Bearbeiten von William Hogarth

Aus MosaPedia

Wechseln zu: Navigation, Suche
Du bearbeitest diese Seite unangemeldet. Wenn du speicherst, wird deine aktuelle IP-Adresse in der Versionsgeschichte aufgezeichnet und ist damit unwiderruflich öffentlich einsehbar.

WARNUNG: Diese Seite ist 33 KB groß; einige Browser könnten Probleme haben, Seiten zu bearbeiten, die größer als 32 KB sind. Überlege bitte, ob eine Aufteilung der Seite in kleinere Abschnitte möglich ist.

Um die Änderung rückgängig zu machen, bitte die Bearbeitung in der Vergleichsansicht kontrollieren und dann auf „Seite speichern“ klicken.
Aktuelle Version Dein Text
Zeile 4: Zeile 4:
== Frühere Arbeiten zu diesem Thema ==
== Frühere Arbeiten zu diesem Thema ==
-
[[Thomas Kramer]] erwähnt [[1993]] in seinem [[Das Mosaik-Fan-Buch|Fanbuch]] Hogarth erstmalig als Quelle für das MOSAIK: Er bezeichnet auf S. 78 dieser Publikation die Doppelseite in Heft [[63]] als ein "Hogarthschen Vorbildern ähnliches Gemälde" (wobei er die fraglichen Seiten 10 und 11 von Heft 63 mit den "Seiten 9 und 10 des Heftes [[64]]" verwechselt). Weiter geht Kramer aber nicht auf das Thema ein.
+
[[Thomas Kramer]] erwähnt [[1993]] in seinem [[Das Mosaik-Fan-Buch|Fanbuch]] Hogarth erstmalig als Quelle für das MOSAIK: Er bezeichnet auf S. 78 dieser Publikation die Doppelseite in Heft [[63]] als ein "Hogarthschen Vorbildern ähnliches Gemälde" (auch wenn er die fraglichen Seiten 10 und 11 von Heft 63 irrig als "Seiten 9 und 10 des Heftes [[64]]" zitiert). Weiter geht Kramer aber nicht auf das Thema ein.
Davon angeregt, veröffentlichte Volker Langmeier im [[Fanzine]] ''[[Digefax 8]]'' [[1995]] einen Artikel unter dem Titel ''Das Bilderwerk William Hogarths im Mosaik Nr. [[63]] von Hannes Hegen''. Darin beschreibt er die künstlerische Bedeutung Hogarths und macht mehrere Grafiken von ihm als Vorlagen namhaft: ''The Four Times of Day - Night'', ''The Four Times of Day - Noon'', ''Invasion - England'', ''Gin Lane'', ''Beer Street'', ''The Times 2'', ''Stage Coach'' (''Hof einer ländlichen Schenke''), ''Southwark Fair'' (''Der Jahrmarkt zu [[Southwark]]'') und ''The Four Stages of Cruelty 2''. Die meisten davon werden - zumindest in Ausschnitten - auch abgebildet. Zudem weist Langmeier auf das Bild ''Industry and Idleness'' Tafel 1 hin, das die Vorlage für die Rückseite von Heft [[71]] bildete.
Davon angeregt, veröffentlichte Volker Langmeier im [[Fanzine]] ''[[Digefax 8]]'' [[1995]] einen Artikel unter dem Titel ''Das Bilderwerk William Hogarths im Mosaik Nr. [[63]] von Hannes Hegen''. Darin beschreibt er die künstlerische Bedeutung Hogarths und macht mehrere Grafiken von ihm als Vorlagen namhaft: ''The Four Times of Day - Night'', ''The Four Times of Day - Noon'', ''Invasion - England'', ''Gin Lane'', ''Beer Street'', ''The Times 2'', ''Stage Coach'' (''Hof einer ländlichen Schenke''), ''Southwark Fair'' (''Der Jahrmarkt zu [[Southwark]]'') und ''The Four Stages of Cruelty 2''. Die meisten davon werden - zumindest in Ausschnitten - auch abgebildet. Zudem weist Langmeier auf das Bild ''Industry and Idleness'' Tafel 1 hin, das die Vorlage für die Rückseite von Heft [[71]] bildete.
Zeile 23: Zeile 23:
<br clear=both>
<br clear=both>
-
==== ''Beer Street'' ====
+
----
Die beiden zusammengehörenden Tafeln ''Beer Street'' und ''Gin Lane'' zählen wohl zu den bekanntesten Werken Hogarths. Er entwickelt darin einen Gegensatz zwischen dem ordentlichen, prosperierenden, bodenständig-englischen Mittelstand, der sich durch den maßvollen Genuss des einheimischen Bieres definiert, und der chaotischen, verzweifelten, elenden Welt der Unterschicht, die sich dem Gin hingibt, einem perfiden, ausländischen Teufelszeug.
Die beiden zusammengehörenden Tafeln ''Beer Street'' und ''Gin Lane'' zählen wohl zu den bekanntesten Werken Hogarths. Er entwickelt darin einen Gegensatz zwischen dem ordentlichen, prosperierenden, bodenständig-englischen Mittelstand, der sich durch den maßvollen Genuss des einheimischen Bieres definiert, und der chaotischen, verzweifelten, elenden Welt der Unterschicht, die sich dem Gin hingibt, einem perfiden, ausländischen Teufelszeug.
Zeile 45: Zeile 45:
|}
|}
-
==== ''Gin Lane'' ====
+
----
Im Gegensatz zur ''Beer Street'' herrscht in der '''Gin Lane''' - von Hogarth im Armenviertel St. Giles angesiedelt - die reinste Verzweiflung. Menschen hängen apathisch auf der Straße herum, manch einer balgt sich mit einem Hund um den letzten Knochen, volltrunkene Mütter vernachlässigen ihre armen Kinder, Häuser stürzen ein. Prächtig hingegen geht es dem Pfandleiher, der sich vor Kunden kaum retten kann und in einem Palazzo residiert, und auch die Destillerie und das Bestattungsinstitut laufen gut. Die beiden Bilder sind im Zusammenhang mit dem so genannten [http://en.wikipedia.org/wiki/Gin_Act_1751 ''Gin Act'' von 1751] entstanden, einem Parlamentsbeschluss, mit dem das weit verbreitete Komasaufen mit Hochprozentigem unterbunden werden sollte - einfach, indem man eine [[Gin]]-Steuer erhob, wodurch das Getränk nicht mehr so billig wie zuvor angeboten werden konnte. In der Tat fand der "Gin-Wahnsinn" (engl. [http://en.wikipedia.org/wiki/Gin_Craze ''Gin Craze'']), der [[Großbritannien]] in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts heimgesucht hatte, bald ein Ende.
Im Gegensatz zur ''Beer Street'' herrscht in der '''Gin Lane''' - von Hogarth im Armenviertel St. Giles angesiedelt - die reinste Verzweiflung. Menschen hängen apathisch auf der Straße herum, manch einer balgt sich mit einem Hund um den letzten Knochen, volltrunkene Mütter vernachlässigen ihre armen Kinder, Häuser stürzen ein. Prächtig hingegen geht es dem Pfandleiher, der sich vor Kunden kaum retten kann und in einem Palazzo residiert, und auch die Destillerie und das Bestattungsinstitut laufen gut. Die beiden Bilder sind im Zusammenhang mit dem so genannten [http://en.wikipedia.org/wiki/Gin_Act_1751 ''Gin Act'' von 1751] entstanden, einem Parlamentsbeschluss, mit dem das weit verbreitete Komasaufen mit Hochprozentigem unterbunden werden sollte - einfach, indem man eine [[Gin]]-Steuer erhob, wodurch das Getränk nicht mehr so billig wie zuvor angeboten werden konnte. In der Tat fand der "Gin-Wahnsinn" (engl. [http://en.wikipedia.org/wiki/Gin_Craze ''Gin Craze'']), der [[Großbritannien]] in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts heimgesucht hatte, bald ein Ende.
Zeile 51: Zeile 51:
<br clear=both>
<br clear=both>
-
Für das große MOSAIK-Panel wurde praktisch der gesamte Bildvordergrund aus der ''Gin Lane'' übernommen, komplett mit Treppe, Geländer, Toröffnungen und Lampe. Die zentrale Gestalt der halbentblößten Rabenmutter war den Zeichnern zwar zu grauenvoll, doch ist immerhin der Säufer weiter unten auf der Treppe im MOSAIK gelandet. Die Inschrift über dem Eingang zur Kellerspelunke ist im MOSAIK nach rechts gewandert. Sie lautet: "Drunk for a penny / Dead drunk for two [[pence]] / Clean Straw for Nothing" ("[[Betrunken]] für einen Penny, sturzbetrunken für zwei Pence, reines Stroh umsonst").
+
Für das große MOSAIK-Panel wurde praktisch der gesamte Bildvordergrund aus der ''Gin Lane'' übernommen, komplett mit Treppe, Geländer, Toröffnungen und Lampe. Die zentrale Gestalt der halbentblößten Rabenmutter war den Zeichnern zwar zu grauenvoll, doch ist immerhin der Säufer weiter unten auf der Treppe im MOSAIK gelandet. Die Inschrift über dem Eingang zur Kellerspelunke ist im MOSAIK nach rechts gewandert. Sie lautet: "Drunk for a penny / Dead drunk for two [[pence]] / Clean Straw for Nothing" ("Betrunken für einen Penny, sturzbetrunken für zwei Pence, reines Stroh umsonst").
[[Bild:Gin Lane Ausschnitt 1.jpg|left|frame|Unterer Bildrand mit Treppe, Toröffnung und Lampe.]]
[[Bild:Gin Lane Ausschnitt 1.jpg|left|frame|Unterer Bildrand mit Treppe, Toröffnung und Lampe.]]
Zeile 71: Zeile 71:
|}
|}
-
==== ''The Four Times of Day - Noon'' ====
+
----
Die vier Motive ''The Four Times of Day'' - zuerst entstanden 1736 als Ölgemälde, dann 1738 als seitenverkehrte, leicht veränderte Stiche - bedienen sich eines beliebten Sujets der Kunstepoche. Es gibt um die Mitte des 18. Jahrhunderts eine ganze Reihe von ähnlichen Bilderserien, die den Wandel der Tageszeit, der Jahreszeiten oder der Lebensalter illustrieren.
Die vier Motive ''The Four Times of Day'' - zuerst entstanden 1736 als Ölgemälde, dann 1738 als seitenverkehrte, leicht veränderte Stiche - bedienen sich eines beliebten Sujets der Kunstepoche. Es gibt um die Mitte des 18. Jahrhunderts eine ganze Reihe von ähnlichen Bilderserien, die den Wandel der Tageszeit, der Jahreszeiten oder der Lebensalter illustrieren.
Zeile 84: Zeile 84:
|}
|}
-
==== ''The Four Times of Day - Night'' ====
+
----
Das letzte Bild des Tageszeitenzyklus', '''Night''', steckt wieder voller Anspielungen. Zum Beispiel weisen das Eichenlaub um das Zunftzeichen des Barbiers (die Spiralstange) und die Kerzen in seinem Fenster auf die Feier des so genannten ''Oak-apple Day'' ("Gallapfel-Tag") - den 29. Mai - hin, mit der der Restitution der [[Stuarts]] im Jahre 1660 gedacht wurde. Natürlich war diese Feier nach der Machtübernahme des [[Welfen|Hauses Hannover]] 1714 verboten, wurde aber trotzdem aus Anhänglichkeit an die alte Dynastie von deren Anhängern, den Jacobiten, weiter begangen. Der Mann im Vordergrund ist ein Freimaurer (wie Hogarth übrigens selbst auch), und zwar handelt es sich wahrscheinlich um Sir Thomas de Veil (&dagger; 1747), der sich oft mit Anti-Alkohol-Kampagnen hervorgetan hatte. Hogarth stellt ihn volltrunken dar, hinter ihm wird fleißig Gin umgefüllt und er kriegt den Inhalt eines Nachttopfes über den Kopf gekippt.
Das letzte Bild des Tageszeitenzyklus', '''Night''', steckt wieder voller Anspielungen. Zum Beispiel weisen das Eichenlaub um das Zunftzeichen des Barbiers (die Spiralstange) und die Kerzen in seinem Fenster auf die Feier des so genannten ''Oak-apple Day'' ("Gallapfel-Tag") - den 29. Mai - hin, mit der der Restitution der [[Stuarts]] im Jahre 1660 gedacht wurde. Natürlich war diese Feier nach der Machtübernahme des [[Welfen|Hauses Hannover]] 1714 verboten, wurde aber trotzdem aus Anhänglichkeit an die alte Dynastie von deren Anhängern, den Jacobiten, weiter begangen. Der Mann im Vordergrund ist ein Freimaurer (wie Hogarth übrigens selbst auch), und zwar handelt es sich wahrscheinlich um Sir Thomas de Veil (&dagger; 1747), der sich oft mit Anti-Alkohol-Kampagnen hervorgetan hatte. Hogarth stellt ihn volltrunken dar, hinter ihm wird fleißig Gin umgefüllt und er kriegt den Inhalt eines Nachttopfes über den Kopf gekippt.
Zeile 95: Zeile 95:
|}
|}
-
==== ''Election - Canvassing for Votes'' ====
+
----
Hogarths ''Election''-Serie bezieht sich auf die berühmt-berüchtigte Wahl von 1754 in Oxfordshire, bei der es zu massiven Bestechungsversuchen gekommen war. Die Parteien der Whigs und der Tories überboten sich in ihren Bemühungen, die Öffentlichkeit mit Festen, Geld und Versprechungen auf ihre jeweilige Seite zu ziehen. Hogarth bebildert diese Auswüchse der Demokratie in seiner üblichen, unnachahmlichen Weise.
Hogarths ''Election''-Serie bezieht sich auf die berühmt-berüchtigte Wahl von 1754 in Oxfordshire, bei der es zu massiven Bestechungsversuchen gekommen war. Die Parteien der Whigs und der Tories überboten sich in ihren Bemühungen, die Öffentlichkeit mit Festen, Geld und Versprechungen auf ihre jeweilige Seite zu ziehen. Hogarth bebildert diese Auswüchse der Demokratie in seiner üblichen, unnachahmlichen Weise.
Zeile 110: Zeile 110:
|}
|}
-
==== ''Election - Chairing the Members'' ====
+
----
Die vierte Tafel der ''Election''-Serie, '''Chairing the Members''' (Triumphzug der [Parlaments]mitglieder), zeigt die Parade anlässlich des Sieges der Tory-Kandidaten. Leider bedeutet ihr Sieg für sie nicht, dass alles glatt liefe. Im Gegenteil, die Parade wird ausgerechnet vor einem Haus mit einer Sonnenuhr (die auf die Vergänglichkeit verweist) und einem Totenkopf (Symbol ist klar) von einer Sau mit Ferkeln, zwei prügelnden Strolchen samt Tanzbär und einem schwer beladenen Esel gestoppt. Über dem Kandidaten, der gleich von seinem "Thron" kippt, fliegt übrigens eine Gans - nicht etwa ein Adler.
Die vierte Tafel der ''Election''-Serie, '''Chairing the Members''' (Triumphzug der [Parlaments]mitglieder), zeigt die Parade anlässlich des Sieges der Tory-Kandidaten. Leider bedeutet ihr Sieg für sie nicht, dass alles glatt liefe. Im Gegenteil, die Parade wird ausgerechnet vor einem Haus mit einer Sonnenuhr (die auf die Vergänglichkeit verweist) und einem Totenkopf (Symbol ist klar) von einer Sau mit Ferkeln, zwei prügelnden Strolchen samt Tanzbär und einem schwer beladenen Esel gestoppt. Über dem Kandidaten, der gleich von seinem "Thron" kippt, fliegt übrigens eine Gans - nicht etwa ein Adler.
Zeile 130: Zeile 130:
|}
|}
-
==== ''The Enraged Musician'' ====
+
----
'''The Enraged Musician''' (Der wütende Musiker) ist wohl eine Anspielung auf das Ende der großen Zeit der [[Italien]]ischen Oper in [[Großbritannien]]. Der Violinist im Fenster steht für die feine, ausländische Kunst, während der lärmende Haufen vor seinem Haus den neuen, wesentlich weniger kultivierten Musikgeschmack symbolisiert. So quäkt eine Balladensängerin um die Wette mit einem krächzenden Papagei und ihrem quengelnden Baby, knattert ein Mädchen mit seiner Rassel, tutet ein Straßenmusiker mit seiner Oboe, preist ein Milchmädchen lauthals ihre Ware an, trommelt ein Lausbub, quietscht ein Scherenschleifer, bellt ein Hund, stampft ein Straßenarbeiter, bimmelt ein Müllmann, bläst ein Sauschneider ins Horn, brüllt ein Fischhändler und fauchen zwei Katzen.
'''The Enraged Musician''' (Der wütende Musiker) ist wohl eine Anspielung auf das Ende der großen Zeit der [[Italien]]ischen Oper in [[Großbritannien]]. Der Violinist im Fenster steht für die feine, ausländische Kunst, während der lärmende Haufen vor seinem Haus den neuen, wesentlich weniger kultivierten Musikgeschmack symbolisiert. So quäkt eine Balladensängerin um die Wette mit einem krächzenden Papagei und ihrem quengelnden Baby, knattert ein Mädchen mit seiner Rassel, tutet ein Straßenmusiker mit seiner Oboe, preist ein Milchmädchen lauthals ihre Ware an, trommelt ein Lausbub, quietscht ein Scherenschleifer, bellt ein Hund, stampft ein Straßenarbeiter, bimmelt ein Müllmann, bläst ein Sauschneider ins Horn, brüllt ein Fischhändler und fauchen zwei Katzen.
Zeile 141: Zeile 141:
|}
|}
-
==== ''Industry and Idlenes - The Industrious 'Prentice Lord-Mayor of London'' ====
+
----
Die zwölfteilige Bildserie ''Industry and Idlenes'' vom September 1747 hat zwei Vorlagen fürs MOSAIK geliefert. Während die erste Tafel als Vorbild für die Rückseite von Heft [[71]] diente (siehe dazu [[William Hogarth#Vorlage für Heft 71 Seite 24|weiter unten]]), erkennt man ein Detail aus der zwölften Tafel - '''The Industrious 'Prentice Lord-Mayor of London''' - auf der Doppelseite von Heft [[63]].
Die zwölfteilige Bildserie ''Industry and Idlenes'' vom September 1747 hat zwei Vorlagen fürs MOSAIK geliefert. Während die erste Tafel als Vorbild für die Rückseite von Heft [[71]] diente (siehe dazu [[William Hogarth#Vorlage für Heft 71 Seite 24|weiter unten]]), erkennt man ein Detail aus der zwölften Tafel - '''The Industrious 'Prentice Lord-Mayor of London''' - auf der Doppelseite von Heft [[63]].
Zeile 156: Zeile 156:
|}
|}
-
==== ''The Invasion - France'' ====
+
----
Die zweiteilige Serie ''The Invasion'' entstand im März 1756, kurz vor dem Ausbruch des Siebenjährigen Krieges und behandelt die Kriegsvorbereitungen auf beiden Seiten des Kanals. Hogarth zeigt sich hierbei als loyaler Patriot: Während die französischen Habenichtse sich furchtsam zusammendrängen, feiern die wohlgenährten Briten sich selbst.
Die zweiteilige Serie ''The Invasion'' entstand im März 1756, kurz vor dem Ausbruch des Siebenjährigen Krieges und behandelt die Kriegsvorbereitungen auf beiden Seiten des Kanals. Hogarth zeigt sich hierbei als loyaler Patriot: Während die französischen Habenichtse sich furchtsam zusammendrängen, feiern die wohlgenährten Briten sich selbst.
-
So sieht man die hungernden, gramgebeugten Franzosen auf der Tafel '''France''' unter einem Schild, das "[[Soup meagre à la Sabot Royal|Soup Meagre a la Sabot Royal]]" verheißt, also "Wassersuppe nach Königlicher Holzschuhart". Der Holzschuh hängt auch gleich daneben. Die Soldaten scheinen aber auf die Suppe verzichten zu wollen und braten sich lieber ein paar leckere Frösche. Der Anstifter zum Krieg, zu dem die Söldner bis auf einen kaum Lust zu verspüren scheinen, ist ein (natürlich katholischer) Mönch, der die Schärfe seines Kriegsbeils prüft. Im Hintergrund wird die zögerliche Armee mit Waffengewalt auf die (Invasions-)Schiffe gepresst.
+
So sieht man die hungernden, gramgebeugten Franzosen auf der Tafel '''France''' unter einem Schild, das "Soup Meagre a la Sabot Royal" verheißt, also "Wassersuppe nach Königlicher Holzschuhart". Der Holzschuh hängt auch gleich daneben. Die Soldaten scheinen aber auf die Suppe verzichten zu wollen und braten sich lieber ein paar leckere Frösche. Der Anstifter zum Krieg, zu dem die Söldner bis auf einen kaum Lust zu verspüren scheinen, ist ein (natürlich katholischer) Mönch, der die Schärfe seines Kriegsbeils prüft. Im Hintergrund wird die zögerliche Armee mit Waffengewalt auf die (Invasions-)Schiffe gepresst.
[[Bild:Invasion 1 - France klein.jpg|left|frame|''The Invasion'', Tafel 1: ''France'' (1756)]]
[[Bild:Invasion 1 - France klein.jpg|left|frame|''The Invasion'', Tafel 1: ''France'' (1756)]]
Zeile 171: Zeile 171:
|}
|}
-
==== ''The Invasion - England'' ====
+
----
Im Gegensatz dazu geht es auf britischer Seite hoch her (Tafel '''England'''). Die Soldaten feiern ausgelassen vor dem Pub ''Duke of Cumberland'' - der Herzog von Cumberland war der jüngere Sohn von König [[Georg II.]] und hatte den mit französischer Unterstützung in [[Schottland]] gelandeten [[Stuart]]-Prätendenten [[Charles Edward Stuart|Bonnie Prince Charlie]] 1746 bei [[Schlacht von Culloden|Culloden]] geschlagen - und mokieren sich über ein Bildnis des [[Ludwig XIV.|französichen Königs]]. Die anwesenden Soldatenbräute tragen zur fröhlichen Stimmung bei, indem sie z.B. die breiten Schultern ihres Geliebten ausmessen oder mit einer entsprechend gehaltenen Gabel die Mannesgröße ihres G'spusis mit der des fremden Königs vergleichen. Im Hintergrund wird tapfer exerziert und am rechten Bildrand fleißig musiziert. Man sieht: Großbritannien erwartet den feigen Überfall der schäbigen <s>Froschfresser</s> Franzosen mit männlich-selbstbewusster Zuversicht.
Im Gegensatz dazu geht es auf britischer Seite hoch her (Tafel '''England'''). Die Soldaten feiern ausgelassen vor dem Pub ''Duke of Cumberland'' - der Herzog von Cumberland war der jüngere Sohn von König [[Georg II.]] und hatte den mit französischer Unterstützung in [[Schottland]] gelandeten [[Stuart]]-Prätendenten [[Charles Edward Stuart|Bonnie Prince Charlie]] 1746 bei [[Schlacht von Culloden|Culloden]] geschlagen - und mokieren sich über ein Bildnis des [[Ludwig XIV.|französichen Königs]]. Die anwesenden Soldatenbräute tragen zur fröhlichen Stimmung bei, indem sie z.B. die breiten Schultern ihres Geliebten ausmessen oder mit einer entsprechend gehaltenen Gabel die Mannesgröße ihres G'spusis mit der des fremden Königs vergleichen. Im Hintergrund wird tapfer exerziert und am rechten Bildrand fleißig musiziert. Man sieht: Großbritannien erwartet den feigen Überfall der schäbigen <s>Froschfresser</s> Franzosen mit männlich-selbstbewusster Zuversicht.
Zeile 184: Zeile 184:
|}
|}
-
==== ''A Rake's Progress'' ====
+
----
Die achtteilige Serie ''A Rake's Progress'' (Gemälde erschienen 1734, die Stiche in den folgenden Jahren) bebildert das schröckliche Schicksal des Tunichtguts Tom Rakewell ("Thomas Wohl-Lebemann"). Zu Beginn seiner Karriere zur wohlhabenden Oberschicht gehörend, schwängert er ein armes Mädchen, verpulvert sein Geld, treibt sich in übel beleumundeten Spelunken herum, wird von seinen Gläubigern vor Gericht gezerrt und nur von dem erwähnten armen Mädchen gerettet, vesucht sich mit einer reichen Heirat zu sanieren, gibt sich dem Glücksspiel hin, landet daher doch im Schuldturm und endet schließlich im Irrenhaus.
Die achtteilige Serie ''A Rake's Progress'' (Gemälde erschienen 1734, die Stiche in den folgenden Jahren) bebildert das schröckliche Schicksal des Tunichtguts Tom Rakewell ("Thomas Wohl-Lebemann"). Zu Beginn seiner Karriere zur wohlhabenden Oberschicht gehörend, schwängert er ein armes Mädchen, verpulvert sein Geld, treibt sich in übel beleumundeten Spelunken herum, wird von seinen Gläubigern vor Gericht gezerrt und nur von dem erwähnten armen Mädchen gerettet, vesucht sich mit einer reichen Heirat zu sanieren, gibt sich dem Glücksspiel hin, landet daher doch im Schuldturm und endet schließlich im Irrenhaus.
Zeile 199: Zeile 199:
|}
|}
-
==== ''Stage Coach'' ====
+
----
Der Stich '''Stage Coach''' von 1747 - auch '''The Country Inn Yard''' genannt - mokiert sich über die Kandidatur des gerade einmal zwanzigjährigen Lord Castlemain für einen Sitz im Parlament. Im Hintergrund des Bilds sieht man ihn von seinen Anhängern durch den Hof getragen werden, wobei er mit seiner Rassel und seinem Sabberlätzchen als Kleinkind porträtiert wird. Der Vordergrund wird von einer gänzlich anderen Szene eingenommen, die die Abfahrt einer Kutsche aus dem Landgasthof darstellt. Hier finden sich wieder typische Hogarth-Details, wie z.B. die Wirtin, die vergeblich nach der Magd läutet, während diese gerade mit ihrem Liebsten im Hauseingang knutscht.
Der Stich '''Stage Coach''' von 1747 - auch '''The Country Inn Yard''' genannt - mokiert sich über die Kandidatur des gerade einmal zwanzigjährigen Lord Castlemain für einen Sitz im Parlament. Im Hintergrund des Bilds sieht man ihn von seinen Anhängern durch den Hof getragen werden, wobei er mit seiner Rassel und seinem Sabberlätzchen als Kleinkind porträtiert wird. Der Vordergrund wird von einer gänzlich anderen Szene eingenommen, die die Abfahrt einer Kutsche aus dem Landgasthof darstellt. Hier finden sich wieder typische Hogarth-Details, wie z.B. die Wirtin, die vergeblich nach der Magd läutet, während diese gerade mit ihrem Liebsten im Hauseingang knutscht.
Zeile 226: Zeile 226:
|}
|}
-
==== ''The Times'' ====
+
----
In Hogarths Stich '''The Times''', Tafel 2, sind in der rechten Bildhälfte zwei Figuren am [[Pranger]] zu sehen. Bei der einen handelt es sich um Hogarths Intimfeind John Wilkes, der nach der ''North-Briton''-Affäre wegen Verleumdung (''Defamation'') angeklagt worden war. Die zweite Figur ist der so genannte ''Cock Lane ghost'' - auch bekannt als ''Scratching Fanny'' -, d.h. der angebliche Geist der Fanny Lynes. Dieser Geist soll durch Kratz- und Klopfgeräusche (daher der Hammer in der Hand auf Hogarths Stich) auf sich aufmerksam gemacht haben. In Wirklichkeit handelte es sich um den Versuch eines Hausbesitzers, einen seiner Mieter, der ihm Geld schuldete, mit dem Geist von dessen verstorbener Lebensgefährtin Fanny Lynes zu erpressen. Die junge Tochter des Hausbesitzers sorgte dabei für die Geräusche. Der Hausbesitzer wurde wegen Verschwörung (''Conspiracy'') verurteilt. Näheres zu den beiden Themenkomplexen in den Artikeln der englischsprachigen [[Wikipedia]]: [http://en.wikipedia.org/wiki/John_Wilkes John Wilkes] und [http://en.wikipedia.org/wiki/Cock_Lane_ghost Cock Lane ghost]. Auch interessant: [https://books.google.de/books?id=cCpbEEB2yzMC&printsec=frontcover&hl=de&source=gbs_ge_summary_r&cad=0#v=onepage&q&f=false das erste Kapitel] aus ''The Rise of Supernatural Fiction, 1762-1800'' von E. J. Clery.
In Hogarths Stich '''The Times''', Tafel 2, sind in der rechten Bildhälfte zwei Figuren am [[Pranger]] zu sehen. Bei der einen handelt es sich um Hogarths Intimfeind John Wilkes, der nach der ''North-Briton''-Affäre wegen Verleumdung (''Defamation'') angeklagt worden war. Die zweite Figur ist der so genannte ''Cock Lane ghost'' - auch bekannt als ''Scratching Fanny'' -, d.h. der angebliche Geist der Fanny Lynes. Dieser Geist soll durch Kratz- und Klopfgeräusche (daher der Hammer in der Hand auf Hogarths Stich) auf sich aufmerksam gemacht haben. In Wirklichkeit handelte es sich um den Versuch eines Hausbesitzers, einen seiner Mieter, der ihm Geld schuldete, mit dem Geist von dessen verstorbener Lebensgefährtin Fanny Lynes zu erpressen. Die junge Tochter des Hausbesitzers sorgte dabei für die Geräusche. Der Hausbesitzer wurde wegen Verschwörung (''Conspiracy'') verurteilt. Näheres zu den beiden Themenkomplexen in den Artikeln der englischsprachigen [[Wikipedia]]: [http://en.wikipedia.org/wiki/John_Wilkes John Wilkes] und [http://en.wikipedia.org/wiki/Cock_Lane_ghost Cock Lane ghost]. Auch interessant: [https://books.google.de/books?id=cCpbEEB2yzMC&printsec=frontcover&hl=de&source=gbs_ge_summary_r&cad=0#v=onepage&q&f=false das erste Kapitel] aus ''The Rise of Supernatural Fiction, 1762-1800'' von E. J. Clery.
Zeile 259: Zeile 259:
<br clear=both>
<br clear=both>
-
==== ''The Four Stages of Cruelty'' und ''The Times'' ====
+
----
Für die linke Häuserfront nutzten die MOSAIK-Zeichner den zweiten Stich aus der Serie ''The Four Stages of Cruelty'' ("Die vier Stufen der Grausamkeit"). Auf diesem Bild wird der Übergang von der Grausamkeit gegenüber Tieren zur Grausamkeit gegenüber Menschen dargestellt: Ein Stier wird gejagt, der Esel ist überladen und wird gepiekst, das Pferd ist unter der Last zusammengebrochen und wird verhauen, das Lamm wird geradeweg totgeschlagen und dahinter wird ein kleines Kind achtlos überfahren.
Für die linke Häuserfront nutzten die MOSAIK-Zeichner den zweiten Stich aus der Serie ''The Four Stages of Cruelty'' ("Die vier Stufen der Grausamkeit"). Auf diesem Bild wird der Übergang von der Grausamkeit gegenüber Tieren zur Grausamkeit gegenüber Menschen dargestellt: Ein Stier wird gejagt, der Esel ist überladen und wird gepiekst, das Pferd ist unter der Last zusammengebrochen und wird verhauen, das Lamm wird geradeweg totgeschlagen und dahinter wird ein kleines Kind achtlos überfahren.
Zeile 284: Zeile 284:
|}
|}
-
==== ''Hudibras - Burning ye Rumps at Temple-Barr'' ====
+
----
Eine der ersten Arbeiten, mit denen Hogarth bekannt wurde, war die Illustration von Samuel Butlers satirischem Epos ''Hudibras'', das bereits 1662 erschienen war, sich aber auch in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts großer Beliebtheit in [[Großbritannien]] erfreute (es galt als ein Pendant zu [[Miguel de Cervantes|Cervantes]]' ''[[Don Quixote]]''). Einer der beeindruckendsten Stiche ist der unten abgebildete ('''Burning ye Rumps at Temple-Barr'''), auf dem das symbolische Verbrennen des Rumpfparlaments von 1660 durch eine aufgebrachte Menge dargestellt ist - statt des ''Rump Parliaments'' werden ''Rump Steaks'' verbrannt. Die Titelfigur Hudibras hat sich dummerweise auch die Ungunst des Mobs zugezogen und wird gerade gelyncht.
Eine der ersten Arbeiten, mit denen Hogarth bekannt wurde, war die Illustration von Samuel Butlers satirischem Epos ''Hudibras'', das bereits 1662 erschienen war, sich aber auch in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts großer Beliebtheit in [[Großbritannien]] erfreute (es galt als ein Pendant zu [[Miguel de Cervantes|Cervantes]]' ''[[Don Quixote]]''). Einer der beeindruckendsten Stiche ist der unten abgebildete ('''Burning ye Rumps at Temple-Barr'''), auf dem das symbolische Verbrennen des Rumpfparlaments von 1660 durch eine aufgebrachte Menge dargestellt ist - statt des ''Rump Parliaments'' werden ''Rump Steaks'' verbrannt. Die Titelfigur Hudibras hat sich dummerweise auch die Ungunst des Mobs zugezogen und wird gerade gelyncht.
Zeile 307: Zeile 307:
=== Vorlage für Heft 71 Seite 24 ===
=== Vorlage für Heft 71 Seite 24 ===
-
==== ''Industry and Idleness - The Fellow 'Prentices at their Looms'' ====
 
Die Serie ''Industry and Idleness'' (zu deutsch etwa "Fleiß und Faulheit") wurde oben zu Heft [[63]] schon erwähnt, wo die zwölfte Tafel der Reihe fürs MOSAIK verwendet wurde. Für die redaktionelle Rückseite von Heft [[71]], ''Maschinen und Maschinenstürmer'',  wiederum stand der erste Teil der Reihe - '''The Fellow 'Prentices at their Looms''' - Pate und wurde mit Ausnahme des rechten Randes minutiös abgezeichnet und koloriert.
Die Serie ''Industry and Idleness'' (zu deutsch etwa "Fleiß und Faulheit") wurde oben zu Heft [[63]] schon erwähnt, wo die zwölfte Tafel der Reihe fürs MOSAIK verwendet wurde. Für die redaktionelle Rückseite von Heft [[71]], ''Maschinen und Maschinenstürmer'',  wiederum stand der erste Teil der Reihe - '''The Fellow 'Prentices at their Looms''' - Pate und wurde mit Ausnahme des rechten Randes minutiös abgezeichnet und koloriert.

Bitte kopieren Sie keine Webseiten, die nicht Ihre eigenen sind, benutzen Sie keine urheberrechtlich geschützten Werke ohne Erlaubnis des Copyright-Inhabers!

Sie geben uns hiermit ihre Zusage, dass Sie den Text selbst verfasst haben, dass der Text Allgemeingut (public domain) ist, oder dass der Copyright-Inhaber seine Zustimmung gegeben hat. Falls dieser Text bereits woanders veröffentlicht wurde, weisen Sie bitte auf der Diskussion-Seite darauf hin. Bitte beachten Sie, dass das Nutzungsrecht für alle MosaPedia-Beiträge und Beitragsänderungen automatisch auf die MosaPedia übergeht. Falls Sie nicht möchten, dass Ihre Arbeit hier von anderen verändert und verbreitet wird, dann drücken Sie nicht auf "Speichern".


Abbrechen | Bearbeitungshilfe (wird in einem neuen Fenster geöffnet)

Folgende Vorlagen werden von dieser Seite verwendet:

Persönliche Werkzeuge