 01.jpg|left|frame|Dasselbe Schild mit hinzugemogelter Krone.]] | |
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- | Im Gegensatz dazu geht | + | ---- |
+ | Im Gegensatz dazu geht auf britischer Seite hoch her (Tafel '''England'''). Die Soldaten feiern ausgelassen vor dem Pub ''Duke of Cumberland'' - der Herzog von Cumberland war der jüngere Sohn von König [[Georg II.]] und hatte den mit französischer Unterstützung in [[Schottland]] gelandeten [[Stuart]]-Prätendenten [[Charles Edward Stuart|Bonnie Prince Charlie]] 1746 bei [[Schlacht von Culloden|Culloden]] geschlagen - und mokieren sich über ein Bildnis des [[Ludwig XIV.|französichen Königs]]. Die anwesenden Soldatenbräute tragen zur fröhlichen Stimmung bei, indem sie z.B. die breiten Schultern ihres Geliebten ausmessen oder mit einer entsprechend gehaltenen Gabel die Mannesgröße ihres G'spusis mit der des fremden Königs vergleichen. Im Hintergrund wird tapfer exerziert und am rechten Bildrand fleißig musiziert. Man sieht: Großbritannien erwartet den feigen Überfall der schäbigen Franzosen mit männlich-selbstbewusster Zuversicht. | ||
[[Bild:Invasion 2 England klein.jpg|left|frame|''The Invasion'', Tafel 2: ''England'' (1756)]] | [[Bild:Invasion 2 England klein.jpg|left|frame|''The Invasion'', Tafel 2: ''England'' (1756)]] | ||
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- | Im MOSAIK scheint die ausgelassene Soldatenparty als Inspiration für eine ähnliche Szene am linken Bildrand gedient zu haben. | + | Im MOSAIK scheint die ausgelassene Soldatenparty als Inspiration für eine ähnliche Szene am linken Bildrand gedient zu haben. abgesehen von der allgemeinen Situation ist aber kein weiteres Detail übernommen worden; amehesten noch der spitze Soldatenhut. |
- | + | [[Bild:Invasion 2 England Ausschnitt.jpg|left|frame|Soldatenparty]] | |
- | + | [[Bild:63 25.jpg|left|frame|Wehrdienstleisterfeier]] | |
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+ | [[Bild:Rake 4 Arrest klein.jpg|left|frame|''A Rake's Progress'', Tafel 4: ''The Rake Arrested, Going to Court'']] | ||
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+ | [[Bild:Rake 4 Arrest Ausschnitt.jpg|left|frame|Unaufmerksamer Lampenölauffüller]] | ||
+ | [[Bild:63 13.jpg|left|frame|Liederlicher Lampenölabzweiger]] | ||
- | [[Bild: | + | <br clear=both> |
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+ | [[Bild:Stage coach klein.jpg|left|frame|''Stage Coach'']] | ||
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- | + | [[Bild:Stage coach Ausschnitt 1.jpg|left|frame|Mann schiebt dicke Frau hinein.]] | |
+ | [[Bild:63 14.jpg|left|frame|Mann bewahrt dicke Frau vorm Rausfallen.]] | ||
- | + | <br clear=both> | |
- | + | [[Bild:Stage coach Ausschnitt 2.jpg|left|frame|Pfeiferauchende Frau.]] | |
- | + | [[Bild:63 15.jpg|left|frame|Rauchpfeifende Frau.]] | |
- | + | ||
- | = | + | <br clear=both> |
- | + | [[Bild:Stage coach Ausschnitt 3.jpg|left|frame|Liegender Mann mit Bündel]] | |
- | + | [[Bild:63 16.jpg|left|frame|Die Pfeife ist um einiges kürzer als im Original.]] | |
- | [[Bild: | + | |
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+ | In Hogarths Stich ''The Times'', Tafel 2, sind in der rechten Bildhälfte zwei Figuren am [[Pranger]] zu sehen. Bei der einen handelt es sich um Hogarths Intimfeind John Wilkes, der nach der ''North-Briton''-Affäre wegen Verleumdung (''Defamation'') angeklagt worden war. Die zweite Figur ist der so genannte ''Cock Lane ghost'' - auch bekannt als ''Scratching Fanny'' -, d.h. der angebliche Geist der Fanny Lynes. Dieser Geist soll durch Kratz- und Klopfgeräusche (daher der Hammer in der Hand auf Hogarths Stich) auf sich aufmerksam gemacht haben. In Wirklichkeit handelte es sich um den Versuch eines Hausbesitzers, einen seiner Mieter, der ihm Geld schuldete, mit dem Geist von dessen verstorbener Lebensgefährtin Fanny Lynes zu erpressen. Die junge Tochter des Hausbesitzers sorgte dabei für die Geräusche. Der Hausbesitzer wurde wegen Verschwörung (''Conspiracy'') verurteilt. Näheres zu den beiden Themenkomplexen in den Artikeln der englischsprachigen [[Wikipedia]]: [http://en.wikipedia.org/wiki/John_Wilkes John Wilkes] und [http://en.wikipedia.org/wiki/Cock_Lane_ghost Cock Lane ghost]. Auch interessant: [http://books.google.de/books?id=2b8stRwMQPIC&printsec=frontcover#v=onepage&q=&f=false das erste Kapitel] aus ''The Rise of Supernatural Fiction, 1762-1800'' von E. J. Clery. | ||
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Im [[MOSAIK]] wurde der Geist der ''Kratzenden Fanny'' nicht berücksichtigt; dafür musste [[Verschwörer Wilkes|Wilkes]] für die ''Conspiracy'' geradestehen, statt wie im Original für ''Defamation''. | Im [[MOSAIK]] wurde der Geist der ''Kratzenden Fanny'' nicht berücksichtigt; dafür musste [[Verschwörer Wilkes|Wilkes]] für die ''Conspiracy'' geradestehen, statt wie im Original für ''Defamation''. | ||
+ | [[Bild:Times 2 Ausschnitt.jpg|left|frame|Fanny die Verschwörerin und Wilkes der Verleumder]] | ||
+ | [[Bild:63 17.jpg|left|frame|[[Verschwörer Wilkes|Wilkes der Verschwörer]]]] | ||
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Einer derjenigen, die sich über die Angeprangerten amüsieren, ist aus der Vorlage auch ins MOSAIK gelangt. Hier lehnt er freilich nicht mehr einfach am Podest, sondern popelt in der Nase von Wilkes. Hut, Schürze und Pfeife sind identisch. | Einer derjenigen, die sich über die Angeprangerten amüsieren, ist aus der Vorlage auch ins MOSAIK gelangt. Hier lehnt er freilich nicht mehr einfach am Podest, sondern popelt in der Nase von Wilkes. Hut, Schürze und Pfeife sind identisch. | ||
+ | [[Bild:Times 2 Ausschnitt 2.jpg|left|frame|Beschürzter Pfeiferaucher]] | ||
+ | [[Bild:63 23.jpg|left|frame|Nasenpopler]] | ||
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Eine weitere Figur, die bei Hogarth direkt in der Nähe des Prangers zu finden ist, ist der Dudelsackspieler. Im MOSAIK hat er einen lustigen Hut bekommen, befindet sich bildkompositorisch gesehen aber an fast derselben Stelle. Der Dudelsack selbst ist ziemlich genau übernommen worden, bei der Hand- und Armhaltung des Spielers jedoch offenbart der MOSAIK-Zeichner einige Kreativität. | Eine weitere Figur, die bei Hogarth direkt in der Nähe des Prangers zu finden ist, ist der Dudelsackspieler. Im MOSAIK hat er einen lustigen Hut bekommen, befindet sich bildkompositorisch gesehen aber an fast derselben Stelle. Der Dudelsack selbst ist ziemlich genau übernommen worden, bei der Hand- und Armhaltung des Spielers jedoch offenbart der MOSAIK-Zeichner einige Kreativität. | ||
+ | [[Bild:Times 2 Ausschnitt 3.jpg|left|frame|Dudelsackspieler]] | ||
+ | [[Bild:63 24.jpg|left|frame|Gaukler]] | ||
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Für die linke Häuserfront nutzten die MOSAIK-Zeichner den zweiten Stich aus der Serie ''The Four Stages of Cruelty'' ("Die vier Stufen der Grausamkeit"). Auf diesem Bild wird der Übergang von der Grausamkeit gegenüber Tieren zur Grausamkeit gegenüber Menschen dargestellt: Ein Stier wird gejagt, der Esel ist überladen und wird gepiekst, das Pferd ist unter der Last zusammengebrochen und wird verhauen, das Lamm wird geradeweg totgeschlagen und dahinter wird ein kleines Kind achtlos überfahren. | Für die linke Häuserfront nutzten die MOSAIK-Zeichner den zweiten Stich aus der Serie ''The Four Stages of Cruelty'' ("Die vier Stufen der Grausamkeit"). Auf diesem Bild wird der Übergang von der Grausamkeit gegenüber Tieren zur Grausamkeit gegenüber Menschen dargestellt: Ein Stier wird gejagt, der Esel ist überladen und wird gepiekst, das Pferd ist unter der Last zusammengebrochen und wird verhauen, das Lamm wird geradeweg totgeschlagen und dahinter wird ein kleines Kind achtlos überfahren. | ||
Möglicherweise übernahmen die Zeichner zudem die Hausinschrift ''Temple'' aus dem ersten Stich der Reihe ''The Times'' (der zweite Stich dieser Reihe wurde oben bereits besprochen). Dieses Bild stellt eine Allegorie auf die angebliche politische Brandstifterrolle von William Pitt dem Älteren (dem Feuerentfacher auf Stelzen) und die Friedensliebe von König [[Georg III.]] (dem heroischen Feuerwehrmann auf dem Sockel) dar. Hogarth war seit einigen Jahren Hofmaler und handelte wohl nach der Devise "Wess' Brot ich ess', dess' Lied ich sing". Unter den drei Heckenschützen im linken Haus, die dem Feuerwehrmann in den Rücken fallen, dürfte auch der Journalist John Wilkes zu finden sein, Hogarths Intimfeind (siehe oben). | Möglicherweise übernahmen die Zeichner zudem die Hausinschrift ''Temple'' aus dem ersten Stich der Reihe ''The Times'' (der zweite Stich dieser Reihe wurde oben bereits besprochen). Dieses Bild stellt eine Allegorie auf die angebliche politische Brandstifterrolle von William Pitt dem Älteren (dem Feuerentfacher auf Stelzen) und die Friedensliebe von König [[Georg III.]] (dem heroischen Feuerwehrmann auf dem Sockel) dar. Hogarth war seit einigen Jahren Hofmaler und handelte wohl nach der Devise "Wess' Brot ich ess', dess' Lied ich sing". Unter den drei Heckenschützen im linken Haus, die dem Feuerwehrmann in den Rücken fallen, dürfte auch der Journalist John Wilkes zu finden sein, Hogarths Intimfeind (siehe oben). | ||
- | + | [[Bild:Cruelty 2 klein.jpg|left|frame|''Second Stage of Cruelty'']] | |
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Schön zu sehen: Die Kombination aus der Fassade und der Aufschrift ''Temple''. Dass es sich im Original allerdings um ein Kaffeehaus handelt, hat man im MOSAIK geschickt unterschlagen. | Schön zu sehen: Die Kombination aus der Fassade und der Aufschrift ''Temple''. Dass es sich im Original allerdings um ein Kaffeehaus handelt, hat man im MOSAIK geschickt unterschlagen. | ||
- | + | [[Bild:Cruelty 2 Ausschnitt 1.jpg|left|frame|Hausfassade aus ''Cruelty'']] | |
- | + | [[Bild:63 21.jpg|left|frame|Hausfassade mit ''Temple''-Schild]] | |
- | + | [[Bild:Times 1 Ausschnitt.jpg|left|frame|''Temple''-Schild aus ''Times'']] | |
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Die gekreuzten Schlüssel sind das Zunftzeichen der Schlosser. | Die gekreuzten Schlüssel sind das Zunftzeichen der Schlosser. | ||
- | + | [[Bild:Cruelty 2 Ausschnitt 2.jpg|left|frame|Gekreuzte-Schlüssel-Schild]] | |
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- | Eine der ersten Arbeiten, mit denen Hogarth bekannt wurde, war die Illustration von Samuel Butlers satirischem Epos ''Hudibras'', das bereits 1662 erschienen war, sich aber auch in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts großer Beliebtheit in [[Großbritannien]] erfreute (es galt als ein Pendant zu [[Miguel de Cervantes|Cervantes]]' ''[[Don Quixote]]''). Einer der beeindruckendsten Stiche ist der unten abgebildete | + | ---- |
+ | Eine der ersten Arbeiten, mit denen Hogarth bekannt wurde, war die Illustration von Samuel Butlers satirischem Epos ''Hudibras'', das bereits 1662 erschienen war, sich aber auch in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts großer Beliebtheit in [[Großbritannien]] erfreute (es galt als ein Pendant zu [[Miguel de Cervantes|Cervantes]]' ''[[Don Quixote]]''). Einer der beeindruckendsten Stiche ist der unten abgebildete, auf dem das symbolische Verbrennen des Rumpfparlaments von 1660 durch eine aufgebrachte Menge dargestellt ist - statt des ''Rump Parliaments'' werden ''Rump Steaks'' verbrannt. Die Titelfigur Hudibras hat sich dummerweise auch die Ungunst des Mobs zugezogen und wird gerade gelyncht. | ||
Die MOSAIK-Zeichner entnahmen dieser Buchillustration das Tor im Hintergrund und das schöne Firmenschild an der rechten Wand. | Die MOSAIK-Zeichner entnahmen dieser Buchillustration das Tor im Hintergrund und das schöne Firmenschild an der rechten Wand. | ||
- | [[Bild:Hudibras klein.jpg|left|frame|''Hudibras'', Teil 11: | + | [[Bild:Hudibras klein.jpg|left|frame|''Hudibras'', Teil 11: Symbolische Verbrennung des Parlaments]] |
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- | Wie man sieht, ist das Tor im MOSAIK zwar ein wenig vereinfacht worden, wird dafür aber nicht mehr halb vom Rauch verdeckt. Bei dem Vorbild handelt es sich übrigens um das auch heute wieder zu besichtigende [ | + | Wie man sieht, ist das Tor im MOSAIK zwar ein wenig vereinfacht worden, wird dafür aber nicht mehr halb vom Rauch verdeckt. Bei dem Vorbild handelt es sich übrigens um das auch heute wieder zu besichtigende [http://en.wikipedia.org/wiki/Temple_Bar,_London Temple-Bar-Tor] zwischen der City of London und der City of Westminster. Die beiden Viecher links und rechts sind Greifen. |
- | + | [[Bild:Hudibras Ausschnitt 1.jpg|left|frame|Halbes Tor]] | |
- | + | [[Bild:63 20.jpg|left|frame|Ganzes Tor]] | |
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Auch das schöne Firmen- oder Zunftzeichen an der rechten Hauswand ist im MOSAIK leicht vereinfacht worden: Der kleine Fisch ist restlos verschwunden. Wofür die Initialen ''TBS'' stehen, ist leider nicht bekannt. Es könnte ein Zusammenhang mit dem Temple-Bar-Tor bestehen. | Auch das schöne Firmen- oder Zunftzeichen an der rechten Hauswand ist im MOSAIK leicht vereinfacht worden: Der kleine Fisch ist restlos verschwunden. Wofür die Initialen ''TBS'' stehen, ist leider nicht bekannt. Es könnte ein Zusammenhang mit dem Temple-Bar-Tor bestehen. | ||
- | + | [[Bild:Hudibras Ausschnitt 2.jpg|left|frame|Firmenschild mit drei Fischen und elf Bommeln.]] | |
- | + | [[Bild:63 22.jpg|left|frame|Gänzlich anderes Firmenschild mit nur zwei Fischen und sieben Bommeln.]] | |
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=== Vorlage für Heft 71 Seite 24 === | === Vorlage für Heft 71 Seite 24 === | ||
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Die Serie ''Industry and Idleness'' (zu deutsch etwa "Fleiß und Faulheit") wurde oben zu Heft [[63]] schon erwähnt, wo die zwölfte Tafel der Reihe fürs MOSAIK verwendet wurde. Für die redaktionelle Rückseite von Heft [[71]], ''Maschinen und Maschinenstürmer'', wiederum stand der erste Teil der Reihe - '''The Fellow 'Prentices at their Looms''' - Pate und wurde mit Ausnahme des rechten Randes minutiös abgezeichnet und koloriert. | Die Serie ''Industry and Idleness'' (zu deutsch etwa "Fleiß und Faulheit") wurde oben zu Heft [[63]] schon erwähnt, wo die zwölfte Tafel der Reihe fürs MOSAIK verwendet wurde. Für die redaktionelle Rückseite von Heft [[71]], ''Maschinen und Maschinenstürmer'', wiederum stand der erste Teil der Reihe - '''The Fellow 'Prentices at their Looms''' - Pate und wurde mit Ausnahme des rechten Randes minutiös abgezeichnet und koloriert. | ||
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Dieser Hintergrund spielt im MOSAIK jedoch keine Rolle. Das Bild wurde wegen der beiden Webstühle ausgewählt, denn um Webstühle und Spinnmaschinen geht es im Text, der sich ansonsten mit dem Thema [[Maschinensturm]] im 19. Jahrhundert befasst. | Dieser Hintergrund spielt im MOSAIK jedoch keine Rolle. Das Bild wurde wegen der beiden Webstühle ausgewählt, denn um Webstühle und Spinnmaschinen geht es im Text, der sich ansonsten mit dem Thema [[Maschinensturm]] im 19. Jahrhundert befasst. | ||
- | + | [[Bild:Industry Idleness 1 klein.jpg|left|frame|''Industry and Idleness'', Tafel 1: ''The Fellow 'Prentices at their Looms'']] | |
- | + | [[Bild:71 24.jpg|left|frame|Illustration zu ''Maschinen und Maschinenstürmer'']] | |
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*[http://commons.wikimedia.org/wiki/William_Hogarth Bildergalerie] in den ''Wikimedia Commons'' | *[http://commons.wikimedia.org/wiki/William_Hogarth Bildergalerie] in den ''Wikimedia Commons'' | ||
*[http://www.zeno.org/Kunstwerke/A/Hogarth,+William Bildergalerie] auf Zeno.org | *[http://www.zeno.org/Kunstwerke/A/Hogarth,+William Bildergalerie] auf Zeno.org | ||
- | *Volker Langmeier: ''Das Bilderwerk William Hogarths im Mosaik Nr. 63 von Hannes Hegen'', in: | + | *Volker Langmeier: ''Das Bilderwerk William Hogarths im Mosaik Nr. 63 von Hannes Hegen'', in: [[Digefax 8]], Wittenberg 1995. |
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*Mark Hallett und Christine Riding: ''Hogarth'', London 2006. | *Mark Hallett und Christine Riding: ''Hogarth'', London 2006. | ||
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