Altes chinesisches Volkslied
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Das altes chinesische Volkslied wird in der Japan-China-Serie gesungen.
Die Bürger Shao Pings stimmen es zu Ehren von Li an, der von seinem Geld alle Frauen der Stadt aus der mongolischen Gefangenschaft freigekauft hat. Der subversive Text erregt das Missfallen des Statthalters Matscho, er vermutet einen Aufruhr dahinter. Doch da Li seine Soldaten zuvor mit Kumys besoffen gemacht hat, kann er nicht verhindern, dass das Lied gesungen wird.
Inhaltsverzeichnis |
Text des Liedes
- Wenn die Sonne aufgeht,
- dann erheben wir uns.
- Wenn die Sonne untergeht,
- dann gehen wir zur Ruhe!
- Wir graben Brunnen und trinken,
- Wir pflügen Felder und essen,
- Was kümmert uns die Macht des Herrschers?
Hintergründe
Direkte Quelle
Das Lied entnahm Walter Hackel, der damalige Autor des MOSAIK, dem Buch Kultur im alten China von Walter Böttger. Diesem Buch zufolge soll das Lied aus einem der ältesten Zeugnisse der chinesischen Literatur stammen, dem Schidjing (Shijing, Schi-King, "Buch der Lieder"). Dies ist eine - der Legende nach von Konfuzius redigierte - Liedersammlung, deren älteste Teile auf das 2. Jahrtausend v.u.Z. zurückgehen. Dies ist jedoch ein verbreiteter Irrtum - das Lied ist nicht im berühmten Shijing enthalten, sondern stammt aus einer anderen Liedersammlung.
Ursprünge
Erste Spuren des Liedes findet man im Wahren Buch vom südlichen Blütenland des Zhuangzi (Dschuang Dsi) und seiner Nachfolger. Dieses Werk fand seine heutige Textgestalt im 3. Jahrhundert u.Z. durch den Herausgeber Guo Xiang (253-312), soll aber auf deutlich frühere Texte zurückgehen. Im 28. Kapitel 讓王 Ràng wáng ("Rücktritt von Königen") wird geschildert, wie der legendäre Kaiser Shùn der chinesischen Frühzeit (angebliche Regierungszeit 2233-2184 v.u.Z.) dem Einsiedler Shàn Juǎn die Herrschaft über das Reich anbot. Dieser lehnte jedoch mit folgender Begründung ab:
Cinesischer Text | Übersetzung | |
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余 立 於 宇 宙 之 中, |
Ich bin eine Einheit inmitten von Raum und Zeit. |
Darauf verschwand der Einsiedler in den Bergen und ward nie mehr gesehen. Einige Passagen - vor allem die Zeilen 6 und 8 - erinnern hierbei an das im MOSAIK gesungene Lied. Die Bezeichnung für die weltliche Macht bzw. die Herrschaft über das Reich in Zeile 8 wird mit dem Konzept 天下 Tiānxià (wörtlich: "unterm Himmel") ausgedrückt.
Eine andere Fassung bietet das 帝王世紀 Dìwáng shìjì von Huángfǔ Mì (215-282), eine Sammlung von genealogischen Aufzeichnungen zu Kaisern und Königen. Das Werk selbst ist nicht erhalten, sondern nur über Auszüge und Zitate bei späteren Autoren teilweise rekonstruiert. Für unsere Zwecke interessant ist hierbei eine Stelle, in der die idyllische Zeit unter dem Urkaiser Yáo (legendäre Regierungszeit 2353–2234 v.u.Z.) geschildert wird - dem direkten Vorgänger des oben erwähnten Kaisers Shùn. Diese lautet den diversen Gewährsmännern zufolge so:
Yìwén lèijù (7. Jhd.) / in eckigen Klammern: Tàipíng Yùlǎn (10. Jhd.) | ||
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Chinesischer Text | Übersetzung | |
有 五 十 老 人 擊 壤 於 道. |
Es gab 50 [oder 80] Alte, die am Weg das Schlagholzspiel spielten. |
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Das Lied heißt auf chinesisch 擊壤歌 Ji Rang Ge, was man entweder mit "Lied vom Schlagen des Erdbodens" oder "Lied vom Schlagen mit dem Holzstock" übersetzen kann - die Lesung des mittleren Zeichens/Wortes Rang scheint mehrdeutig zu sein. Das Lied gehört zu einem Genre von Liedern, die seit der Han-Zeit (207 v.u.Z. - 220 u.Z.) gesammelt wurden, und zwar zunächst unter der Ägide des so genannten Yuefu, des "Musikamts". Dieses soll unter dem Han-Kaiser Wudi um das Jahr 120 v.u.Z. gegründet oder neu gegründet worden sein und wurde im Jahre 7 v.u.Z unter Kaiser Aidi wieder geschlossen - zu dem Zeitpunkt sollen etwa 830 Musiker in dem Amt gedient haben.
Die Musikamt-Lieder wurden offenbar aber weitergepflegt und immer wieder in Sammlungen zusammengefasst. Die umfangreichste ist die von Guo Maoqian aus dem späten 11./frühen 12. Jahrhundert. Sie trägt den Titel 樂府詩集 Yuefu Shiji, "Musikamts-Poesie". Darin ist nun auch das Ji Rang Ge enthalten, und zwar auf Folio 83 bzw. Seite 1165. Der Text lautet dort:
Chinesische Zeichen | Umschrift nach Wade-Giles | Wortwörtliche Übersetzung | ||
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日 出 而 作 |
ri4 chu1 er2 zuo4 |
Die Sonne geht auf, wir arbeiten. |
Dazu schreibt Guo Maoqian:
Das 帝王世紀 [Diwang Shiji] sagt: Zur Zeit von Kaiser Yao war Frieden in der Welt, niemand wurde bedrängt. So schlugen 80 bis 90 alte Männer auf den Erdboden / mit dem Holzstock und sangen [dieses Lied]. |
Das Diwang Shiji von Huangfu Mi aus dem 3. jahrhundert u.Z. ist eine fragmentarisch überlieferte Sammlung von Annalen und genealogischen Aufzeichungen zu Kaisern und Königen. Kaiser Yao ist eine legendäre Figur der chinesischen Urzeit, dessen (fiktive) Regierungszeit mit 2353-2234 v.u.Z. angegeben wird.
Das Ji Rang Ge wurde auch in späteren Liedersammlungen immer wieder abgedruckt, so z.B. im Xilutang Qintong (1525) und im Gu Yao Yan von Du Wenlan (1861). Irgendwann im Laufe der Überlieferung scheint die letzte Zeile des Liedes nachträglich subversiv verändert worden zu sein, so dass sie nunmehr lautet:
Chinesische Zeichen | Umschrift nach Wade-Giles | Wortwörtliche Übersetzung | ||
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帝 力 於 我 何 有 哉 |
di4 li44 yu22 wo3 he2 you3 zai1 |
Die Macht des Kaisers - was geht sie uns an? |
Die Herkunft des Liedes aus Werken wie dem Yuefu Shiji und dem Diwang Shiji scheint für das Missverständnis verantwortlich zu sein, das Lied sei auch im Shijing enthalten, der berühmten Liedersammlung aus der konfuzianischen Zeit.
Das Lied wird im folgenden Mosaikheft gesungen
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