Bearbeiten von Römische Namensgebung im Mosaik
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== Aufbau des Namenssystems == | == Aufbau des Namenssystems == | ||
=== Männernamen === | === Männernamen === | ||
- | Das klassische römische Namenssystem - die ''tria nomina'' - hat sich in historischer Zeit aus einer ehemaligen Zweinamigkeit entwickelt. Zunächst nämlich bestanden römische Männernamen aus einem Vornamen (dem '''Pränomen''') und einem Familien- oder " | + | Das klassische römische Namenssystem - die ''tria nomina'' - hat sich in historischer Zeit aus einer ehemaligen Zweinamigkeit entwickelt. Zunächst nämlich bestanden römische Männernamen aus einem "Vornamen" (dem '''Pränomen''') und einem Familien- oder "Clannamen" (dem '''Gentilnomen'''). Beispiele sind die Namen diverser Könige und Heroen der römischen Frühzeit - Tullus Hostilius, Servius Tullius, Ancus Marcius, Numa Pompilius etc. Eine davor sicherlich bestehende Einnamigkeit ist nur noch mythisch fassbar ([[Romulus und Remus|Romulus, Remus]], Ascanius...). |
- | Neben diese zwei Namen trat allmählich das so genannte '''Cognomen''', also ein Bei- oder Spitzname. Die Cognomina erleichterten zunächst die Identifikation mehrerer Träger der gleichen Prä- und Gentilnomina, entwickelten sich aber - je mehr die '' | + | Neben diese zwei Namen trat allmählich das so genannte '''Cognomen''', also ein Bei- oder Spitzname. Die Cognomina erleichterten zunächst die Identifikation mehrerer Träger der gleichen Prä- und Gentilnomina, entwickelten sich aber - je mehr die ''Gentes'', also die großen Clans, sich verzweigten und damit den Charakter von Familien verloren - zu vererbbaren (Familien-)Namen. Das wurde nicht zuletzt dadurch gefördert, dass die ehemals große Vielfalt an Pränomina aus nicht näher bekannten Gründen auf eine sehr geringe Zahl zusammenschmolz, von denen sogar einige nur innerhalb bestimmter ''Gentes'' benutzt wurden. |
- | Die üblichen, regelmäßig benutzten Pränomina waren: | + | Die üblichen, regelmäßig benutzten Pränomina waren: Appius, Aulus, Gaius, Gnaeus, Decimus, Lucius, Marcus, Publius, Quintus, Sextus, Servius, Spurius, Titus und Tiberius. Diese wurden normalerweise lediglich in abgekürzter Form geschrieben (z.B. T. für Titus und Ti. für Tiberius). An Gentilnomina gab es wesentlich mehr; bekannt sind z.B. Julius, Claudius, Flavius, Valerius, Cornelius, Antonius. Aber auch hier war die Zahl noch überschaubar. Die Cognomina waren die schillernsten und wechselhaftesten der römischen Namen. Viele bekannte Personen aus der römischen Geschichte kennt man üblicherweise bei ihrem Cognomen: [[Gaius Iulius Caesar|Cäsar]], Cicero, [[Kaiser Nero|Nero]], Sulla, Scipio, Lucullus, Crassus, Brutus usw. Cognomina entstanden auch, wenn ein Neubürger seinen römischen Namen bekam: Zu dem frischen Prä- und Gentilnomen (in der Kaiserzeit diejenigen des gerade regierenden Monarchen) trat der ursprüngliche Name als Cognomen. So war z.B. der vollständige Name des jüdischen Historikers Flavius Josephus ''Titus Flavius Josephus'', da sein Geburtsname ''Joseph ben Mathitjahu'' lautete und er unter Kaiser Titus (''Titus Flavius Vespasianus'') das Bürgerrecht erhielt. |
- | Typische römische Namen in der Republik lauteten z.B. | + | Typische römische Namen in der Republik lauteten z.B. Appius Claudius Pulcher, Lucius Cornelius Scipio oder Quintus Fabius Pictor. |
- | In der spät- und nachrepublikanischen Zeit geriet das klassische System der ''tria nomina'' allmählich aus den Fugen. Immer mehr Menschen führten mehr als ein Cognomen oder trugen gar kein Pränomen mehr. Bestimmte Gentilnomina breiteten sich - bedingt u.a. dadurch, dass Neubürger | + | In der spät- und nachrepublikanischen Zeit geriet das klassische System der ''tria nomina'' allmählich aus den Fugen. Immer mehr Menschen führten mehr als ein Cognomen oder trugen gar kein Pränomen mehr. Bestimmte Gentilnomina breiteten sich - bedingt u.a. dadurch, dass Neubürger immer das Gentilnomen des gerade regierenden Kaisers erhielten und es einzelne Wellen von massenhaften Bürgerrechtsverleihungen gab - geradezu epidemisch aus und verloren dadurch jegliche identifikatorische Kraft. Allmählich wurde das römische durch das christliche Namenssystem abgelöst, das fürs erste auf einer reinen Einnamigkeit beruhte. |
- | Die neuzeitliche Verwendung alter römischer Namen als Vornamen macht keinen Unterschied mehr zwischen Prä-, Gentil- und Cognomina. So findet man | + | Die neuzeitliche Verwendung alter römischer Namen als Vornamen macht keinen Unterschied mehr zwischen Prä-, Gentil- und Cognomina. So findet man Marcus und Lucius (Pränomina) neben Julius und Antonius (Gentilnomina) oder Cäsar und Konstantin (Cognomina). |
=== Frauennamen === | === Frauennamen === | ||
- | Frauennamen wurden in der römischen Antike einfacher als Männernamen gebildet; üblicherweise führte eine Frau nur das Gentil- und evtl. noch ein Cognomen. Pränomina sind | + | Frauennamen wurden in der römischen Antike einfacher als Männernamen gebildet; üblicherweise führte eine Frau nur das Gentil- und evtl. noch ein Cognomen. Pränomina sind gar keine belegt. Dabei wechselte sie ihren Namen aber nicht bei der Heirat. Normale Frauennamen sind also Cornelia, Flavia, Julia oder Livia. Bekannte Cognomina sind z.B. Faustina oder Agrippina. Um mehrere Schwestern voneinander unterscheiden zu können, trat im gegebenen Fall manchmal auch ein ''Major'' oder ''Minor'' ("Ältere" bzw. "Jüngere") oder ein ''Prima'', ''Secunda'', ''Tertia'' ("Erste", "Zweite", "Dritte") etc. an das Gentilnomen. |
== Römische Namen im MOSAIK == | == Römische Namen im MOSAIK == | ||
- | Römische Namen tauchen im MOSAIK und seinen Nebenserien an | + | Römische Namen tauchen im MOSAIK und seinen Nebenserien an vier Stellen auf: In der [[Römer-Serie]], dem [[Don-Quixote-Kapitel]], in einem Heft des [[Nebenuniversum]]s [[Die ABRAFAXE]] und in der Nebenserie [[Anna, Bella & Caramella]]. Der Schwerpunkt liegt dabei - schon aufgrund ihrer Länge - auf der Römer-Serie. Der einzige vollständige und historisch korrekt gebildete römische Name wird allerdings im Don-Quixote-Kapitel erwähnt. |
- | === | + | === Römer-Serie === |
In der Römer-Serie haben sich die MOSAIK-Autoren nicht um die römische Dreinamigkeit geschert. Die meisten Figuren tragen nur einen Namen, einige wenige zwei. Insgesamt halten sich die historisch belegten und die [[sprechenden Namen]] etwa die Waage. In den allermeisten Fällen kann man die Namen auch dem System von Prä-, Gentil- und Cognomen zuordnen, wobei man davon ausgehen muss, dass die jeweils fehlenden Namensglieder einfach nicht überliefert sind. Das ist nicht weiter verwunderlich, denn wie heute haben sich die Menschen auch in der Antike nicht ständig mit vollem Namen angeredet. | In der Römer-Serie haben sich die MOSAIK-Autoren nicht um die römische Dreinamigkeit geschert. Die meisten Figuren tragen nur einen Namen, einige wenige zwei. Insgesamt halten sich die historisch belegten und die [[sprechenden Namen]] etwa die Waage. In den allermeisten Fällen kann man die Namen auch dem System von Prä-, Gentil- und Cognomen zuordnen, wobei man davon ausgehen muss, dass die jeweils fehlenden Namensglieder einfach nicht überliefert sind. Das ist nicht weiter verwunderlich, denn wie heute haben sich die Menschen auch in der Antike nicht ständig mit vollem Namen angeredet. | ||
- | Zwei Beobachtungen kann man außerdem machen. Erstens erkennt man, dass heutige Vornamen, die aus der römischen Antike stammen - wie Julius, Antonius etc. -, auch im MOSAIK als | + | Zwei Beobachtungen kann man außerdem machen. Erstens erkennt man, dass heutige Vornamen, die aus der römischen Antike stammen - wie Julius, Antonius etc. -, auch im MOSAIK als Vornamen gebraucht werden, auch wenn sie damals keine Prä- sondern Gentilnomina waren. |
Zweitens folgt die Bildung der zweigliedrigen sprechenden Namen dem Prinzip des wachsenden Abstands von [[Deutschland]]. Während nämlich diese Art von Namen in jenen MOSAIK-Serien, die in Deutschland spielen, regelmäßig aus einem tatsächlichen Vornamen und einem spielerischen Nachnamen bestehen (Beispiele: [[Alois Vierschroth]], [[Philippus Raffer]]), sind sie in fernen Gegenden rein fiktiv (Beispiel: [[Ruki Suzuki]], [[Vash Lap]]). Da die Römer-Serie in [[Italien]] spielt, finden sich hier sowohl rein fiktive als auch halbfiktive zweigliedrige sprechende Namen, wobei die halbfiktiven überwiegen. Von den acht zweigliedrigen Namen der Römer-Serie sind sieben sprechende Namen; von denen sind drei komplett fiktiv und vier enthalten einen "echten" Namensbestandteil (und zwar an der Stelle des "Vornamens"). | Zweitens folgt die Bildung der zweigliedrigen sprechenden Namen dem Prinzip des wachsenden Abstands von [[Deutschland]]. Während nämlich diese Art von Namen in jenen MOSAIK-Serien, die in Deutschland spielen, regelmäßig aus einem tatsächlichen Vornamen und einem spielerischen Nachnamen bestehen (Beispiele: [[Alois Vierschroth]], [[Philippus Raffer]]), sind sie in fernen Gegenden rein fiktiv (Beispiel: [[Ruki Suzuki]], [[Vash Lap]]). Da die Römer-Serie in [[Italien]] spielt, finden sich hier sowohl rein fiktive als auch halbfiktive zweigliedrige sprechende Namen, wobei die halbfiktiven überwiegen. Von den acht zweigliedrigen Namen der Römer-Serie sind sieben sprechende Namen; von denen sind drei komplett fiktiv und vier enthalten einen "echten" Namensbestandteil (und zwar an der Stelle des "Vornamens"). | ||
Im Folgenden eine Analyse der zweigliedrigen Namen in der Römer-Serie: | Im Folgenden eine Analyse der zweigliedrigen Namen in der Römer-Serie: | ||
- | :*[[Marcus Barras]]: '' | + | :*[[Marcus Barras]]: ''Marcus'' ist ein historisch belegtes Pränomen, ''Barras'' ein nicht belegtes, aber deutlich als solches erkennbares Cognomen. Das Gentilnomen fehlt hier; möglicherweise ist es ''Julius'', wie das von Barras' Onkel Gallus. |
- | :*[[Julius Gallus]]: '' | + | :*[[Julius Gallus]]: ''Julius'' (eigtl. Iulius) ist ein historisches Gentilnomen, ''Gallus'' ein ebenfalls belegtes Cognomen. Das Pränomen ist nicht bekannt. |
- | :*[[Antonius Robustus]]: Neben das historische Gentilnomen '' | + | :*[[Antonius Robustus]]: Neben das historische Gentilnomen ''Antonius'' tritt das sprachspielerische Cognomen ''Robustus''. Hier fehlt auch das Pränomen. |
- | :*[[Lucius Tullius]]: Zwei echte Namen - '' | + | :*[[Lucius Tullius]]: Zwei echte Namen - ''Lucius'' als Prä- und ''Tullius'' als Gentilnomen. Nunmehr ist das Cognomen nicht bekannt. |
:*[[Nixus Talentus]]: Schwer zu sagen. Vermutlich ist ''Nixus'' ein extrem seltenes Pränomen und ''Talentus'' ein ebensolches Cognomen. Das Gentilnomen wäre in diesem Falle nicht bekannt. | :*[[Nixus Talentus]]: Schwer zu sagen. Vermutlich ist ''Nixus'' ein extrem seltenes Pränomen und ''Talentus'' ein ebensolches Cognomen. Das Gentilnomen wäre in diesem Falle nicht bekannt. | ||
:*[[Rostus Clamottus]]: Hierfür gilt dasselbe; es handelt sich wohl um Prä- und Cognomen bei gleichzeitig nicht überliefertem Gentilnomen. | :*[[Rostus Clamottus]]: Hierfür gilt dasselbe; es handelt sich wohl um Prä- und Cognomen bei gleichzeitig nicht überliefertem Gentilnomen. | ||
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=== Don-Quixote-Kapitel === | === Don-Quixote-Kapitel === | ||
- | Im [[Don-Quixote-Kapitel]] finden die [[Abrafaxe]] das [[Grabmal des Saturnius]]. Es beherbergte - vor seiner Plünderung - die Gebeine des vornehmen Römers [[Publius Cornelius Saturnius]], seiner Frau [[ | + | Im [[Don-Quixote-Kapitel]] finden die [[Abrafaxe]] das [[Grabmal des Saturnius]]. Es beherbergte - vor seiner Plünderung - die Gebeine des vornehmen Römers [[Publius Cornelius Saturnius]], seiner Frau [[Cornelia]] und seiner Tochter [[Faustina]]. Hierbei haben wir es erstmals im MOSAIK mit einem vollständigen und historisch regelkonform gebildeten Namen zu tun. ''Publius'' und ''Cornelius'' sind als Prä- bzw. Gentilnomen wohlbelegt; einzig das Cognomen tanzt ein wenig aus der Reihe, denn die Form ''Saturnius'' ist extrem selten - wesentlich häufiger kam die Form ''Saturninus'' mit zusätzlichem n vor. |
- | Kleinere Sorgen bereiten die Namen von Frau und Tochter. Da Frauen ihren Namen nicht bei der Hochzeit änderten, ist es insofern ungewöhnlich - aber natürlich nicht unmöglich -, dass eine Cornelia einen Cornelius geheiratet hat, beide also aus derselben '' | + | Kleinere Sorgen bereiten die Namen von Frau und Tochter. Da Frauen ihren Namen nicht bei der Hochzeit änderten, ist es insofern ungewöhnlich - aber natürlich nicht unmöglich -, dass eine Cornelia einen Cornelius geheiratet hat, beide also aus derselben ''Gens'' stammen. ''Cornelia'' wäre vielmehr als der Name der Tochter zu erwarten. Deren Gentilnomen ist hier jedoch unterschlagen, wohl um sie nicht mit der Mutter zu verwechseln, und stattdessen nur das Cognomen ''Faustina'' angegeben. Dieses ist - wie oben schon erwähnt - in der römischen Geschichte ebenfalls gut belegt. |
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=== Die ABRAFAXE === | === Die ABRAFAXE === | ||
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- | ; | + | ;Klassische Pränomina |
*[[Centurio Marcus|Marcus]] | *[[Centurio Marcus|Marcus]] | ||
- | ; | + | ;Klassische Gentilnomina |
*[[Centurio Livius|Livius]] | *[[Centurio Livius|Livius]] | ||
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Hinzu kommen die beiden zweigliedrigen Namen [[Vita Interruptus]] und [[Manos Destra]]. Es sind beides sprechende Namen und daher kaum ins römische Namenssystem einzuordnen. Als Notlösung müsste man von jeweils zwei Cognomina ausgehen. | Hinzu kommen die beiden zweigliedrigen Namen [[Vita Interruptus]] und [[Manos Destra]]. Es sind beides sprechende Namen und daher kaum ins römische Namenssystem einzuordnen. Als Notlösung müsste man von jeweils zwei Cognomina ausgehen. | ||
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+ | === Mädchen-Mosaik === | ||
+ | In der Nebenserie ''[[Anna, Bella & Caramella]]'' werden ebenfalls mehrere römische Namen benutzt. Abgesehen von der Wortspielkonstruktion [[Unos, Duon und Trias]] findet man: [[Lucius Vorenos]], [[Titus Pullo]], [[Titus Taurus]] und als [[Pseudonym]] [[Tante Atia|Atia]]. ''Titus Taurus'' ist eine MOSAIK-Kreation (ein [[sprechender Name]] für einen (Horn)Ochsen), doch die anderen drei Namen sind über die Fernsehserie ''[[Rom (Fernsehserie)|Rom]]'' aus der wirklichen römischen Geschichte entlehnt. ''Lucius Vorenos'' und ''Titus Pullo'' sind dabei typische Kombinationen aus Pränomen und Cognomen; das Gentilnomen ist jeweils nicht überliefert. ''Atia'' ist ein klassischer Frauenname - die feminine Form des Gentilnomens ''Atius''. | ||
== Interessante römische Namen findet man u.a. in folgenden Heften == | == Interessante römische Namen findet man u.a. in folgenden Heften == | ||
[[Mosaik von Hannes Hegen]]: [[14]], [[17]] | [[Mosaik von Hannes Hegen]]: [[14]], [[17]] | ||
- | [[Mosaik ab 1976]]: [[8/81]] | + | [[Mosaik ab 1976]]: [[8/81]] |
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