Utopistisches Projekt
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Utopistisches Projekt ist ein redaktioneller Text innerhalb der Weltraum-Serie. Er erschien auf der Rückseite von Heft 35.
Inhaltsverzeichnis |
Inhalt
Die Seite bietet zunächst, neben der historischen Abbildung eines gigantischen Fantasieballons, einen in Fraktur gesetzten Text, der von einem Flugblatt aus dem Jahr 1748 stammen soll:
Utopiſtiſches Projekt einer schwebenden Luftstadt 1748, welche den 10. Merz des Jahres 2440 nach China und umliegenden Gegenden fliegen wird. Brief und Gepäck für Japan und den Rest der Insel Formosa werden frankiert. Die Überfahrt für passagers kostet 30 Louisdors mit Kaptainskost. Zur Belustigung der Herren passagers hat man für eine Gesellschaft guter Luftmusikanten gesorgt, welche während dem Flug bey Concert und Ball gebraucht werden. |
Danach wird erklärt, dass sich dieser Traum bereits viel früher erfüllt habe, allerdings mit einer TU 114; diese ist dann auch prominent abgebildet.
Anmerkung
Obwohl in Fraktur geschrieben, ist der Einsatz von ſ und s abgesehen vom ersten Wort "Utopistisches" nicht durchgehalten. Konsequenterweise müsste der Text folgendermaßen geschrieben sein:
Utopiſtiſches Projekt einer ſchwebenden Luftſtadt 1748, welche den 10. Merz des Jahres 2440 nach China und umliegenden Gegenden fliegen wird. Brief und Gepäck für Japan und den Reſt der Inſel Formoſa werden frankiert. Die Überfahrt für paſſagers koſtet 30 Louisdors mit Kaptainskoſt. Zur Beluſtigung der Herren paſſagers hat man für eine Geſellſchaft guter Luftmuſikanten geſorgt, welche während dem Flug bey Concert und Ball gebraucht werden. |
Hintergrund
Das angesprochene Projekt gab es tatsächlich, allerdings nicht 1748. Die bekannteste Darstellung stammt aus der Flugschrift Minerva. Ein zu Entdeckungen bestimmtes Luftschiff des belgischen Zauberkünstlers, Projektemachers, Ballonflug- und Kinopioniers Étienne-Gaspard Robert, Künstlername Robertson. Diese erschien wohl 1804 erstmals in Wien auf zwölf Seiten, allerdings noch unbebildert. Die zweite Auflage von 1820 enthielt dann u.a. die fantasievolle Abbildung der Minerva, wie sie auch im MOSAIk zu sehen ist.
Diese Abbildung ist aber älter und taucht z.B. schon 1784 als satirische Zeichnung in Großbritannien auf, welche sich auf den utopischen Roman L'An 2440, rêve s'il en fut jamais ("Das Jahr 2440: ein Traum aller Träume") von Louis-Sébastien Mercier (1740-1814) aus dem Jahre 1771 bezieht. Unbekannt ist, ob es noch ältere Fassungen gibt. Es existieren jedenfalls zahlreiche Überarbeitungen des Motivs - mal mit gallischem Hahn, mal mit britischem Löwen obenauf, mal mit der Jahreszahl 2440 versehen, mal nicht.
Im Katalog der ersten Internationalen Luftschiffahrtsausstellung zu Frankfurt a. M. 1909 sind mehrere Flugblätter mit dem Minerva-Motiv beschrieben. Eins davon, leider undatiert, enthielt demnach folgenden Begleittext (die wortwörtlichen Übereinstimmungen mit dem MOSAIK sind unterstrichen):
Grosse Post-Luft-Kugel. Welche den 10ten Merz des Jahrs 2440 nach China und umliegenden Gegenden, von Land fliegen wird. Briefe und Gepäck für Japan und den kleinen Rest der Insel Formosa werden frankiert. Die Ueberfahrt für Passagers kostet 30 Louis d'or, und 50 Louis d'or mit Capitains-Kost. Geld und andere schwere Sachen, müssen ohne Fehler den ersten des Monats eingeliefert werden. Zur Belustigung der Herrn Passagers, hat man für eine Gesellschaft guter Luftmusikanten gesorgt, welche während dem Flug bey Concert und Ball gebraucht werden. Die ehrenden Städte, welche mit einer Serenade von der grossen Ballons-Orgel wünschten bedient zu werden, sind ersucht die Summe von 25 Louis d'or ins chinesische Posthaus, gegen den Empfangsschein, zu schiken. |
Dieser diente offenbar als Vorlage für den Text im MOSAIK, wobei nicht bekannt ist, ob die MOSAIK-Autoren ihn aus dem ILA-Katalog oder einer anderen Publikation kannten und woher die Jahresangabe von 1748 stammt. Evtl. handelt es sich um einen Zahlendreher mit 1784, dem auch im Katalog genannten Erscheinungsjahr der ersten bekannten Version der Zeichnung. Es gab wie üblich einige kleinere Änderungen im MOSAIK gegenüber der Vorlage - insbesondere wurde der Preis für Kapitänsbeköstigung eigenmächtig um 20 Louisdors gesenkt. Die tatsächlich ins MOSAIK übernommenden Passagen sind in obigem Zitat unterstrichen.
Weiterführende Lektüre
- Jörg Fiedler und Norbert Engel: Pascalifax Schatztruhe V, Chemnitz 2016, S. 143-145
- Mosafilm zur Rückseite von Heft 35
- Louis Liebmann und Gustav Wahl: Katalog der historischen Abteilung der ersten Internationalen Luftschiffahrtsausstellung (ILA) zu Frankfurt a.M. 1909, Frankfurt 1912, S. 181-184
- British Museum: Satirischer Druck von 1784
- antiquarische Dokumentation zu Robertsons Minerva von 1820
- Wikipedia-Artikel
Utopistisches Projekt erschien in folgendem Mosaikheft
35