Schießbaumwolle

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"Nanu, bloß Watte"?, fragt sich der Major

Die Schießbaumwolle ist ein Explosivstoff, der eine wichtige Rolle in der Erfinder-Serie des Mosaik von Hannes Hegen spielt.

Rolle im Mosaik

In Berlin sind die Digedags auf den Erfinder Werner von Siemens getroffen und wollen ihm ein bisschen unter die Arme greifen, damit er nicht nach Niederpritzwalde strafversetzt wird. Dazu müsste er etwas militärisch Bedeutsames erfinden - warum also nicht mit der neumodischen Schießbaumwolle herumexperimentieren, welche gerade von einem Schweizer Professor erfunden worden ist? Siemens greift begeistert diesen Vorschlag auf und macht sich an die Arbeit.

Schon bald kann er erste Ergebnisse präsentieren. Deren erste Leidtragende im Laboratorium von Professor Erdmann ist allerdings die Köchin Minna. Der erste Probeschuss mit der Versuchskanone, die mit Schießbaumwolle geladen wurde, trifft das Tablett mit dem Frühstück, welches Minna eben hereinträgt. Als nächstes soll dem preußischen Kriegsminister die neue Superwaffe vorgeführt werden. Doch Siemens bringt das Paket mit der Vorführladung nicht an Major von Treskow vorbei, der ihn am Brandenburger Tor angehält und kontrolliert. Der Major tauscht das Paket mit einem voller alter Socken aus und lässt die "Watte" im Ofen entsorgen. Damit löst er allerdings eine gewaltige Explosion aus, die die königliche Kutsche trifft und Treskow vor dem König Friedrich Wilhelm IV. in Erklärungsnöte bringt.

Dennoch gelingt die Vorführung der Schießbaumwolle beim Kriegsminister Hermann von Boyen, den die Digedags und Siemens im Charlottenburger Schlosspark treffen. Die Digedags haben heimlich eine Probe stibitzt, die sie nun in einem hohlen Baum testen. Dabei wird versehentlich ein Hornissennest zerstört, worauf die wild gewordenen Hornissen alle Umherstehenden angreifen. Der Kriegsminister kann sich mit Siemens und den Digedags unter die Wasserglocke eines Springbrunnen retten. Die Erfindung wird vom Kriegsminister begeistert aufgenommen und Leutnant Siemens beauftragt, die Herstellung der Schießbaumwolle zu überwachen und die künfigen Schießversuche in der Artillerieversuchsanstalt in Spandau zu leiten.

Reales Vorbild

Bei der umgangssprachlich "Schießbaumwolle" genannten Substanz handelt es sich um Cellulosenitrat, dem Ester aus Cellulose und Salpetersäure, das fälschlich auch als Nitrocellulose bezeichnet wird. Das Mosaik nennt ganz korrekt den Basler Chemiker Christian Friedrich Schönbein als Erfinder. Unabhängig von diesem entwickelte aber auch der Braunschweiger Forscher Julius Otto nahezu zeitgleich denselben Stoff. Beides geschah 1846, passt also genau in die Berliner Zeit der Digedags. Ebenso berichtet Siemens in seinen Lebenserinnerungen von seinen Experimenten mit dem Sprengstoff.

Die Bedeutung des Cellulosenitrats als Sprengstoff liegt in seiner Rauchfreiheit, weswegen es noch heute in zahlreichen Explosivstoffen, Treibladungen und pyrotechnischen Erzeugnissen wie Tischfeuerwerk eingesetzt wird. Für die Mitte des 19. Jahrhunderts bedeutete ein rauchfreies Schießpulver eine regelrechte Revolutionierung der Militärtechnologie.

In unterschiedlichen Veresterungsgraden kam und kommt Cellulosenitrat als erster thermoplastischer und löslicher Kunststoff auch für weniger explosionsorientierte Anwendungen zum Einsatz. So wurde das Material zu Kunstseide-Fasern versponnen, aus denen Textilien hergestellt wurden. In geeigneten Lösungsmitteln aufgenommen wird er als Alleskleber oder in Nitrolacken eingesetzt. Zudem bestehen Tischtennisbälle aus mit Campher weichgemachtem und mit Pigmenten gefülltem Cellulosenitrat, dem Zelluloid.

Zelluloid war viele Jahre lang auch das Herstellungsmaterial für Filme. Allerdings waren diese Filmrollen höchstentzündlich und entsprechend brand- und explosionsgefährlich. Diese Wirkung machen sich die Digedags in der Höhle auf Archaikon zunutze (Heft 51).

Verwendung in folgendem Mosaik

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